Zwischen Neckar und Alb

Vierbeinern winkt schnelle Hilfe

Tiere Damit Herrchen und Frauchen wissen, was im Notfall zu tun ist: Die Ehrenamtlichen der Rettungshundestaffel ASB Esslingen haben einen Kurs zum Thema „Erste Hilfe am Hund“ absolviert. Von Pia Hemme

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Schäferhündin Darcy hat sich an der Pfote verletzt und humpelt. Beim Gassigehen muss sie auf einen scharfen Stein getreten sein. Ihr Ballen blutet. Was tun? Besitzer können bei ihrem Hund ganz einfach Erste Hilfe leisten - wenn sie wissen wie. Das haben Ehrenamtliche der Rettungshundestaffel des Arbeiter-Samariter-Bunds (ASB) Esslingen nun in einem Kurs gelernt. Er ist Teil der Rettungshundeführer-Ausbildung. Martina Latein, tiermedizinische Fachangestellte der Kleintierklinik in Ludwigsburg, ist zur ASB-Geschäftsstelle in den Jusiweg auf den Zollberg gekommen, um den Teilnehmern Tipps zu geben.

Wie wichtig Erste Hilfe am Hund ist, wissen die Mitarbeiter der Rettungshundestaffel, die alle ehrenamtlich tätig sind, genau. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, Menschenleben zu retten, doch bei ihren Einsätzen kann auch den Rettungshunden etwas passieren - oder beim Gassigehen. Alexander Hahn ist seit vielen Jahren Staffelleiter und hat einige Einsätze miterlebt. „Im Scharnhauser Park wurde im Januar ein demenzkranker Mann vermisst. Wir sind mit den Hunden ausgerückt, mit dem Helikopter haben wir ihn dann gefunden. Auf der Alb haben wir nach einem Mann gesucht, der suizidgefährdet war“, erzählt er. Die ausgebildeten Hunde spüren auch Verletzte in Trümmern auf. Dabei können sowohl Hundeführer als auch die Hunde selbst in lebensgefährliche Situationen geraten.

Wenn sich der Hund verletzt, dürfen Mullbinde und Co. nichts Ungewöhnliches für Hund und Halter sein. Deshalb wird beim Erste-Hilfe-Kurs am eigenen Tier geübt. Was ist bei Schäferhündin Darcy zu tun, bevor es zum Tierarzt geht? „Erstmal gucken, ob noch Fremdkörper drin sind, diese entfernen und die Stelle desinfizieren“, rät Martina Latein. Beim Ballenverband Wattestreifen zwischen die Zehen und eine Wundkompresse auf die verletzte Stelle legen, dann die gerollte Verbandwatte zirkulär um die Pfote bis über das Sprunggelenk wickeln, in dieselbe Richtung wird die Mullbinde, im besten Fall selbstklebend, gewickelt.

Bevor man den Hund verarztet, muss man aber erst auf ihn zugehen. Wie das richtig geht, zeigt Martina Latein zusammen mit Border Collie Buddy. „Auf keinen Fall hinrennen. Die Hunde sind oft unter Schock und haben Angst. Sie könnten einen anknurren oder wegrennen“, sagt Latein. Deshalb ruhig auf den Hund zugehen. Wer Leine und Maulkorb zur Hand hat, sollte beides benutzen. Ersatzweise könne man einen Schal, eine Jacke oder Binde benutzen, damit der Hund nicht zuschnappt, so die Expertin.

Ansonsten gelte wie beim Menschen die „ABCDE-Methode“: Sind die Atemwege frei, atmet der Hund? Ist er bei Bewusstsein? Was macht der Kreislauf, das Herz und der Puls? Gibt es Defizite? Atmet der Hund nicht mehr, aber das Herz schlägt noch, sollte man nicht gleich panisch werden. „Lieber kurz beobachten, ob er wirklich nicht mehr atmet. Man kann in die Nase piksen, und gucken, ob er reagiert“, so Latein. Reagiert das Tier nicht, muss es über Mund oder Nase beatmet werden. Schlägt das Herz nicht mehr, sollte man umgehend mit der Herzdruckmassage beginnen, bis der Tierarzt kommt. Das Herz befindet sich auf der linken Seite, zwei bis drei Zentimeter neben dem Ellbogen.

