Geräusche. Mitten in der Nacht. Jemand ist im Wohnzimmer. Reißt Schubladen auf. Wühlt in den Auslagen. Ein Einbrecher? Was jetzt? Am besten den Polizeinotruf 110 wählen. Damit beginnt eine lange Handlungskette.
Männer mit Pistolen im Anschlag und Sturmhauben auf dem Kopf stürmen in das Haus. Nein. So dramatisch wie in US-amerikanischen Action-Streifen ist es nicht. Notrufe aus dem Landkreis Esslingen, so teilt die Pressestelle der Polizei mit, landen im Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums Reutlingen. Ebenso Notrufe aus den Landkreisen Reutlingen, Tübingen und ab dem 1. Januar auch aus dem Zollernalbkreis. Der Beamte am anderen Ende der Leitung bleibt dann schon von Berufs wegen cool: Im Wechselschichtdienst werden rund um die Uhr erfahrene Polizisten eingesetzt, die durch Lehrgänge an der Hochschule für Polizei auf diese sensible Aufgabe vorbereitet wurden. Sie haben gut zu tun. In Reutlingen werden täglich im Durchschnitt 600 Einsätze bearbeitet: „Wie viele dieser Einsätze auf einem Notruf basieren, wird nicht erfasst, und es kann daher hierzu auch keine verlässliche Aussage getroffen werden“, teilt Kriminalhauptkommissarin Simone Mayer mit. Einsätze häufen sich allerdings in den Nachmittags- und den Abendstunden sowie in den Nächten von Donnerstag bis Samstag. Die Anlässe für Notrufe: In den allermeisten Fällen geht es um Verkehrsunfälle. Aber auch Ruhestörungen, „verdächtige Wahrnehmungen“ wie Hinweise auf mögliche Einbrecher oder Streitigkeiten sind häufige Gründe für das Wählen von 110. Das hat eine Auswertung des Einsatzleitsystems in Reutlingen für den Zeitraum zwischen 1. Januar und 21. November ergeben. Und alle Anrufer werden, unabhängig vom Anlass, ernst genommen.
Verkehrsunfälle, Ruhestörungen, Diebe, oder Streitigkeiten. Anlass für Wut, Ärger, Angst, Besorgnis, Panik. Dennoch: Beim Absetzen des Notrufs sollte möglichst Ruhe bewahrt werden. Fünf „W-Fragen“ müssen idealerweise beantwortet werden, erläutert Simone Mayer. Was ist passiert? Das Ereignis kurz und konkret beschreiben. Beispiele: „Es ist ein Verkehrsunfall mit Motorrad und Auto mit einer eingeklemmten Person.“ Oder „Das Wohnhaus steht in Flammen.“ Oder „Eine Schlägerei mit sieben Personen.“ Wo ist das Ereignis passiert? „Geben Sie den Ort so genau wie möglich an. Am besten mit Gemeindename oder Stadtteil, Straßenname, Hausnummer, Stockwerk, Besonderheiten wie Hinterhöfen, Straßentyp, Fahrtrichtung oder Kilometerangaben an Straßen, Bahnlinien oder Flüssen“, erklärt Simone Mayer. Weitere Fragen, die beim Absetzen des Notrufes beantwortet werden sollten, lauten: „Wann ist etwas passiert? Und wer ruft an?“ Die Anrufer sollten den Zeitpunkt des Vorkommnisses mit Datum und Uhrzeit so präzise wie möglich wiedergeben und ihren Namen sowie ihre Telefonnummer nennen. Und sie sollten angeben, wie viele Opfer und Verletzte es gibt. Bei betroffenen Kindern kann auch das ungefähre Alter angegeben werden.
Der Notruf ist getätigt. Was dann? Die Sekunden verrinnen quälend langsam. Die Minuten dehnen sich zu Stunden. Doch schon die Zeit während des Notrufs wird aktiv genutzt. Der Polizeibeamte am anderen Ende der Leitung kann noch während des Telefonats einen Streifenwagen losschicken und den Rettungsdienst verständigen. Der Anrufer selbst sollte für Rückfragen bereitstehen, das Eintreffen der Einsatzkräfte abwarten und sich nicht selbst in Gefahr bringen. Bei Bedarf kann er aber auch aktiv werden. Simone Mayer: „Wenn andere Personen Hilfe brauchen, leisten Sie erste Hilfe, wenn das ohne Gefährdung der eigenen Person möglich ist. Unterstützen Sie die Einsatzkräfte beim Auffinden des Ereignisortes und sichern Sie gegebenenfalls die Unglücksstelle ab. Beides kann Leben retten!“