Zwischen Neckar und Alb

Zinserträge sinken weiter

Banking Das Kundengeschäft bei den Volks- und Raiffeisenbanken im Kreis Esslingen wächst, aber die Gewinne schmelzen. Von Harald Flößer

Anlass zu Freudensprüngen gibt es bei den neun Volks- und Raiffeisenbanken im Landkreis Esslingen beileibe nicht. Dennoch sei man mit 2016 „nicht unzufrieden“. So drückte es gestern Heinz Fohrer, der Vorsitzende der Bezirksvereinigung, aus, als er die Geschäftsentwicklung im vergangenen Jahr vorstellte. Die Bilanz hat zwei unterschiedliche Seiten: Bei den Einlagen und beim Kreditvolumen der Kunden gab es voriges Jahr ein erfreuliches Plus von gut fünf Prozent. Doch die Zinseinnahmen gehen weiter in den Keller. Erstmals mussten die Volks- und Raiffeisenbanken im Landkreis ein Minus von 1,1 Prozent hinnehmen. Hintergrund ist, dass die Marge um sechs Prozent geschrumpft ist. Damit setzen sich die Folgen der seit Jahren anhaltenden Niedrigzinsphase fort.

Schon 2015 war bei den Zinsgeschäften die Marge um drei Prozent gesunken. Für Fohrer ist das noch kein Grund zu allzu großer Besorgnis. „Die Kosten und Risiken haben wir im Griff“, sagte er gestern bei der Jahrespressekonferenz der Bezirksvereinigung. Denn man unternehme seit einiger Zeit große Anstrengungen, die Produktivität zu erhöhen und in neue Technologien zu investieren. Dazu gehört, dass 2016 der Personalstamm um 1,8 Prozent verringert wurde. Konkret heißt das: Die Zahl der Mitarbeiter ging um 22 auf 1219 zurück. Das habe man ohne betriebsbedingte Kündigungen erreicht, so Fohrer. Trotz der schwierigen Situation sprach Fohrer von einer „ordentlichen Ertragslage“.

Nach seinen Aussagen wird sich das Bankgeschäft in den kommenden Jahren „weiter gravierend verändern“. Er sprach damit vor allem die Digitalisierung an. Wie weit das mittlerweile geht, demonstrierte Martin Winkler, Vorstandsmitglied der Volksbank Kirchheim-Nürtingen, mit der neuen VR-Banking-App. Mit ihr kann man per Smartphone Beträge bis zu 30 Euro ohne TAN-Nummer bequem überweisen. Eine große Vereinfachung für die Kunden bietet auch das System „Scan to Bank“: Eine App erkennt auf einer eingescannten Rechnung automatisch die IBAN, die BIC und den zu überweisenden Betrag. Knapp 48 Prozent der Kunden nutzen heute schon Online-Banking, erklärte Winkler. Er betonte gleichzeitig, dass man weiter großen Wert auf den persönlichen Service lege.

Sorgen bereitet den Volks- und Raiffeisenbanken der weiter wachsende „bürokratische Wahnsinn“, wie es Bruno Foldenauer, der Vorstandssprecher der Volks- und Raiffeisenbank Hohenneuffen-Teck, nannte. Verbraucherschutz sei wichtig, aber mit die Zunahme an Regularien schieße man weit über das Ziel hinaus. Der administrative Aufwand verursache immense Kosten. Kritisch sieht Foldenauer zum Beispiel die Wohnimmobilienkreditrichtlinie, die vor allem älteren Kunden Darlehen versage. Mit den Analytical Credit Datasets stehe das nächste „Datenmonster“ vor der Tür. Nach dieser Verordnung müssen Banken bei der Vergabe von Krediten künftig bis zu 89 Kriterien abfragen. Foldenauer sieht die Finanzdienstleister vor erhebliche Probleme gestellt.

Bilanz 2016 im Kreis

Kundenkredite: 4,6 Mrd. Euro Kundenanlagen: 5,4 Mrd. Euro Bilanzsumme: 6,9 Mrd. Euro Zinsüberschuss: 149 Mio. Euro