Zwischen Neckar und Alb
Wirrwarr um 2 G plus schreckt Gäste ab

Corona In vielen Kneipen und Restaurants im Landkreis war es am Wochenende gähnend leer. Manch einer, der geimpft oder genesen ist, braucht zusätzlich einen Test. Diese Hürde war vielen zu hoch. Von Petra Pauli

„Es ist wirklich ein Desaster für die Gastronomie“, sagt Thomas Eberhardt vom Gasthaus Lamm in Neidlingen. Am Sonntagabend hatte er in seinem Lokal keinen einzigen Gast, mittags waren es ein paar wenige. „Für mich ist das ein Zeichen, dass die Leute Angst haben. Vielen ist es auch zu umständlich, extra noch einen Test zu machen“, sagt der Wirt, der auch Vorsitzender der Fachgruppe Gastronomie beim Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) im Kreis Esslingen ist. Man habe bereits durch die 2-G-Regel viele Gäste verloren, durch den zusätzlichen Test werde es noch mehr Absagen geben, sagt der Wirt mit Blick auf Weihnachten. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass man über die Feiertage ohne Weiteres Termine für einen Schnelltest bekommt“, befürchtet er.

Diese Erfahrung hat Michael Reinbacher, Geschäftsführer der Alten Wache in Ostfildern, bereits gemacht. Eigentlich hätte er vier Gruppen mit jeweils zehn bis 20 Personen am Samstag bewirten sollen. „Am Ende mussten alle absagen, weil die Kapazitäten der Teststationen ausgeschöpft waren“, berichtet Reinbacher. „Wir sind somit auf unseren Kosten sitzen geblieben.“ Auch beim A-la-Karte-Geschäft gehe fast nichts mehr. „Wir sind wirklich sehr in Sorge“, so der Geschäftsführer. Auch er geht davon aus, dass die meisten Weihnachtsessen storniert werden.

Dass das Sozialministerium die Regelung am Sonntag nochmals gelockert hat, habe die Sache nicht besser gemacht. Demnach haben Geimpfte und Genesene, deren Nachweis nicht älter als sechs Monate ist, neben Personen mit Boosterimpfung Zutritt bei 2 G plus. „Das man nachgelegt hat, hat weiter für Verwirrung gesorgt. Die Maßnahmen waren sehr schlecht kommuniziert, wie jedes Mal“, ärgert sich Michael Reinbacher.

Von einem „Lockdown“ durch die Hintertür“ spricht Thomas Eberhardt. „Wir Gastronomen sind darüber sehr verärgert, zumal man uns zugesichert hat, dass sich wenigstens über die Feiertage nichts ändern wird“, sagt er. Jetzt habe man wieder ungewisse Wochen vor sich. Die Betriebe hätten aber bereits eingekauft, die Lager seien voll. „So kann man mit Lebensmittelbetrieben einfach nicht umgehen“, sagt der Wirt.

Auch Frank Jehle vom Palm’schen Bau in Esslingen ist sauer: „Es ist beschämend und eine Tragödie auch für die, die von Gastronomie abhängen wie etwa Brauereien oder Großhändler.“ Die letzten Tage seien ein Reinfall gewesen. „Aus betriebswirtschaftlicher Sicht hätten wir zulassen müssen“, bilanziert er das Wochenende. Aber auch bevor 2 G plus eingeführt wurde, habe es weniger Gäste gegeben. „Dass der Weihnachtsmarkt abgesagt wurde, trifft uns hart. Es ist dadurch viel weniger Frequenz in der Stadt“, sagt Jehle. Auch viele Betriebsfeiern, die nach einem Besuch auf dem Mittelaltermarkt in seinem Lokal hätten ausklingen sollen, seien abgesagt worden. Die zusätzliche Testpflicht habe die Abwärtstendenz jetzt noch weiter verstärkt.

Thomas Eberhardt von der Dehoga-Fachgruppe kritisiert, dass die Gastronomie als Mittel zum Zweck herhalten muss: „Wir sind für die Politik nur ein Druckmittel, damit die Leute sich impfen oder boostern lassen“. Dabei sei seine Branche vom letzten Lockdown ohnehin schon schwer gebeutelt. Vielen Wirten drohten zudem Rückzahlungen der Corona-Soforthilfen vom Frühjahr 2020. Der Dehoga-Landesvorsitzende Fritz Engelhardt befürchtet unterdessen, dass in den nächsten Tagen viele Betriebe schließen und ihre Beschäftigten in Kurzarbeit schicken müssen, weil sie unter diesen Bedingungen nicht mehr wirtschaftlich arbeiten könnten. Für diese Fälle müsse aber eine staatliche Überbrückungshilfe gesichert werden, fordert er.

Auch der Einzelhandel spürt die Corona-Auflagen, auch wenn hier „nur“ 2 G gilt. „Es kommen weniger Kunden, aber die fühlen sich sicherer“, sagt Alexander Kögel vom gleichnamigen Modehaus in Esslingen, „für uns ist es ein Umsatzverlust, der sehr schmerzt“. Auch Andreas Walter vom Spielwarengeschäft Heiges spürt die Zurückhaltung der Kunden. „Es war am Wochenende deutlich weniger Frequenz als sonst“, bilanziert er. Um die Kunden wie vorgeschrieben gleich am Eingang zu kontrollieren, musste er eigens eine Angestellte abstellen. Stichproben reichen nicht mehr aus. „Auf Dauer ist das für den Einzelhandel nicht leistbar“, findet Walter. Viel Lob hat er für die Kunden: „Alle waren gut drauf und gut vorbereitet.“ So sieht das auch Véronique Gauthier, Inhaberin des Concept Store „Mademoiselle Pamplemousse“ in der Fischbrunnenstraße: „Ich bin froh, dass wir offen haben dürfen. Man muss flexibel bleiben. Aber 2 G plus – das wäre richtig schlimm.“

 

Ausnahmen von 2 G plus

2 G plus Seit dem Wochenende brauchen in vielen Bereichen auch Geimpfte und Genesene zusätzlich einen negativen Corona-Test. Das gilt für die Gastronomie, aber auch für Fitnessstudios, Schwimmbäder oder Freizeitparks. Von der 2-G-Testpflicht ausgenommen sind Personen, die bereits eine Booster-Impfung erhalten haben. Das gilt auch für Geimpfte mit Grundimmunisierung, wenn seit der letzten Impfung nicht mehr als sechs Monate vergangen sind, und für Genesene, deren Infektion maximal ein halbes Jahr zurückliegt.

Für Schüler gilt: Während der Schulzeit sind Schülerinnen und Schüler unter 18 Jahren von der Testpflicht bei 2 G plus befreit. Der Schülerausweis als Nachweis reicht aber mit Beginn der Ferien nicht mehr aus. Das heißt konkret, dass Schülerinnen und Schüler ab sechs Jahren dann einen tagesaktuellen Schnelltest vorlegen müssen, um Zutritt bei 2 G plus zu bekommen, darauf weist die Pressestelle des baden-württembergischen Sozialministeriums hin. Diese Schülerausweis-Regelung wird für Schüler im Alter von zwölf bis 17 Jahren aber ohnehin zum 31. Januar 2022 auslaufen. „Die Landesregierung geht davon aus, dass alle Jugendlichen ab zwölf Jahren bis zum Ablauf dieser verlängerten Frist die Möglichkeit hatten, sich impfen zu lassen“, heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums. Für alle unter zwölf Jahren reicht weiterhin der Schülerausweis. pep