Zwischen Neckar und Alb

Wohnungsbau ist „völlig entgleist“

Tagung In Esslingen kommen auf 12 000 Bewerber nur 200 Wohnungen – Genossenschaften suchen nach Lösungen.

Symbolbild

Esslingen. Die Kosten für den Wohnungsbau in Deutschland sind in den vergangenen Jahren „völlig entgleist und das in vermeintlich guter Absicht“. So sieht es Axel Gedaschko, Präsident des GdW-Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen. Er diskutiert derzeit auf einer Tagung der Wohnungsgenossenschaften in Esslingen, wie bezahlbare Mietwohnungen gebaut werden können.

Während von 2000 bis 2016 die Einkommen um durchschnittlich 27 Prozent gestiegen seien, haben sich laut dem Verbandschef die Baukosten um 49 Prozent erhöht. Nicht nur der Bundestag und die Länderparlamente müssen sich laut Gedaschko bewegen, auch die Kommunen tragen hohe Verantwortung: „Sie können Bauland per Konzeptvergabe an diejenigen verkaufen, die sozial verträglich bauen, anstatt Land im Höchstpreisverfahren zu vergeben.“ Trotz Wohnungsmangels gibt es in vielen Kommunen Bedenken, Bauland auszuweisen und das dann mehrstöckig zu bebauen.

Dieses Problem gibt es auch in Esslingen, weiß Christian Brokate vom Vorstand der Baugenossenschaft (BG) Esslingen. „Wir haben jährlich um die 12 000 Bewerber, können aber nur 200 Wohnungen vergeben.“ Aktuell baut die BG den Silcherhof. 52 alte Wohnungen wurden abgerissen, 124 neue Wohnungen entstehen auf dem Gelände in Oberesslingen. In der Stadt gebe es laut Brokate viel Widerstand gegen Neubauten: „Hier herrscht zu oft die Einstellung: Ich wohne hier schon und die Streuobstwiese gegenüber ist wunderbar.“

Problem nicht nur in Esslingen

Das ist kein Esslinger Problem, weiß Sigrid Feßler, Direktorin des baden-württembergischen Landesverbands der Wohnungswirtschaft „vbw“. Sie sitzt in der Wohnraumallianz der Landesregierung. Dort habe man unter anderem Vorschläge erarbeitet, welche Bauvorschriften geändert werden sollten. „Die liegen jetzt bei den Grünen und der CDU“, so Feßler.

Nach Schätzung ihres Verbandes müssen in den kommenden Jahren 60 000 bis 75 000 neue Wohnungen jährlich gebaut werden, um den Bedarf zu decken. Von den Kommunen fordert sie, die Baugenehmigungsverfahren zu beschleunigen. Feßler begrüßt, dass im Förderprogramm Wohnungsbau in diesem und in den kommenden zwei Jahren je 250 Millionen Euro zur Verfügung stehen - Geld, das vor allem vom Bund kommt. Allerdings wird der Bund sich Ende 2019 komplett aus der Wohnungsbauförderung herausziehen - so wurde es in der Föderalismusreform beschlossen. „Wie das Land dann den Wohnungsbau fördern will, weiß ich nicht.“ Gesa von Leesen