Ein Spiel mit 21 Punkten Differenz verloren und hinterher nichts zu meckern? Es dürfte nicht allein der Freundschaft beider Trainer geschuldet sein, dass nach der 84:105-Packung in Gießen auch am Montag Ruhe herrschte an der Kirchheimer Basketballfront. Gießens Frenki Ignjatovic und Knights-Coach Igor Perovic verfolgten das Spiel am Sonntag jedenfalls aus einem ähnlichen Blickwinkel, und der ließ nur einen Schluss zu: Für die Ritter war an diesem Tag schlicht nichts zu holen – trotz einer durchaus respektablen ersten Hälfte. Den zweiten Teil eines unterhaltsamen Nachmittags überschrieb Ignjatovic mit „die besten 20 Minuten, die wir in dieser Saison bisher geboten haben.“ Man habe sich viel vorgenommen für dieses Spiel. „Die Niederlage am ersten Spieltag wollten wir nicht auf uns sitzen lassen.“
Hätte Tübingen verloren, wäre ich mir sicher gewesen, dass wir es schaffen.
Kirchheims Trainer Igor Perovic und sein Team müssen im Rennen um die Playoffs wieder auf Schützenhilfe hoffen.
Dass die Knights überhaupt so lange Schritt hielten, lag auch daran, dass der Motor des Gegners eine Halbzeit lang noch nicht auf allen Töpfen lief. Ohne ihren erkrankten Topscorer Kevin McClain und mit einem Kyle Castlin, der eine lange Warmlaufphase benötigte, war noch vereinzelt Sand im Getriebe. Das änderte sich nach der Pause, als auch Castlin, der eigentliche Kopf der Mannschaft, so richtig heiß lief. Igor Perovic zeigte sich hinterher als fairer Verlierer: „Wir hatten gute Momente,“ befand Kirchheims Coach. „Wenn man ehrlich ist, war Gießen aber bereits in der ersten Halbzeit die bessere Mannschaft.“
Aus einer komfortablen Lage im Kampf um die Playoffs sind die Knights wieder in die Passivrolle gerutscht. Nach dem Tübinger Sieg am Sonntag in Münster sind es wieder zwei Zähler Rückstand auf die Plätze sieben und acht. Das ist in den drei Restpartien am Samstag in Düsseldorf, zu Hause gegen Vechta und im vielleicht entscheidenden Kampf am letzten Spieltag in Dresden mit etwas Glück zwar noch aufzuholen. Dafür sollten sich die Ritter aber möglichst keinen Ausrutscher mehr erlauben. „Die beiden nächsten Spiele müssen wir auf jeden Fall gewinnen, wenn wir noch eine Chance haben wollen“, sagt Igor Perovic. „Hätte Tübingen in Münster verloren, wäre ich mir sicher gewesen, dass wir es schaffen.“
Tigers müssen noch nach Gießen
Stattdessen heißt es nun hoffen, dass die Konkurrenz Punkte liegen lässt. Tübingen muss vor Ostern ebenfalls noch nach Gießen. Bochum empfängt bereits an diesem Freitag den Tabellensechsten Phoenix Hagen. Eine Mannschaft, die seit sechs Spielen ungeschlagen ist. Vorteil Kirchheim: Mit einer starken Hinrunde haben die Knights den Grundstein gelegt, dass sie im direkten Vergleich mit den schärfsten Mitbewerbern die Nase vorn haben. Gegen Bochum (8.), Tübingen (7.), Münster (10.) und Bremerhaven (5.) spricht die Summe aus Hin- und Rückspiel für die Teckstädter. Allein gegen Hagen, das mit sechs Punkten Vorsprung rechnerisch ebenfalls noch in Reichweite liegt, gab es zwei Niederlagen. Sollten die Ritter in den drei Restpartien also nochmal den Turbo zünden, könnte in der Endabrechnung der komplizierte Vergleich gleich mehrerer punktgleicher Mannschaften entscheiden – mit besten Chancen für die Kirchheimer.
In Gießen ist man mit solchen Rechenspielen durch. Der ehemalige Erstligist steht sicher in den Playoffs und träumt sogar von einer möglichen Rückkehr in die BBL. Nach Jahren der Konsolidierung und dem enttäuschenden Viertelfinal-Aus gegen den späteren Meister aus Karlsruhe vergangene Saison wäre der Traditionsklub bereit für diesen Schritt. Ignjatovic, der Kirchheim 2014 nach sechs erfolgreichen Jahren in Richtung Heidelberg verließ, um sieben Jahre später mit den Academics aufzusteigen, hat seinen Vertrag in Gießen um zwei Jahre verlängert. Jetzt hat er einen Traum: „Noch einmal in der Heidelberger Halle einzumarschieren, das wäre schon nicht schlecht.“