Es war klar, dass das Gesamtklassement an diesem Tag mächtig ins Rutschen kommen würde. Weltmeister Mads Pedersen (Lidl-Trek) hat sich den Sieg auf dem zweiten Tagesabschnitt der Deutschland-Tour von Heilbronn nach Schwäbisch Gmünd gesichert. Ein Tag, der bereits einen Vorgeschmack auf die Königsetappe über 211 Kilometer am Samstag mit der ersten schweren Bergprüfung auf der Ochsenwanger Steige lieferte.
Kein Terrain für Sprinter wie am Vortag, stattdessen ein knallhartes Ausscheidungsfahren auf den beiden Schlussrunden am „Sonnenhügel“ über Schwäbisch Gmünd, das erwartungsgemäß viele Opfer forderte. Zu denen gehörte auch der bis dahin beste Deutsche, Jannik Steimle, der mit nun 55 Sekunden Rückstand vom siebten auf den 44. Platz zurückfiel, aber dennoch mit dem Tag zufrieden sein durfte. „Ich konnte nicht erwarten, hier jeden Tag um die Top-Ten mitzufahren“, schaut er zufrieden auf zwei erfolgreiche Anfangstage. Die Zeitabstände im Klassement bewegen sich weiterhin im Sekundenbereich. Zwei schwere Etappen stehen bis Sonntag noch im Programm.
Der Weilheimer war nicht der einzige, der am Freitag nach windanfälligen 175 Kilometern am Schlussanstieg mit Krämpfen zu kämpfen hatte. Bora-Profi Marco Haller stieg sogar kurzzeitig vom Rad. Am 16 Prozent steilen Berg in Lauterburg nahe der Remsquelle musste Steimle 44 Kilometer vor dem Ziel ebenso wie der bis dahin führende Jonathan Milan
Wir haben so viele schöne Anstiege hier, und genau die suchen sie sich aus.
Jannik Steimle hat ein gespaltenes Verhältnis zur Ochsenwanger Steige.
erstmals reißen lassen. Doch die Mannschaft von Lidl-Trek fuhr die Lücke wieder zu – mit dem Weilheimer im Schlepptau. „Ich bin nicht enttäuscht, auch wenn das nicht mein Anspruch ist“, meinte der 28-Jährige nach der Zielankunft nur knapp 30 Kilometer von seinem Wohnsitz in Schorndorf entfernt. Einen Abstecher dorthin gab es trotzdem nicht. Übernachtet wird gemeinsam mit den Kollegen von Q36.5 im Teamhotel in Aalen.
Für die schweizer Equipe war es ein durchwachsener Tag. Zwar liegt Steimles Teamkollege Fabio Christen weiterhin aussichtsreich auf Platz sieben im Gesamtklassement. Allerdings ist für den Italiener Allesandro Fancellu nach einem Sturz im Hauptfeld die Tour mit einem gebrochenen Schlüsselbein beendet.
Am Samstag wartet mit fast 3.000 Höhenmetern die größte Härteprüfung der viertägigen Etappenfahrt. Von Schwäbisch Gmünd geht es über Weilheim, Lenningen und die Uracher Alb in Richtung Schwarzwald mit Ziel in Villingen-Schwenningen. An der 17 Prozent steilen Ochsenwanger Steige geht es für Steimle durch die gewaltigste Fankurve seiner Karriere. „Alle meine Freunde, meine Frau und meine ganze Familie werden dort stehen“, sagt er. „Ich hoffe, dass ich diesen Moment genießen kann.“ Dabei ist der steile und unrhythmische Anstieg hinauf in die Bissinger Teilgemeinde alles andere als Steimles Lieblingsstrecke. „Ehrlich gesagt, bin ich die erst einmal im Training gefahren, als sie für den Verkehr gesperrt war", muss er gestehen und lacht: „Wir haben so viele schöne Anstiege hier, und genau die suchen sie sich aus.“
Seinen Heimatort Weilheim wird er wohl im gut organisierten Hauptfeld passieren. In einer möglichen Ausreißergruppe mitzugehen, nur um sich vorne zu zeigen? Da ist er Profi genug, um zu wissen: „Das macht auf so einer langen Etappe keinen Sinn“, sagt der Weilheimer, zumal bisher kein Ausreißversuch am Ende erfolgreich war. „Die Tour ist noch lang“, meint Jannik Steimle, der bis zum Ende kämpfen will. „Entschieden ist hier noch lange nichts.“