Zwischen Neckar und Alb
Wieder mehr Spaß und Leichtigkeit

Engagement Der Kreisjugendring Esslingen will Interessen von Kindern und Jugendlichen nach der Corona- Pandemie stärker in den Vordergrund rücken. Die Klimakrise beschäftigt junge Menschen mehr. Von Barbara Scherer

Der Kreisjugendring (KJR) hat eine Fachtagung mit dem Titel „Wie gestalten wir Zukunft? Mit und für Kinder und Jugendliche“ abgehalten. Das Fazit der Veranstaltung: „Jugendarbeit muss die Ressourcen junger Menschen ansprechen und nicht ihre Defizite“.

„In der Tagung ging es darum, was Kinder und Jugendliche nach der Corona-Zeit benötigen“, erklärt Ralph Rieck, der Geschäftsführer des KJR. „Wir in der Sozial­arbeit müssen uns fragen, wie es gelingen kann, ihre Interessen in den Vordergrund zu rücken.“

Für Rieck steht fest, dass ­junge Menschen in der Corona-Krise Großartiges geleistet haben. „Sie haben auf Ältere Rücksicht genommen, ihre Freizeitunternehmungen mit Gleichaltrigen gestrichen, haben auf jüngere Geschwis­ter aufgepasst, um die Eltern zu entlasten, und sie haben auch noch die Schule bewältigt.“ An dieser Leistung müssten die jungen Menschen gemessen werden, fordert Rieck, stattdessen würden sie oft „als Opfer pathologisiert und als Pandemietreiber stigmatisiert“.

Rieck will nicht in Abrede stellen, dass einige so gelitten haben, dass sie medizinische Hilfen in Anspruch nehmen müssen. Er ist aber auch sicher, das viele wiederum an den Herausforderungen gewachsen sind. Er kritisiert die Betonung der ­„Corona-Generation“ oder der „verlorenen ­Generation“. Jugendarbeit will andere Lösungsansätze bieten: Kinder und Jugendliche sollen vielmehr Spaß und Leichtigkeit im Leben zurückbekommen. Über das Gruppenerlebnis, das lange Zeit nicht möglich war, könnten Jungen und Mädchen sich wieder als selbstwirksam empfinden und damit erleben, ihr Leben nach dieser „Ohnmachtserfahrung“ wieder in die eigene Hand zu nehmen. Und Rieck fragt sich, ob eine „Alpen-Überquerung in der Gruppe nicht einen größeren Lerneffekt haben kann als Nachhilfe“.

Mit Blick auf die ­Sommerferien fordern etliche Jugend- und Sozial­verbände: Ferien müssen ­Ferien bleiben - und nicht primär für Nachhilfe genutzt werden. Es müssen auch auf politischer Ebene Hilfen für junge Leute festgeschrieben werden, wie ­Michael Medla, der Vorstand des KJR, fordert. „Wir müssen fragen, was die Jugend jetzt braucht, und Pandemiehilfen für junge Menschen festschreiben, etwas, das über die Pandemie hinausgeht.“ Oder anders gesagt: Jugendhilfe muss politischer werden.

In der Fachtagung ging es auch darum, die rund 240 Mitarbeiter des Kreisjugendrings auf die kommenden Aufgaben einzustimmen. Wie Rieck berichtet, hat der KJR auch während des Lockdowns seine Arbeit fortgesetzt, wenngleich unter anderen Vorzeichen. „Wir waren da, wo wir gebraucht wurden“, sagt Rieck. So hat der KJR mancherorts Nachbarschaftshilfen mit aufgebaut, Einkaufshilfen organisiert oder die Kinder-Notfallbetreuung an den Medius-Kliniken eingerichtet. „Wir könnten unsere Jugendlichen nicht live treffen, also haben wir über WhatsApp den Kontakt gehalten“, erzählt er weiter. Wichtig war dem KJR auch, dass weiterhin die Schulsozialarbeit weiterlief. An Weihnachten habe an jedem Standort ein Mitarbeiter ein Notfall-Telefon betreut.

Rieck ist sicher, dass Kinder und Jugendliche gestärkt aus der Krise hervorgehen können. Laut einer Umfrage unter jungen Menschen sei deren wichtigstes Thema immer noch die Klimakrise und nicht Corona.