Lokalsport
Auf Leben und Tod im Sport

Gesundheit Kommt es beim Sport zu einer medizinischen Notsituation, müssen die Anwesenden schnell und zuverlässig reagieren. Doch wie bereiten sich Vereine auf solch einen Vorfall vor? Von Max Pradler

Es ist der Moment, den niemand jemals erleben möchte – weder im privaten, noch im beruflichen oder sportlichen Alltag. Doch vermeiden lässt er sich nicht immer: der medizinische Notfall. Erst kürzlich erwischte es den TSV Weilheim, als ein junger Bezirksliga­kicker während des Trainings zusammengebrochen und vom Notarzt noch auf dem Platz ins künstliche Koma versetzt worden war. Immerhin: Der Betroffene, der sich inzwischen auf dem Weg der Besserung befindet, hatte Glück im Unglück – durch die Anwesenheit und das schnelle Handeln der Mitspieler und Notärzte konnte (noch) Schlimmeres verhindert werden. Nichtsdestotrotz hinterlässt ein solcher Zwischenfall geschockte Angehörige und macht auch Unbeteiligten Angst.

Um auf künftige Notsituationen besser vorbereitet zu sein, haben die Limburgstädter daher unmittelbar nach dem Vorfall einen Notfallbogen etabliert. Das Dokument, das von allen Spielern ausgefüllt werden muss, beinhaltet unter anderem Fragen zu chronischen Erkrankungen, Allergien, vergangenen Operationen, allgemeinen Gesundheitsproblemen und Krankenversicherungen. Lisa Schweikhardt, Physiotherapeutin des TSVW, hatte die Idee dazu: „Der Vorfall war ein Weckruf. Wir mussten feststellen, dass wir beispielsweise nicht über Vorerkrankungen oder Medikamentenunverträglichkeiten unserer Spieler aufgeklärt sind. Solche Informationen sind für die Notärzte aber von erheblichem Wert, da geht es schließlich um jede Sekunde.“

 

Der Vorfall war ein Weckruf
Lisa Schweikhardt Die Physiotherapeutin der Weilheimer Fußballer über den jüngsten Notfall im Training

Ob die Datenblätter an der jeweiligen Sportstätte aufbewahrt werden oder digitalisiert auf dem Handy der Trainer und Betreuer abgelegt sind, spiele dabei keine Rolle. Wichtig sei nur, dass alle relevanten Infos auf einen Blick verfügbar sind und eine Person diese auf kurzem Wege übermitteln kann.

Um im Notfall auch selbst handeln zu können, hat Lisa Schweikhardt, die ebenso Teams beim Basketball und American Football als Physiotherapeutin begleitet, während ihrer Ausbildung nicht nur einen Erste-Hilfe-Kurs absolviert, sondern sich auch in Bereiche wie Sportmedizin, Chirurgie oder Orthopädie eingelesen. „Gerade beim Football kommt es häufiger vor, dass man direkt am Spielfeldrand mit der Notfallversorgung konfrontiert wird – auch wenn es hier natürlich in erster Linie um schwerere Verletzungen geht und nicht um kardiologische oder neurologische Vorfälle“, sagt die 27-Jährige, die in einer Kirchheimer Physiopraxis arbeitet. Ähnliche Erfahrungen bestätigt Bastian Braulik, Abteilungsleiter der Albershausen Crusaders: „Wir haben eine ausführliche medizinische Übersicht von allen Spielern sowie die Nummern der Notfallkontakte. Das ist für uns sehr wichtig.“

„Unbedingt Gedanken machen“

Nach Daten des deutschen Regis­ters (Sudden Cardiac Death Register, SCD Deutschland) kommen auf 100 000 Sporttreibende pro Jahr zwischen 0,7 und 3,0 Todesfälle durch plötzlichen Herztod beim Sport. Auslöser können dabei völlig unterschiedliche Gründe sein – beispielsweise Erkrankungen des Herzmuskels, der Herzklappen, der Hauptschlagader sowie der Herzkranzgefäße oder erblich bedingte Risiken. Im normalen Alltag führen all diese Vorbelastungen meist zu keinen Beschwerden, sie bleiben sogar häufig unentdeckt. Belasten Sportler ihren Körper allerdings stark, wird der Herzmuskel nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt und es kann zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen kommen – im schlimmsten Fall mit Todesfolge.

Einschneidende Erfahrungen musste auch schon der VfL Kirchheim machen, als im Frühjahr 2010 ein B-Jugendspieler der Gastmannschaft aus Freiberg in der Halbzeitpause zusammengebrochen war. Für den 16-Jährigen kam jegliche Hilfe zu spät. Seit diesem tragischen Zwischenfall hängt im Kabinentrakt des Stadions ein Defibrillator.

So auch im Sportvereinszentrum (SVZ) an der Jesinger Allee, wo jedes Trainingsmitglied bei der Anmeldung einen Anamnesebogen ausfüllen muss, der im Notfall von allen Mitarbeitenden innerhalb weniger Sekunden abrufbar wäre. Für Moritz Hönig, Geschäftsführer des VfL Kirchheim und Sportlicher Leiter des (SVZ) und Abteilungsleiter der VfL-Leichtathleten in Personalunion, hat das Thema Notfallhilfe eine große Bedeutung: „Man hofft natürlich, diese Unterlagen nie gebrauchen zu müssen, aber trotzdem sind sie sehr wichtig.“ Vor allem dürfe laut Hönig die Sicherheit auch beim Schulsport oder im Freizeitbereich nicht in den Hintergrund rücken.

Was den Trainingsalltag auf der Tartanbahn betrifft, weiß der 36-Jährige über die medizinische Historie seiner Nachwuchsathleten Bescheid: „In der Leichtathletik ist das Verhältnis zwischen Trainer und Sportler von Natur aus deutlich enger als vielleicht im Mannschaftssport. Da sind wir Trainer über die wichtigsten Dinge aufgeklärt.“ Als Credo für alle Übungsleitenden appelliert Hönig an Vernunft und Weitsicht: „Oftmals hat man solche Themen nicht auf dem Schirm, bis es dann mal zu einem erschütternden Vorfall kommt. Daher ist Prävention unerlässlich, jeder sollte sich unbedingt darüber Gedanken machen.“

Erst zum Arzt, dann zum Training

Trotz aller Schreckensmeldungen darf nicht vergessen werden: Sport ist gesund und medizinische Notfälle durch den Sport statistisch gesehen eine absolute Seltenheit. Regelmäßige Bewegung verringert das Risiko einer koronaren Herzkrankheit um ein Vielfaches. Deshalb hat die deutsche Herzstiftung folgende Empfehlungen zusammengestellt:

Kardiologische Untersuchung: Wer sich in den vergangenen Jahren kaum bewegt hat und jetzt wieder aktiver werden möchte, sollte sich vorab kardiologisch durchchecken lassen.

Genetische Veranlagung: Wer mit Herzerkrankungen im jüngeren Alter bereits in der Verwandtschaft vorbelastet ist, sollte ebenfalls den Kardiologen aufsuchen.

Trainingsplan: Zum Einstieg nicht selbst überschätzen und sich ein geeignetes Trainingsprogramm aufstellen lassen beziehungsweise die Ärztin oder den Arzt nach geeignete Sportarten fragen.

Gesundheitscheck: Ab dem 35. Lebensjahr übernehmen gesetzliche Krankenkassen alle drei Jahre den sogenannten „Gesundheitscheck“.

Pause bei Erkrankung: Infekte unbedingt vollständig auskurieren und mit dem Sport erst wieder langsam beginnen, wenn alle Infektionsbeschwerden weg sind. max