Kirchheim. Entwicklungschancen sind das, was jeder Trainer sucht. Der Schritt nach vorn, das nächste, höhere Ziel. Davon hatte Ralf Wagner in den vergangenen Jahren reichlich. Vor der dritten Landesligasaison seit dem Aufstieg muss Kirchheims Trainer diesmal schwere Rückschläge einstecken. Stagnation droht, oder schlimmer noch: In einer starken Staffel 2 muss man aufpassen, nicht schon früh nach hinten durchgereicht zu werden. Vier Stammspieler sind weg, mit dem an der Schulter verletzten Kreisläufer Fabian Richter hat ein fünfter während der Vorbereitung so gut wie kein Training mit Ball absolviert. Die Nachrücker bringen Talent mit, doch keine Erfahrung in der Landesliga.
Die Reihe der Hiobsbotschaften reißt seit Frühsommer nicht ab. Dabei war die erste auch gleichzeitig die schockierendste: Nach dem zweiten Kreuzbandriss in Folge droht Rückraum-Shooter Marcel Metzger gar das endgültige Laufbahnende. Der urgewaltige Torjäger, der nach Saisonende sechs Württembergligisten abblitzen ließ und dem VfL die Treue hielt, ist nicht zu ersetzen. Damit heißt die einzige Alternative auf Halbrechts Robin Habermeier, der in diesem Jahr beweisen muss, dass er auch in schwierigen Situationen der Mann für die einfachen Tore ist.
Auch auf der linken Seite klaffen Lücken. Zwar werden Florian Schicht und Matthias Bauer auch in der neuen Landesligasaison in der Kirchheimer Halle auflaufen, doch diesmal auf der falschen Seite. Beide kehrten zu ihrem Heimatverein TG Nürtingen zurück. Für Ralf Wagner heißt das: Er muss mit Lukas Lehmann und Leo Real zwei Jungspunde ins kalte Wasser schicken. Beide spielten im vergangenen Jahr noch mit der A-Jugend der JSG Reichenbach-Kirchheim in der Württemberg-Oberliga. Mit Zweitspielrecht zwar, doch über mehr als sporadische Kurzeinsätze in der „Ersten“ kam keiner von beiden hinaus. Dem 1,91 Meter großen Lehmann traut Wagner die Entwicklung zum Stammspieler am ehesten zu. „Er bringt die nötige Physis mit und ist ungemein clever,“ sagt der Kirchheimer Coach.
Improvisieren muss Wagner auch auf der Linksaußenposition: Fabian Smetak wird zumindest bis zum Rückrundenbeginn in den USA studieren – Verlängerung möglich – und Sebastian Humpfer ist seit zwei Wochen endgültig weg. Der Junglehrer auf Abruf bekam überraschend eine Stelle in Crailsheim angeboten. Der vorerst letzte Nackenschlag, der die Kirchheimer vor allem mit Blick auf die Abwehr schmerzen dürfte, denn der Oberliga-erfahrene Ex-Kickers-Spieler war dank seiner Beweglichkeit und Routine in der offensiven 5-1-Deckung der Mann für Sonderaufgaben. Die Alternativen auf dem linken Flügel heißen Julian Mikolaj und Alex Späth, der aus der zweiten Mannschaft kommt.
Wagner bleibt Optimist, bescheinigt seiner Mannschaft trotz aller Rückschläge Landesligaformat. „Wenn alle gesund bleiben“, sagt er, „können wir eine vernünftige Runde spielen“, auch wenn er die diesjährige Staffel stärker einschätzt, als im Vorjahr. Was eine vernünftige Runde bedeutet, lässt er offen und fügt nachdenklich hinzu: „Ich sehe keinen Gegner, von dem wir sagen könnten, dass wir ihn locker hinter uns lassen.“