Lokalsport
Aus Frust werden Siege

Basketball Die unglücklichen Niederlagen der vergangenen Wochen setzen bei den Knights Kräfte frei. Wie weit ­diese tragen, muss sich keute gegen Problemgegner Schwenningen zeigen. Von Bernd Köble

Leidenschaft, Kampf, physische Stärke und am Ende der verdiente Lohn – Kirchheims Basketballer haben sich mit den beiden Siegen gegen Jena und Paderborn am Doppelspieltag in der Pro A den angestauten Frust der vergangenen Wochen von der Seele ­gespielt. Damit daraus ein echter Befreiungsschlag wird, müsste die Mannschaft am heutigen Mittwoch im Nachholspiel bei den seit vier Spielen sieglosen Panthers aus Schwenningen allerdings nachlegen. „Wenn uns das gelingt, sind wir in einer guten Position“, meint Headcoach Igor Perovic mit Blick auf die Play-offs. Nach den jüngsten Siegen liegt Tabellenplatz acht plötzlich nur noch einen Sieg weit entfernt. Am vergangenen Freitag auf dem Weg zum Tabellenzweiten Jena galt es noch, Gedanken an den Abstiegskampf zu verscheuchen. Zu Beginn der Woche stehen die Knights mit einem positiven Punktekonto auf Platz zehn. So schnell kann’s gehen.

Mindestens so wichtig wie die vier Punkte gegen beide Topgegner ist die offensichtliche Trendwende in den Köpfen der Spieler. Die zweite Halbzeit gegen Paderborn am Sonntag war ein Lehrstück in Sachen Wille und Leidensbereitschaft. Nach der kräftezehrenden Verlängerung zwei Tage zuvor in Jena mussten die Ritter in einem äußerst intensiven Spiel an Grenzen gehen, um ihren knappen Vorsprung in der Schluss­phase zu verteidigen. Das taten sie diesmal nicht nur mit aller Entschlossenheit, sondern auch ungemein clever. 14 persönliche Fouls – exakt halb so viele wie zwei Wochen zuvor gegen ­Trier – und nur acht Ballverluste im gesamten Spiel sind Belege dafür, dass diesmal Herz und Kopf in Einklang standen.

Die Szene des Abends gehörte dem Spieler, der in beiden Begegnungen die weitesten Wege gehen musste: Den Ball erwischte Rohndell Goodwin zwar nicht mehr, dafür erntete er tosenden Applaus von den Rängen, als er in der Schlussphase mit letzten Kräften und einem gewaltigen Hechtsprung in Richtung LED-Bande segelte. Als das Spiel vorbei war, hielt es den Mann mit der Rasta-Mähne kaum mehr auf den Beinen. „Was Rohndell seit Wochen hier abreißt, ist der helle Wahnsinn“, urteilt Knights-Sportchef Chris Schmidt über den 30-jährigen Amerikaner, der seit Dezember in 13 Spielen auf einen Schnitt von 24 Punkten kommt. Einen, der solche Statistiken auflegt und sich dabei ganz in den Dienst der Mannschaft stellt, findet man im Basketball selten. Goodwin ist für Trainer und Mannschaftskollegen nicht nur der unumstrittene Leader, sondern auch ein echter Sympathieträger, der bei aller Bescheidenheit motiviert und mitreißt. Einer, der in der Crunchtime gesucht wird und der seine Nebenleute findet.

Eigenschaften, die auch auf Jonathon Williams zutreffen. Dass der in beiden Spielen kaum vermisst wurde, sagt eine Menge aus über andere wie etwa Tim Koch, der nicht nur wegen seiner insgesamt acht verwandelten Dreier am Doppelspieltag den Weg aus der Versenkung fand und in puncto Körpersprache und Dynamik an frühere Zeiten erinnerte. Williams dagegen wird den Knights auch in Schwenningen fehlen. Der 31-Jährige ist wegen einer schweren Erkrankung seines Vaters am vergangenen Mittwoch heim nach Kalifornien gereist. Mit ihm wird frühestens am 19. März im Heimspiel gegen Vechta wieder zu rechnen sein. Am Mittwochabend wartet ein Gegner, der den Kirchheimern zum einen nicht liegt und der zudem eine Trotzreaktion befürchten lässt. An individueller Klasse mangelt es den Schwenningern nicht. Dass die Panthers den in 24 Spielen sieglosen Ehingern am Sonntag die ersten Punkte beschert haben, dürfte nicht nur Coach Alen Velcic geärgert haben.

Teambus zurück von der ukrainischen Grenze

Rechtzeitig zum heutigen Auswärtsspiel in Schwenningen ist der Mannschaftsbus der Kirchheim Knights von einer Hilfsaktion an der Grenze zur Ukraine zurückgekehrt. Das Fahrzeug von RS-Reisen in Leinfelden-Echterdingen – dem Werbepartner der Knights – war Teil eines Hilfskonvois, der sich in der Nacht auf Montag vollgepackt mit Hilfsgütern in Richtung Osten aufgemacht hat. An Bord waren Medizinprodukte, Babynahrung, Decken und Nahrungsmittel für Menschen in den umkämpften Kriegsgebieten in der Ukraine.
Montagnachmittag wurden die Hilfsgüter im polnischen Rzeszów ausgeladen. Danach ging es weiter zur ukrainischen Grenze, um auf dem Rückweg 88 Geflüchtete, fast ausschließlich Frauen mit Kindern, mit nach Süddeutschland zu nehmen. „Darunter auch zwei hochbetagte Frauen im Rollstuhl, die schon einmal einen Krieg erlebt haben“, sagt Knights-Sprecherin Bianca Baar, die Kontakt zum Hilfsteam hielt.
RS-Reisen war mit zwei großen Reisebussen am Konvoi beteiligt. Das Kirchheimer Auto­haus Ramsperger hat begleitend einen Kleinbus zur Verfügung gestellt. Koordiniert wird die Hilfsaktion von der Deutschen Humanitären Hilfe Nagold, die mit Spenden unter­stützt werden kann: Volksbank Herrenberg, Nagold, Rottenburg (BIC: ­GENODES1VBH), IBAN DE 0460 3913 1006 7888 2002. bk