Zwischen Neckar und Alb

Vom Märchengarten zur Spielwiese

Kunst Der Kulturpark Dettinger in Plochinger feiert am Wochenende sein Jubiläum. Die Mühlsteinproduktion ist einem Gelände für Künstler, Vereine und Flaneure gewichen. Von Greta Gramberg

foto: roberto bulgrin27. 6. 2017Plochingen, Treffen Kuenstler Dettinger Park für Jubilaeumsfest
Foto: Roberto Bulgrin
foto: roberto bulgrin27. 6. 2017Plochingen, Treffen Kuenstler Dettinger Park für Jubilaeumsfest
Foto: Roberto bulgrin

Wie der Elefant im Porzellanladen fühlt sich der Besucher bei Wolfgang Thiel im Kulturpark Dettinger: An den Wänden lehnen oder stehen Werke über Werke, Leitern und anderes Material, und nur ein schmaler Weg führt in den hinteren, helleren Bereich seines Ateliers, wo der Künstler arbeitet oder sich auf sein rotes Sofa setzt. Vor 25 Jahren hat Thiel als einer der Ersten die ehemalige Mühlsteinfabrik mitten in Plochingen bezogen. „Wenn man so lange in einem Atelier ist, sammelt sich einiges an“, sagt der Bildhauer.

Open-Air Wohnzimmer

Künstler, Vereine, Flaneure: Sie haben sich die verschiedenen Ecken des Areals angeeignet und peu à peu an ihre Bedürfnisse angepasst - ganz im Sinne der Stadt Plochingen, die das Gelände Ende der 1980er von der Fabrikantenfamilie gekauft hatte, um das historische Ensemble als Industriedenkmal zu erhalten und es für ihre Bürger zu öffnen. „Die Parkanlage ist als Erstes öffentlich geworden“, sagt Susanne Martin, Leiterin des Fachbereichs Kultur und Tourismus im Rathaus. Er sei wie ein „geheimnisvoller Märchengarten“ hinter hohen Hecken gewesen, erinnert sie sich. „Inzwischen haben ihn die Leute als Open-Air-Wohnzimmer angenommen.“

foto: roberto bulgrin27. 6. 2017Plochingen, Treffen Kuenstler Dettinger Park für Jubilaeumsfest
Foto: Roberto Bulgrin
foto: roberto bulgrin27. 6. 2017Plochingen, Treffen Kuenstler Dettinger Park für Jubilaeumsfest
Foto: Roberto Bulgrin

Das ist auch das Verdienst der Vereine, die den Park beleben. Die Initiative Mahlwerk bietet im Alten Pferdestall Kunstkurse an. Die Harmonikafreunde und der Musikverein Stadtkapelle üben im früheren Kontor und dem Musikpavillon. Der Bouleclub spielt auf den Bahnen im Park. „Im Rahmen ihrer Möglichkeiten haben sie sehr viel an Eigenleistung investiert“, sagt Susanne Martin. An die 4 000 Stunden haben etwa die Mitglieder des Musikvereins laut dem Vorsitzenden Ralf Krasselt für die Herrichtung ihrer Räume selbst angepackt.

Noch vor der Eröffnung haben sich die Plochinger Vereine zusammengetan, um auszumisten, erzählt Martin. Damals sei alles mit Gestrüpp zugewachsen gewesen - das Archivfoto oben gibt einen Eindruck davon. Heute ist der Park offen zugänglich. Ein Spielplatz zieht Mütter mit ihren Kleinen an. Es gibt eine Tischtennisplatte und Sportgeräte für Senioren.

Jeder Künstler hat sein Reich

Alle Generationen, Besucher und Bewohner sind beim Jubiläumsfest am Wochenende vertreten. Auch die Ateliergemeinschaft, die ihre Räume öffnet. Jeder Künstler hat sich sein Reich eingerichtet. Bei Werner Fohrer, der ebenfalls seit 1992 ansässig ist und unter dem Dach an seinen leuchtenden, fotorealistischen Bildern arbeitet, lehnt Leinwand an Leinwand, und es gibt nur wenige Möbel. Wie eine helle, moderne Wohnstube sieht dagegen Verena Könekamps Atelier aus, das sie seit fünf Jahren hat. Es gibt eine gemütliche Sofaecke, und überall sieht man ihre farbenfrohen Textilbilder. In Manuela Tirlers Räumen spiegelt sich deren industrielle Vorgeschichte wider: Ihre großen Stahlplastiken fertigt sie mit schwerem Gerät, es riecht nach Gummi. Die Fabrikhistorie hatte auf keines der Werke Einfluss, sagen die Künstler. „Die gute Atmosphäre im Haus schlägt sich aber nieder“, so Könekamp. Ein chaotisches Künstlerdorf mit wilden Partys ist es aber nicht. „Man muss diszipliniert und straff arbeiten“, beschreibt Thiel das Leben eines Künstlers von heute.

Foto: Krishna Lahoti

Auch die vier aktuellen und frühere Stipendiaten sind am Fest beteiligt. Die Kreisverwaltung hat eine Jubiläumsschau zusammengestellt, die in der Alten Steingießerei zu sehen ist: 35 der bislang 41 Stipendiaten stellen Werke zur Verfügung. Die lange Kunstnacht beginnt heute um 17 Uhr. Am Sonntag, 16. Juli, wird ab 11 Uhr das Parkfest gefeiert. Dazu gibt es Musik, Rundgänge, Spiel- und Kunstaktionen sowie verschiedene Spezialitäten zum Essen und Trinken.