Zwischen Neckar und Alb

Vision: Mit der S-Bahn schneller auf die Fildern

S-Bahn-Ringschluss Grünen-Chef Andreas Schwarz, Landrat Heinz Eininger und Wendlingens Bürgermeister Steffen Weigel hoffen auf eine bessere Anbindung über die ICE-Neubaustrecke. Von Gaby Kiedaisch

Foto: Carsten Riedl
Foto: Carsten Riedl

Andreas Schwarz, der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Landrat Heinz Eininger und Wendlingens Bürgermeister Steffen Weigel demonstrieren den Schulterschluss: Gemeinsam bekräftigten sie ihre Haltung zur S-Bahn-Anbindung Wendlingens über die ICE-Neubaustrecke. „Wir müssen jetzt die Chance der Großen Wendlinger Kurve nutzen.“

Wenn es nach den drei Politikern ginge, könnte wohl ein großer Teil des Verkehrsproblems im östlichen Teil des Landkreises gelöst werden. Mit der zusätzlichen Nutzung der ICE-Trasse als S-Bahn-Verbindung könnte auch der von der Stadt Wendlingen lang gehegte Wunsch nach einer Südumfahrung der S-Bahn nach Kirchheim in greifbare Nähe rücken.

Wer aus dem Raum Wendlingen und Kirchheim die Autobahn Richtung Flughafen zur Arbeit fährt, ist leidgeprüft. Täglich bremsen Baustellen, Unfälle und Staus den Verkehr aus. Nicht besser ist es über die B 313 und B 10. Der Großraum Stuttgart erstickt im Verkehr. Abhilfe könnte eine S-Bahn-Schienenverbindung zum Flughafen schaffen. „Aus verkehrlicher Sicht brauchen wir eine Tangential-S-Bahn-Linie von Kirchheim über den Flughafen nach Böblingen“, sagt Schwarz. Damit werde eine Lücke im öffentlichen Nahverkehr geschlossen - speziell für Wernau, Wendlingen, Kirchheim, Weilheim und Lenningen mit Arbeitsplätzen rund um die Filder, Stuttgart-Vaihingen und Böblingen. Nach einer Studie könnte damit eine Nachfrage von etwa 5 100 Fahrgästen pro Tag bedient werden.

Bislang hat der Expressbus, der täglich zwischen Kirchheim, Wendlingen und Flughafen pendelt, nicht die erhofften Ziele erreicht. Die nächsten Schritte sind aus Sicht des Verkehrspolitikers Schwarz „die betriebliche Machbarkeit und verkehrliche Koordinierung mit den regionalen und überregionalen Verkehren wie ICE, IC, Interregio und Regionalexpress auf der Neubaustrecke zu untersuchen“. Nach einer Studie des Landes ist ein 30-Minuten-Takt auf der ICE-Trasse möglich. Einen weiteren Vorteil sieht Schwarz in der Entlastung des Schienenverkehrs im Neckartal und der stark belasteten Straßen.

Weiterhin offen stehen Weigel, Schwarz und Eininger den weiteren Varianten zum Ringschluss gegenüber, die verschiedene Auftraggeber untersuchen ließen. Möglich wäre ein Ringschluss über Neuhausen oder über den Flughafen mit einem dritten Gleis.

Je nachdem, für welche Strecke man sich entscheiden wird, werden mehr oder weniger Menschen und Kommunen an die Schiene angeschlossen. Letztlich sei dies eine Frage der Wirtschaftlichkeit, so Andreas Schwarz. Bei der S-Bahn-Führung über die ICE-Trasse fielen geringere Investitionskosten an und sie sei schneller umsetzbar. Doch auch hier muss nach Schätzungen mit 400 bis 500 Millionen Euro gerechnet werden. Bei einem Ringschluss mit einer neuen Trasse über die Filder fallen mindestens 500 Millionen an.

Laut Schwarz ist die Große Wendlinger Kurve entschieden. „Die Voraussetzungen für die Planung und den Bau der Großen Kurve mit ihren zwei Gleisen und deren kreuzungsfreie Einbindung in die Neubaustrecke sind inzwischen in die Wege geleitet“, sagt er. Die Finanzierung müsse allerdings noch geklärt werden. Der Bund stellt eine Beteiligung in Aussicht.

Nach den aktuellen Zeitabläufen würde eine Planung des Ringschlusses bis zu 25 Jahre dauern. Aus Sicht von Bürgermeister Weigel ist dies angesichts des Verkehrskollapses und den zu erwartenden Ausweichverkehren durch das Verbot von Dieselautos in Stuttgart undenkbar: „Daher müssen wir mehr Menschen zum öffentlichen Nahverkehr bringen.“ Laut Weigel habe man heute die finanziellen Spielräume. Mit einer Südumfahrung würde man auf die Bahnstrecke durch Wendlingen und die damit verbundenen Wartezeiten an den Bahnübergängen verzichten können.

Weigel wies darauf hin, dass Wendlingen 2009 nur deshalb der damals neuen S-Bahn-Verbindung von Wendlingen nach Kirchheim zugestimmt habe, weil man von der Region die Südumfahrung in Aussicht gestellt bekommen habe. Durch die S1 hat sich der Lärm an der Bahnstrecke erhöht, zulasten der Anwohner.

So eng die Verhältnisse an der ICE-Trasse mit Wendlinger Kurve und Güterzuganbindung sind, so gibt es schon heute am Tunnelmund des Albvorlandtunnels Platz für ein viertes Gleis in Vorbereitung auf die Südumfahrung. „Es wäre ein Schildbürgerstreich, wenn wir jetzt diese Chance nicht nutzen würden“, betont Weigel.

Dem stimmt Landrat Eininger zu. „Auch wenn die Verbindung nur im Halbstundentakt funktioniert, sollten wir die Kröte schlucken“, sagte er, der wie seine Mitstreiter die Große Wendlinger Kurve als große Chance begreift. An der Finanzierung werde man sich beteiligen, wenn man regional davon profitiere, darüber habe dann der Kreistag zu entscheiden.