Die neue Handball-Kooperation zwischen dem TSV Weilheim und dem VfL Kirchheim, die am 23. September in die Hallensaison der Bezirksliga startet, würde ihn mit Kusshand in die Mannschaft einbauen. Doch die Statuten erlauben es nicht. Der große Hoffnungsträger Vincent Uben ist erst 16 Jahre alt – ein Jahr zu jung, um in der „Ersten“ spielen zu dürfen.
Dabei bringt der Junior alle Anlagen mit, um im Handball Karriere zu machen. Er ist schon zwei Meter groß, in seiner Sportart ein seltener Linkshänder, hat einen starken Wurf und ist spielintelligent. „Ein Teamplayer, eine Bereicherung für jede Mannschaft“, sagt sein VfL-B-Jugendtrainer Jens Tombrägel („die Jungs sind mein Tafelsilber“). Noch die einzige Schwäche: Die Kondition. „Er arbeitet dran. Vincent ist sehr lernwillig“, so Tombrägel
Lehrzeit bei Frisch Auf
Sein Talent sprach sich in Handballkreisen schnell herum. Sogar bis in die Bundesliga. Mit 15 holte ihn Frisch Auf Göppingen in seinen Talentschuppen. Fünfmal in der Woche spielte Bettina Uben „Mama-Taxi“, fuhr ihn zum Training und holte ihn wieder ab. „Dazu die Schule, die Hausausaufgaben, dazwischen schnell was zu essen. Das wurde auf Dauer einfach zu viel“, sagt die Mutter und meldete den Sohn schweren Herzens wieder ab.
Per Zufall kam dann Alexander Zimpelmann ins Spiel. Der ist Trainer der Gehörlosen-Nationalmannschaft und wurde auf den Jungen aufmerksam. Im März lud er den Weilheimer zu einem Lehrgang nach Hamburg ein. Dazu muss man wissen: Vincent wurde taub geboren, hat aber mit Implantaten relativ schnell hören gelernt. „Erstaunlich gut“, wie die Mutter versichert. In der Schule schaffte er die Mittlere Reife, sogar mit Belobigung.
Gehörlos bei der „Nati“
Handball im Verein geht für Vincent ohne merkliches Handicap. Nur in der Gehörlosen-Nationalmannschaft wird generell kein Hörgerät getragen. Aus Verletzungsgründen spielen alle komplett taub. Wie kürzlich bei der Weltmeisterschaft in Kopenhagen. In der Hauptstadt Dänemarks war Vincent Uben einer von drei Neulingen in der erfolgreichen Mannschaft: Deutschland schlug sich bis ins Finale durch. Einer Niederlage gegen Kroatien (19:28) folgten drei Siege gegen Serbien (28:23), Dänemark (34:21) und Türkei (31:23). Mit dem zweiten Sieg gegen die Türken (29:27) wurde das Finale erreicht. Ohne Uben, den eine Knieverletzung zum Zuschauen zwang. Wie zum WM-Auftakt dominierten die Kroaten mit 28:22.
Die nächsten großen Ziele der „Deafboys“ sind, wenn es für den Gehörlosen-Verband finanziell machbar ist, die EM 2024 in der Türkei und das Fernziel Olympia der Gehörlosen 2025 in Tokio.