Schlägt das Herz extrem schnell und schwach, rät die Expertin, den Hund auf die Seite zu legen und die Hinterbeine hochzulagern, zum Beispiel mit einer Decke oder einem Kissen. Der Hund könnte einen Schock erlitten haben. Das erkenne man unter anderem daran, dass die Schleimhäute, zum Beispiel das Zahnfleisch, blass sind, fast weiß. Ein Blick ins Maul kann auch wichtig werden, wenn der Hund etwas Falsches gefressen hat. Wenn man hinter dem Schneidezahn Druck ausübt, gehe das Maul wie von alleine auf, erklärt Latein. Steckt der Fremdkörper etwas tiefer im Maul, kann man zu einer ungewöhnlichen Methode greifen: Das Hinterteil des Hundes hoch, den Kopf runter, den Hund schütteln und auf den Rücken klopfen. Staffelleiter Alexander Hahn, der zwei Golden-Retriever-Hündinnen hat, gibt den Teilnehmern den Tipp, den Blick ins Maul mit dem Hund zu üben. Wichtig dabei: ein gleichbleibendes Kommando.

Hat der Hund etwas Giftiges gefressen, sollten Besitzer sofort den Tierarzt verständigen. Rattengift oder Schneckenkorn seien „höchst dramatisch“, sagt Latein, auch wenn sich erst nach Tagen Symptome zeigen. Sie rät dringend davon ab, eine Salzlösung zu verabreichen oder den Hund zum Erbrechen zu bringen. Keine Panik, wenn der Hund Schokolade gefressen hat, sagt Latein. „Einfach den Tierarzt anrufen. Die Wirkstoffe der Schokolade sind gefährlich, doch es kommt auf die Größe des Hundes und die gefressene Menge an.“

Haben Hunde größere Verletzungen oder starke Blutungen, dann ist ein Druckverband nötig. Dazu Verbandwatte um die Stelle wickeln, eine aufgerollte Mullbinde drauflegen und mit einer Binde fixieren. Auch für Verletzungen am Kopf, an den Ohren und am Bauch gibt es jeweils passende Verbände. Bei großen offenen Wunden müsse die Wunde feucht gehalten werden, sagt Latein. Wer keinen Verbandskasten in der Nähe hat, kann irgendetwas anderes, möglichst Keimarmes darauf legen. „Ist der Thorax, also der Brustkorb offen, dann ist es wichtig, den Hund beim Transport zum Tierarzt auf die verletzte Seite zu legen“, betont die Expertin.

Mirza Lanzke macht gemeinsam mit Hündin Berni ihre Ausbildung zur Rettungshundeführerin. „Den Kurs fand ich wichtig, denn so habe ich gelernt, wie man Hunden in der Not hilft. Besonders interessant fand ich die verschiedenen Verbände am Hund.“ Die Ausbildung zum Rettungshund mache Hündin Berni Spaß: „Sie ist danach müde, aber glücklich. Das braucht sie.“

Info Bei ausreichend Nachfrage bietet der ASB Erste-Hilfe-Kurse am Hund für alle an.

Sofortmaßnahmen bei verletzten Hunden

Bisse: Sie können infiziert sein. Der Weg zum Tierarzt ist ein Muss. Je nach Schwere reicht die Desinfektion der betroffenen Stelle, bei größeren Verletzungen ist ein Druckverband nötig.

Vergiftungen: Wenn der Hund etwas Giftiges gefressen hat, sofort zum Tierarzt mit ihm. Befindet sich das Gift noch im Magen, dann kann der Arzt den Hund erbrechen lassen.

Überhitzung: Indizien für eine Überhitzung sind massives Hecheln, Taumeln und gerötete Schleimhäute. Der Hund muss zum Tierarzt. Als Erste Hilfe ist es wichtig, ihn in den Schatten zu bringen und ihm viel Wasser zu geben. Eine Kühldecke kann einen Hitzschlag verhindern.

Krämpfe: Sie sehen gefährlicher aus als sie sind. Anfälle dauern manchmal nur Sekunden, manchmal Minuten. Besitzer können kaum etwas tun, außer den Hund entkrampfen zu lassen, ihn in eine Decke zu wickeln und vor spitzen Gegenständen zu schützen. Dann sollte das Tier zum Arzt.asb