Zwischen Neckar und Alb
Wenn Päckchen einfach verschollen sind

Lieferservice Manche Pakete kommen nie beim Empfänger an. Verbraucherschützer warnen davor, sie vor der Haustür abstellen zu lassen. Von Greta Gramberg

Es ist verlockend: Der Paketbote stellt das Päckchen einfach unter dem Vordach vor der Eingangstür oder im Treppenhaus ab. Viele Versanddienste bieten die Möglichkeit an, einmalig oder generell einen Ablageort anzugeben, sollte der Empfänger nicht zu Hause sein. Der Vorteil: Die Kunden müssen sich nicht in die Warteschlange vor dem nächstgelegenen Postschalter einreihen.

Doch der Auftrag, der schnell online erteilt ist, kann zum Nachteil werden. Das hat Martina K. erlebt. Die Frau aus dem Kreis Esslingen rät jedem, sich gut zu überlegen, einen Ablagevertrag mit einem Paketunternehmen einzugehen. Vor Kurzem hat Martina K. Waren im Wert von 300 Euro bestellt. Das Paket soll im Treppenhaus ihres Wohngebäudes abgestellt werden - der ständige Ablageort, den sie online in ihrem Kundenprofil bei DHL angegeben hat. Doch was zuvor schon vielfach problemlos funktioniert hat, geht diesmal schief. Das Päckchen ist nicht da.

„Ich hatte zuvor die Nachricht per E-Mail bekommen, die Lieferung sei um 11.30 Uhr zugestellt worden“, erzählt Martina K. Ihre Vermutung: Das Paket ist nie zugestellt worden. Der Bote ­müsse bei einem Nachbarn klingeln, um es im Treppenhaus abzustellen, von der Straße aus ist der Eingangsbereich nicht einsehbar - das heißt, es ist aus ihrer Sicht unwahrscheinlich, dass ein Fremder das Paket entwendet hat. „Selbst wenn ein Paket vor der Tür abgelegt würde, würde es niemand wegnehmen“, da ist sich Martina K. sicher. Ihren Nachbarn vertraut sie, zumal sich niemand auf einen Aushang mit der Frage, ob jemand etwas zum Verbleib des Pakets sagen könne, meldet.

Auf mehrere Anfragen bei DHL erfährt Martina K. mäßiges Entgegenkommen. Eine Hürde ist, dass nur der Absender des Pakets einen Nachforschungsauftrag und Ersatzansprüche stellen kann, was dieser auf Anfrage von Martina K. tut. Nach Angaben der Pressestelle der Deutschen Post DHL Group ergeben die Recherchen, dass das Paket am Wunschort zugestellt wurde. „Dies konnten wir anhand der GPS-Daten im Handscanner des Zustellers nachvollziehen“, schreibt die Pressestelle. Damit bestünden keine Haftungsansprüche, da „kein Fehler unsererseits erkennbar ist“. Bei der Auswahl des Ablage-Wunschorts sei Martina K. darauf hingewiesen worden, dass man bei Verlust oder Beschädigung nicht haftet, erklärt die Pressestelle. „Die Kundin hat bei der Festlegung des Wunschortes unseren AGB zugestimmt.“

Kosten muss der Kunde tragen

Martina K. soll die Kosten der Ware, die sie nie bekommen hat, tragen. „Ich hatte mal so ein Häkchen gesetzt. Doch dass ich damit einen Vertrag abschließe, der den Paketdienst von der Haftung ausschließt, war mir nicht bewusst“, sagt sie. Die AGB hatte sie nicht gelesen. Einer Strafanzeige, die sie bei der Polizei gestellt hat und die ihre einzige verbleibende Handhabe ist, rechnet sie sich geringe Chancen aus. Dieser Einschätzung stimmt der Verbraucherschutzexperte Oliver Buttler zu. Martina K.s Verdacht ist Spekulation, eine Unterschlagung durch den Paketboten sei schwer zu beweisen. Gerade in größeren Häusern könne es vorkommen, dass ein Nachbar, der Besucher von Nachbarn oder der Pizzabote ein Paket entwende.

Buttler rät von sogenannten Garagenverträgen über Ablageorte ab. „Das Geschuldete hat der Zustelldienst erfüllt, wenn das Paket am vereinbarten Ablageort abgelegt ist“, erklärt der Verbraucherschützer bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Wenn das Paket dann entwendet oder beschädigt werde, „dann hat man als Kunde Pech gehabt“. Buttler gibt den Tipp, Pakete bei Abwesenheit besser an eine Paketbox oder vom Zustelldienst angegebene Abgabeorte wie Supermärkte oder Tankstellen schicken zu lassen. Das Bestätigungshäkchen, dass Pakete an einem Wunschort abgelegt werden dürfen, hat Martina K. in ihrem Kundenprofil entfernt. Dass ihr der Schaden ersetzt wird, damit rechnet sie nicht mehr. „Ich bin es leid, dass man so machtlos ist“, sagt sie und hofft, dass andere Lehren aus ihrer Geschichte ziehen.