Zwischen Neckar und Alb

Zukunft wird digitaler und vernetzter

Diskussion Die Arbeitswelt von morgen war das Thema beim neunten Unternehmerforum. Bei der Veranstaltung in Nürtingen wurden außerdem die Gewinner des regionalen Gründerpreises ausgezeichnet. Von Henrik Sauer

Frank Wößner, Josephine Hofmann und Wilfried Porth diskutierten mit Moderatorin Dunja Hayali (von links). Foto: Daniel Jüptner
Frank Wößner, Josephine Hofmann und Wilfried Porth diskutierten mit Moderatorin Dunja Hayali (von links). Foto: Daniel Jüptner

Moderiert von Dunja Hayali vom ZDF diskutierten Dr. Josephine Hofmann vom Fraunhofer-Institut Stuttgart, Wilfried Porth, im Daimler-Vorstand verantwortlich für das Ressort Personal, und Pfarrer Frank Wößner, Vorstandsvorsitzender der Samariterstiftung Nürtingen, über Veränderungen in der Arbeitswelt.

Der Fachkräftemangel ist kein Hirngespinst. Das bestätigten Frank Wößner und Wilfried Porth. Wößner sprach für den Pflegebereich von einem „erheblichen“ Mangel an qualifiziertem Personal: Während das Pflegeangebot ständig wachse, könne die Zahl der Fachkräfte damit nicht Schritt halten. Wilfried Porth sagte, man dürfe bei dem Thema aber nicht übersehen, dass dies auch etwas mit einem Stadt-Land-Gefälle und der Größe der Unternehmen zu tun habe. Josephine Hofmann, die am Fraunhofer-Institut unter anderem über neue Arbeitsformen forscht, bestätigte, vor allem kleinere und Handwerksunternehmen bekämen den Trend zum Studium zu spüren.

Welche Wege aus dem Fachkräftemangel gibt es? In der Pflege gebe es nur eine Möglichkeit, so Frank Wößner: „Ausbilden.“ Die Samariterstiftung habe momentan rund 180 Auszubildende. „Wenn wir die alle übernehmen könnten, wenn alle blieben, dann könnten wir den Bedarf in etwa decken“, sagte Wößner.

Hofmann betonte, es sei wichtig, das Thema „lebenslanges Lernen“ ernster zu nehmen. „Mit den Leuten, die man hat, könnte man noch mehr machen. Das ist noch nicht in den Köpfen angekommen.“ Allerdings seien hier auch die Mitarbeiter in der Verantwortung, mahnte sie. Außerdem gelte es, individualisiertere Arbeitsformen zu finden, die zum Beispiel alleinerziehenden Müttern entgegenkämen.

Wenig Nachwuchs in MINT-Fächern

Wilfried Porth sagte, dass noch immer zu wenige junge Leute - Jungen wie Mädchen - sich für MINT-Berufe entschieden, also in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. „Die rein gewerblichen Arbeitsplätze werden weniger“, mahnte er, auch angesichts neuer Technologien wie der Elektromobilität. Hier sei auch eine Änderung im Bildungssystem notwendig, forderte er. Kinder müssten viel früher mit diesen Themen in Berührung kommen.

„Können Flüchtlinge die Lücke bei den Fachkräften schließen?“, wollte Dunja Hayali wissen. Wilfried Porth plädierte hier dafür, deutsche Sprachkenntnisse nicht zu sehr zum Dogma zu erheben. „Sprache lernt man am besten beim Doing“, sagte er.

„In Zukunft werden wir noch digitaler, noch vernetzter arbeiten“, sagte Josephine Hofmann. Das erfordere bei Führungskräften ein anderes Kommunikationsverhalten. Delegieren und Loslassen können seien gefordert, für die Mitarbeiter bedeute dies aber auch, Verantwortung zu übernehmen. Weil Führungsaufgaben zu übernehmen immer auch bedeute, weniger eigentliche Sacharbeit machen zu können, regte sie an, darüber nachzudenken, bei der Führung abzuwechseln, ohne dass dies gleich als Abstieg empfunden werde.

Wilfried Porth berichtete von einer Befragung bei Daimler, bei der sich die Mitarbeiter mehr Flexibilität gewünscht hätten. Beim Arbeiten zu Hause aber stoße man an Grenzen zum Beispiel was die Arbeitszeiterfassung anbelangt. „Statt Zeit als Leistungsmaßstab zu nehmen, müssten wir umschalten auf Ergebnis“, sagte er. Hier seien auch die Politik und die Gewerkschaften gefordert. Einig waren sich die Diskutanten, dass die Veränderung in der Arbeitswelt ein Prozess sei, der viel Zeit brauche.

Nach der Diskussionsrunde wurde von der Kreissparkasse der regionale Gründerpreis vergeben (siehe unten). KSK-Vorstandsmitglied Kai Scholze und Dunja Hayali zeichneten drei innovative Geschäftsideen aus dem Landkreis aus. Zudem wurde diesmal ein Sonderpreis vergeben an einen Flüchtling aus Syrien, der die Juroren mit seiner Geschichte ebenfalls überzeugt hatte.