Einst gab es rauschende Ballnächte, am vergangenen Sonntag lediglich ein nüchternes Notprogramm. Die Kirchheimer Sportlerehrung lief, bedingt durch die Pandemie und deren Folgen, in einem äußerst überschaubaren Rahmen ab.
Fast schon sentimental wirkten vor diesem Hintergrund manche Worte des Vorsitzenden des Stadtverbandes für Leibesübungen (SfL) im Einstiegsstatement. Hans-Joachim Brenner erinnerte sich in der Jesinger Gemeindehalle nicht nur an die kultigen und wilden Anfangszeiten der Ehrung mit Tanz und Gesang, sondern auch an das beliebte Stelldichein in späteren Jahren mit manchmal bis zu 200 Sportlerinnen und Sportlern in der Kirchheimer Stadthalle plus nettem Plausch vor und nach dem offiziellen Teil im Foyer.
2022 der krasse Gegensatz: Lediglich drei Dutzend besonders Erfolgreiche standen auf der Liste, lediglich 60 Gäste verfolgten mit FFP2-Maske die Szenerie von großzügig verteilten Stühlen, die Halle war zudem häppchenfreie Zone. „Das heute ist eine Sportlerehrung light“, stellte Brenner nach einem Blick in die Runde pointiert fest.
„Viele Verbände haben kaum Wettkämpfe angeboten, es gab 2021 häufig ein reduziertes Meisterschaftsprogramm“, beschrieb Oberbürgermeister Pascal Bader bei seiner Sportlerehrung-Premiere die Grundproblematik, wies auf eine nicht minder große Schwierigkeit hin: Kindern und Jugendlichen habe im vergangenen Jahr das Sporttreiben unheimlich gefehlt, ebenso vielen Erwachsenen als Ausgleich zum Alltag. Der Dank gelte umso mehr Trainerteams sowie allen Helferinnen und Helfern, die sich auch in Pandemiezeiten um Programme und Angebote gekümmert hätten.
Das Stadtoberhaupt erinnerte zudem in der von Ex-Olympiasprinter Tobias Unger moderierten 60-Minuten-Veranstaltung an die Gemeinschaftsaktion der Kirchheimer Vereine für den von der Flut hart getroffenen TuS Ahrweiler mit einem Erlös von 18 000 Euro (wir berichteten).
Hohe Vor-Ort-Präsenz
Bemerkenswert: Fast alle zu Ehrenden waren bei der vom TSV Jesingen ausgerichteten Ehrung live vor Ort. Tennis-Nachwuchsass Lasse Pörtner beispielsweise ebenso wie der Nordische Kombinierer Jan Andersen. Der 19-jährige Nordisch-Kombinierer klärte über seine weiteren Saisonpläne auf. „Die Weltmeisterschaft Anfang März im polnischen Zakopane wird meine letzte im Juniorenbereich sein“, sagte Andersen, der unter anderem am 18. Dezember des vergangenen Jahres mit einem Sieg beim Alpencup in Seefeld aufhorchen ließ.
In einem voraufgezeichneten Interview erinnerte von der Leinwand herunter Top-Mountainbiker Luca Schwarzbauer an seine Rad-Anfangszeiten im damaligen Wohnort Köngen („Ich bin immer mit einem Kumpel mitgefahren“), aber auch an seine schwärzeste Stunde. „Da hab ich versagt“, blickte Schwarzbauer schonungslos auf die verpasste Qualifikation für die Olympischen Spiele in Tokio zurück.
Barbara Starzmann durfte gleich zweimal nach vorne. Die Nachwuchsjudoka des VfL Kirchheim erhielt nicht nur das Simonsiegel in Bronze für Topplatzierungen auf überregionaler Bühne, sondern neben Turner Alexander Kirchner (verhindert wegen eines Trainingslagers) auch den mit 250 Euro dotierten Sonderpreis der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen. Eigentlich wäre die 15-Jährige just am Sonntag bei den württembergischen Meisterschaften in Steinheim auf Medaillenjagd gegangen. „Doch die Titelkämpfe wurden wegen Corona verschoben“, erklärte die Gymnasiastin. Entmutigen lassen wolle sie sich dadurch nicht: „Ich fühle mich gut in Form und der nächste Wettkampf kommt bestimmt.“ Eine Hoffnung, die jede(r) Sporttreibende gerne unterschreiben dürfte.
Plan B greift
Pünktlich um 11 Uhr saß Lasse Pörtner am Sonntag in der Jesinger Gemeindehalle, gehörte anschließend zu den ersten Ausgezeichneten – nicht selbstverständlich. Noch tags zuvor war das Tennis-Juwel des TC Kirchheim beim ITF-Jugend-Weltranglistenturnier im bayerischen Oberhaching im Rennen. Doch nachdem der 16-Jährige zunächst den an Nummer sechs gesetzten Top-200-Weltranglistenspieler Matej Dodig besiegt hatte, kam gegen Nikolai Barsukov das Aus.
Um rechtzeitig zur Ehrung nach Jesingen zu kommen, griff Plan B. Mutter Katja Pörtner holte den Sohn am Morgen mit dem Auto in Oberhaching ab. Knapp zwei Stunden später gab es kräftigen Szenenapplaus, als er von Kirchheims Oberbürgermeister Pascal Bader das Simonsiegel in Bronze, unter anderem für seinen Triumph bei der Europe Junior Tour in Riga, erhielt. rei