Zwischen Neckar und Alb

Zwei Berufe in einem

Neues Pflegeberufegesetz ist in Vorbereitung

Der CDU-Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Nürtingen, Michael Hennrich, erörterte in einem Gespräch mit Fachleuten die Probleme dazu.

Nürtingen. Ziel der CDU-SPD-Koalition im Bund sei es, ein attraktiveres Berufsbild zu schaffen, um dem Fachkräftemangel in den Pflegeberufen entgegenzuwirken. Was bis jetzt jedoch als Entwurf für ein neues Pflegeberufegesetz auf dem Tisch liegt, stößt vor allem bei Vertretern aus der Altenpflege auf Skepsis und Ablehnung. Sie befürchten, dass sich damit der Fachkräftemangel in ihrem Bereich noch verstärkt. Hennrich, Obmann seiner Fraktion im Gesundheitsausschuss, bekennt: „Es gibt noch offene Fragen.“

Um sich ein schärferes Bild zu machen, lud er Vertreter von Pflegeeinrichtungen und Pflegeschulen ebenso wie Vertreter des Krankenhauswesens und von Krankenpflegeschulen zu einem Fachgespräch ein. Mit Erwin Rüddel hatte sich Hennrich den Berichterstatter seiner Fraktion für die Pflegepolitik hinzugeholt.

Auch Rüddel zeigte sich skeptisch gegenüber dem, was bisher vom Bundeskabinett als Entwurf gutgeheißen wurde. Positiv sei zunächst einmal, dass Schulgeld, wie es in sechs Bundesländern noch Praxis ist, abgeschafft werden soll. Doch sieht er auch das Problem unterschiedlicher Vergütungssysteme. Die Altenpflege sei aus der Pflegeversicherung als eine Teilkaskoversicherung finanziert, die Krankenpflege aus der Krankenversicherung als eine Vollkaskoversicherung, weshalb Krankenpflege besser vergütet werde, so Rüddel.

Ein großes Problem sieht Rüddel im Mangel an Ausbildungsplätzen in der Kinderkrankenpflege, die ebenfalls in dem generalisierten Berufsbild aufgehen soll. Eine weitere Befürchtung sei, dass dem generalisierten Berufsbild die Ausbildungspläne der Krankenpflege mit ihren höheren Anforderungen gegenüber der Altenpflege übergestülpt werden. Schon jetzt seien es fast nur Abiturientinnen in der Kinderkrankenpflege, 70 Prozent mit Abi und fast 30 Prozent mit Realschulabschluss bewerben sich für die Krankenpflege, Auszubildende mit Hauptschulabschluss gebe es so gut wie nicht.

Dagegen habe ein Drittel der Auszubildenden in der Altenpflege in Deutschland Hauptschulabschluss. An diese Gruppe, so Rüddel, könnte eine generalistische Ausbildung zu hohe Anforderungen stellen, sie könnten für die Pflegeberufe verloren gehen, was in Anbetracht des Fachkräftemangels nicht hingenommen werden könne. Gleichzeitig wolle man aber ein gutes Niveau in der Krankenpflege.

In Baden-Württemberg ist der mittlere Bildungsabschluss notwendig beziehungsweise eine vorangegangene, abgeschlossene zweijährige Berufsausbildung. Yvonne Thoma, als Abteilungsleiterin verantwortlich für die Ausbildung in der Altenpflege an der Nürtinger Fritz-Ruoff-Schule, ergänzt: „Der Zugang ist auch möglich mit einer einjährigen Vorqualifikation zum Altenpflegehelfer.“ Sie und Hans Schollenberger, Leiter der Krankenpflegeschule des Landkreises, berichteten von ihrer Kooperation im Rahmen eines Modellprojekts zur generalistischen Ausbildung. Innerhalb von dreieinhalb Jahren können dabei zwei Berufsabschlüsse in Altenpflege und Krankenpflege erworben werden.

Schollenberger und Thoma fordern völlig neue Bildungspläne, die alle Seiten mitnehmen. Dem stimmte auch Gernot Adolphi, Leiter des Pflegebildungszentrums der Filder-klinik, zu, an dem es seit einigen Jahren ein ähnliches Modellprojekt gibt. Er räumte ein, dass weniger Absolventen letztlich in die Altenpflege gehen. „Und das nicht, weil ihnen die Altenpflege weniger liegt, sondern weil der Druck hoch ist.“ Die Not in der Altenpflege sei groß, so Adolphi, doch lasse sich das auch nicht mit einer Ausbildungsreform ändern.

Das sieht auch Rüddel so. Abhilfe könnte eventuell ein Altenhilfeförderprogramm schaffen, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Hennrich glaubt, dass man auf dem richtigen Weg sei, die Beispiele aus Baden-Württemberg könnten bei der Lösung sicher eine wichtige Rolle spielen.