Zwischen Neckar und Alb

Zeichnend die Welt erschließen

13 Schulen beteiligen sich an der Kunstausstellung im Esslinger Landratsamt

Die Schulkunst-Ausstellung im Esslinger Landratsamt zeigt rund 300 Werke von Schülern der Umgebung.Foto: Bulgrin
Die Schulkunst-Ausstellung im Esslinger Landratsamt zeigt rund 300 Werke von Schülern der Umgebung.Foto: Bulgrin

Kreis Esslingen. Wenn es abends im Landratsamts lebendig wird und Dutzende Schüler aufgeregt durchs

Foyer schwirren, dann wird die jährliche Schulkunst-Ausstellung eröffnet. Und jedes Mal sind die Erwachsenen hin und weg von der Kreativität und dem Talent der jungen Künstler. 13 Schulen aus dem Landkreis haben diesmal etwa 300 Werke zum Motto „Zeichnen“ eingesandt – darunter auch die Freihof-Realschule in Kirchheim und die Lenninger Karl-Erhard-Scheufelen Realschule in Lenningen.

„Im öffentlichen Raum ausstellen, sich beweisen, das tut den Kindern und ihrem Selbstwertgefühl gut“, findet Landrat Heinz Eininger. Es tut auch Eltern und Großeltern gut, wenn der Nachwuchs sie am Ärmel zu ihren Werken zieht. Was Kunst und Engagement nicht vertragen, das ist Bürokratie. Der Landrat, selbst Chef eines Verwaltungsapparats, drohte, die Traditionsveranstaltung zu kippen, sollten noch einmal 300 Einwilligungserklärungen der Eltern verlangt werden, um die Bilder ausstellen zu dürfen. Postwendend versprach Corina Schimitzek, die neue Leiterin des Staatlichen Schulamtes, sie werde einen anderen Weg suchen. Sie war „tief beeindruckt“ von diesem Schaufenster des Kunstunterrichts.

Viele Komplimente verteilte die Kunsthistorikerin Carla Heussler, die kenntnisreich und wohlgesonnen die Werke würdigte. Umriss und Linienführung, eventuell Schraffur, sind Merkmale einer Zeichnung, sie muss aber nicht schwarz-weiß sein und sie kann auch Gegenstände einbinden, wie die Goldwiesenschüler aus Echterdingen zeigten, die Pinsel und Kochlöffel in ihre Gesichter einbauten. An die ersten Zeichner der Menschheit erinnerte die Johannes-Wagner-Schule Nürtingen. Steinzeitliche Jagdszenen malten sie auf gewelltes Papier, um die Felsstrukturen anzudeuten.

Punkt, Punkt, Komma, Strich – fertig ist mehr als ein Mondgesicht, wenn man, wie die Rohräcker-Schüler, die Kreise gekonnt verknüpft. Zeichnungen können Geschichten erzählen: von der Erbsen-Prinzessin oder vom überquellenden süßen Brei, zwei Gemeinschaftswerke aus der Katharinenschule. Die gleiche Schule bewies, dass Kunst für Kritik taugt: Die billig produzierte Jeans ist eingebettet in dramatische Umweltszenen an den Produktionsorten.

Mit Bleistift ließ die Klasse 10 der Realschule Reichenbach unheimliche, düstere Orte entstehen, aber auch vertraute Plätze im alten Ortskern, perspektivisch genau wiedergegeben. Ähnlich die Werke der Realschüler Oberesslingen, die den Dicken Turm und malerische Altstadtwinkel darstellten. Weiche, bunte Kuscheltiere gefielen den Grundschülern aus Hegensberg-Liebersbronn, die Mettinger Grundschule steuerte dagegen ein Rhinozeros bei, dessen derbe Haut beeindruckend plastisch wirkte.

Zwei Mal verteilte Kunsthistorikerin Heussler das Prädikat „sensationell“. Schüler des privaten Peter-Härtling-Gymnasiums Nürtingen zeichneten eine Damenstiefelette mit perfekter Plastizität plus Schattenwurf. Lea Mauz vom Esslinger Theodor-Heuss-Gymnasium machte die Fachfrau sogar Hoffnung, eines Tages zu den Kunststipendiaten des Landkreises zählen zu dürfen. Wer noch zweifelt, dass zeichnen die Welt erschließt, sollte sich diese Ausstellung nicht entgehen lassen. Der Gang ins Landratsamt lohnt, auch wenn man kein Auto zulassen will.