Kirchheim. Neun Wochen nach dem letzten Pflichtspiel stehen die Zelluloidkünstler des VfL Kirchheim am Samstag wieder an den Platten, die ihre Welt bedeuten. Im Heimspiel gegen den Tabellenzweiten Bad Liebenzell will der Aufsteiger nicht nur an die mit Platz fünf erfolgreiche Vorrunde anknüpfen, sondern auch Wiedergutmachung betreiben. „Gegen Bad Liebenzell haben wir unsere schlechteste Saisonleistung abgeliefert, das Ergebnis spiegelt nicht wider, was wir draufhaben“, glaubt der Kirchheimer Spielertrainer Steffen Stoll.
Die 3:9-Pleite gegen die Kurstädter aus dem Schwarzwald Anfang Oktober sitzt noch immer wie ein Stachel im VfL-Fleisch, zumal die Teckstädter danach eine fulminante Serie von fünf Siegen aus fünf Partien hinlegten. „Die Mannschaft ist heiß auf dieses Match“, so Stoll, der von einem Sieg übermorgen auch deshalb überzeugt ist, weil der VfL personell umgestellt in die neun Spiele umfassende Rückrunde geht. Für Axel Schorradt, der die zweite Mannschaft bei deren Kampf um den Wiederaufstieg in die Landesliga verstärken soll, rückt Andreas Rohr ins hintere Paarkreuz. Daneben wird Ausnahmetalent Simon Geßner von Position vier auf eins rücken, was der Trainer nicht zuletzt als Belohnung für dessen Leistungen sieht. „Er hat eine Vorrundenbilanz von 15:1 Siegen, das ist unglaublich“, zollt Steffen Stoll dem 16-jährigen Holzmadener Respekt.
Gemeinsam mit dem zwei Jahre älteren und nicht minder starken Michael Klyeisen hat Geßner bei den routinierteren Teammitgliedern neue Motivation entfacht. „Arrivierte Spieler wie Michael Hohl und Klaus Hummel sind regelrecht über sich hinausgewachsen, das hat für eine richtige Dynamik bei allen gesorgt“, schwärmt Stoll, der selbst im hinteren Paarkreuz aufschlägt und in seinem zwölften Jahr beim VfL, dessen erste, zweite und dritte Mannschaft er seit 2007 auch trainiert, Lunte gerochen hat. „Wenn wir am Samstag gewinnen, müssen wir uns zusammensetzen und das Saisonziel neu definieren“, fordert der 34-Jährige. Schließlich wäre der VfL dann in Schlagweite zu Tabellenplatz zwei, der am Saisonende zum Relegationsmatch gegen den Vizemeister der Verbandsliga Baden berechtigt – die Chancen, als Sieger dieses Duells im darauffolgenden Match gegen den Relegationsteilnehmer der Oberliga um das letzte Ticket für die vierthöchste deutsche Spielklasse zu kämpfen, stünden gar nicht schlecht, gilt der badische Vertreter ob der geringeren Leistungsdichte des dortigen Verbands doch gemeinhin als schwächer.
So weit will aber selbst Steffen Stoll (noch) nicht denken. Zu genau weiß der ehemalige Regionalligacrack des TTC Frickenhausen (1998 bis 2000), dass die Luft ab der Oberliga ohne auswärtige Spieler zu dünn zum Überleben ist. Kein Wunder also, dass die VfL-Verantwortlichen noch im Februar die Verpflichtung eines Neuzugangs für die neue Saison verkünden wollen. Name und Verein werden nicht verraten. Nur, dass die Verhandlungen bereits weit fortgeschritten sind und der neue Mann mit seiner höherklassigen Erfahrung das mittlere Paarkreuz verstärken soll – unentgeltlich, wie Steffen Stoll betont. „Wir sind einer der ganz wenigen Vereine auf Verbandsebene, die ohne bezahlte Spieler auskommen.“
Fragt sich nur, wie lange noch, denn längst ist das „O-Wort“ Oberliga beim VfL nicht mehr tabu. „Als Trainer peile ich den Aufstieg in den nächsten zwei, drei Jahren auf jeden Fall an“, sagt Stoll. Dass die dafür notwendigen Spieler nicht nur wegen des guten Rufs der VfL-Tischtennisabteilung nach Kirchheim kommen beziehungsweise bleiben würden, ist dem gelernten Versicherungsfachwirt, der als Schulungsreferent und -coach bei einer Versicherung arbeitet, klar. „In dem Fall müsste man über die Bezahlung von Spielern reden“, verweist er auf ein Thema, das dank der guten Wirtschaftslage der Abteilung per se nicht einmal das Problem wäre. Größter Stolperstein auf dem Weg zu einer noch größeren Tischtennismacht im Bezirk ist die zu geringe Hallenkapazität. Zwar hat die knapp 100 Mitglieder starke Abteilung nach zähem Ringen um die Belegungspläne einen zusätzlichen Tag in der LUG-Halle bekommen, doch ist dieser nicht so günstig wie es scheint. „Weil es Freitag ist und die Spiele samstags stattfinden, kann man tags zuvor kein kraftraubendes Training absolvieren“, so Stoll.
Da über die Oberliga zu reden unter diesen Voraussetzungen wenig sinnvoll ist, werden Jugend und Aktive vorerst weiter dienstags und donnerstags 30 bis 40 Spieler hoch in einem (!) Hallendrittel üben müssen, was den Tischtennisboom beim VfL auszubremsen droht. „Es kann doch nicht sein, dass wir sportwillige Menschen aus Gründen der fehlenden Hallenkapazität ablehnen müssen“, ärgert sich Stoll.