Kreis. Birke Gerspacher-Hagmann versteht die Welt nicht mehr. Während überall die Inzidenzen explodieren, müssen Luftreinigungsgeräte in der Seewiesenschule außer Betrieb bleiben. „Es ist frustrierend und traurig. Wir Eltern sind empört“, sagt Gerspacher-Hagmann, deren Kinder in die zweite und vierte Klasse der Grundschule im Esslinger Norden gehen. Auf Initiative der ehemaligen Elternbeirätin haben die Familien pro Klasse 520 Euro gespendet, um jeweils zwei Luftreinigungsgeräte anzuschaffen. Nachdem auch die Schulleitung nichts einzuwenden hatte, wurden vier Geräte des Modells AC 2887/10 der Firma Philips gekauft. Die Rektorin wies die Eltern nur darauf hin, dass Wartung und Ersatzfilter nicht aus dem Schulbudget finanziert werden könnten. Von April bis zu den Sommerferien waren die Geräte im Einsatz. „Ohne Beanstandungen“, wie Birke Gerspacher-Hagmann betont. Eine Geräuschentwicklung habe es nur gegeben, wenn der vordere Filter mit Staub bedeckt war, was wegen der relativ schmutzigen Klassenräume vorgekommen sei. „Mit einem gängigen Staubsauger und einer regelmäßigen Reinigung ließe sich das Problem leicht lösen“, ist die engagierte Mutter überzeugt.
Zu Beginn des neuen Schuljahrs erfuhren die Eltern aus dem digitalen Newsletter der Schule, dass die Geräte vorerst nicht mehr laufen dürfen. Während der Sommerferien hatte die Stadt Esslingen in einer Mail an alle Schulleitungen nach einer neuerlichen Begehung nochmals ihre Haltung zu mobilen Raumluftfiltergeräten klargestellt: In allen Esslinger Schulen könne ausreichend gelüftet werden. Einen Bedarf nach den Förderrichtlinien des Landes gebe es deshalb nur für den Kitabereich, fünf Geräte wurden hier als notwendig erachtet. Dieser Einschätzung hatte auch der Gemeinderat zugestimmt. In besagter Mail hat die Stadt zudem ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie für Luftfiltergeräte, die auf eigene Initiative beschafft werden, „keine Verantwortung, Haftung und Wartung übernimmt“.
Die Rektorin der Seewiesenschule, Marion Katuric, hatte diese Ansage wohl ins Grübeln gebracht. Auf Anfrage bedauert sie, im Frühjahr die Erlaubnis für den Betrieb der Geräte zu unbedarft erteilt zu haben. Seit den Herbstferien versucht sie nun herauszufinden, ob und unter welchen Bedingungen die vier Geräte in den Klassenzimmern überhaupt betrieben werden dürfen. Schließlich könne auch die Schulleitung keine Haftung übernehmen. „Ich verstehe den Ärger der Eltern und es tut mir unglaublich leid“, betont Katuric. Der Betriebsärztliche Dienst, der sich um Gesundheitsschutz an Schulen kümmert und deshalb erste Anlaufstelle für die Schulleitung war, lehnte eine Zuständigkeit ab und verwies an den Hersteller Philips. Der Eigenbetrieb Städtische Gebäude Esslingen hat sich unterdessen bereit erklärt, die Seewiesenschule bei der technischen Beurteilung zu unterstützen. Aber noch immer habe Philips keine brauchbaren Daten für eine abschließende Prüfung geliefert, bedauert Bernd Berroth, Leiter des Amts für Bildung, Erziehung und Betreuung. Bisherige Daten, die auf der Homepage von Philips zu finden sind, würden aber darauf hindeuten, dass die Luftreiniger vermutlich nicht geeignet sind und die Lärmemissionen das erlaubte Maß übersteigen. Birke Gerspacher-Hagmann, selbst Juristin, hält die Haftungsfrage für vorgeschoben. „Andere Kommunen und Träger erlauben das doch auch. Warum geht es dort und hier nicht?“, fragt sie. Dass Luftfilter das Stoßlüften nicht ersetzen, sei allen Eltern klar. „Aber sie sind ein zusätzlicher Baustein“, findet sie. Sie pocht nun auf Vertrauensschutz. „Wir haben ja vorher gefragt und ich muss davon ausgehen, dass eine Schulleitung weiß, was sie darf.“ Petra Pauli