Mit Karacho landet der Ball im Kopfkissen. Anders als manche ihre Altersgenossinnen plagt Katharina Schloot aber kein pubertätsbedingter Wutanfall. Im Gegenteil: Die Zwölfjährige steckt mitten im Handballtraining – zu Hause vor dem Laptop in Holzmaden. Mit ihren Teamkolleginnen vom TSV Köngen führt sie aus, was der Trainer vorgibt: Wurfübungen in die Bettwäsche.
„Vor einem halben Jahr hätte wohl niemand gedacht, dass wir mal so trainieren würden“, sagt Steffen Müller. Der 38-Jährige betreut seit 2019 nicht nur die weibliche C-Jugend in Köngen, sondern ist auch im Handballbezirk Esslingen-Teck an entscheidender Stelle tätig: Als Referent für Lehre und Nachwuchsförderung bastelt Müller fleißig mit an der Handball-Basis in der Region. Nicht ohne Erfolg: In den Jahrgängen 2008 und 2009 ist der hiesige Bezirk der einzige in Württemberg, der in beiden Altersgruppen eine männliche und weibliche Fördergruppe mit jeweils rund zwölf Kindern stellt.
Talente zu erkennen und weiterzubringen, ist in Coronazeiten allerdings nicht die einzige Aufgabe, der sich Steffen Müller widmet. „Wir schreiben die Jugendleiter aller Vereine im Bezirk regelmäßig an, um Impulse für virtuelles Training zu geben“, sagt er. In engem Austausch mit Markus Scherbaum, der in seiner Funktion als Sportchef der JANO Filder für den Verband die 176 Seiten starke Broschüre „Kinderhandball“ verfasst hat, will er Ideen, Tipps und Motivation unters Volk bringen – ob und wie stark es vor Ort fruchtet, kann Müller nur vermuten: „Klar ist aber, dass das Angebot in den Vereinen mit dem Engagement der Jugendtrainer steht und fällt.“
VfL und HSG OLE sind bemüht
In der Teckregion findet der Bezirksfunktionär offenbar offene Ohren. „Wir bieten zwei Mal die Woche Online-Training an“, berichtet Uwe Hamann, Abteilungsleiter des VfL Kirchheim. Rund 30 Kinder würden das Angebot wahrnehmen, das der Verein ab Februar um eine Lauf-Challenge erweitern will. „Verband und Bezirk sind sehr bemüht“, lobt Hamann, „solche Aktionen mit Leben zu füllen, ist nicht schwierig. Du brauchst halt die Leute dafür.“
Auch im Lenninger Tal hat man die offenbar: Die F- und
E-Jugenden der HSG Owen-Lenningen trainieren beispielsweise wöchentlich. Damit auch das Zusammengehörigkeitsgefühl nicht zu kurz kommt, gab es außerdem vor Weihnachten eine Videobotschaft, durch die der Nachwuchs zu Videos und Bildern ermutigt werden sollte. Ergebnis war ein knapp sechsminütiger Film als Weihnachtsgruß der Täles-Handballer. „Als Belohnung gab es ein kleines Präsent für alle“, sagt HSG-Sprecherin Jana Reichle.
Das Miteinander abseits des Trainings zu pflegen, empfindet auch Bezirks-Nachwuchskoordinator Steffen Müller als große Herausforderung. In seiner Funktion beim TSV Köngen hat er sich dafür kurzerhand die WM in Ägypten zunutze gemacht. Via Teams hat er nach dem Online-Training gemeinsam mit seinen Spielerinnen die Partien der DHB-Auswahl verfolgt. Neben Live-Tipps stand dabei auch das Soziale im Vordergrund. „Die Mädels sind teilweise noch lange nach den Übertragungen online geblieben, um zu quatschen und sich auszutauschen“, so Müller. Dass die deutsche Nationalmannschaft am Montag ihren letzten Auftritt in Ägypten hatte, stört dabei nicht. „Wir werden das bis zum Ende der WM wohl bei noch ein paar Spielen machen“, verrät er, der mit seinem Ideenreichtum möglichst viele Nachahmer erreichen will. „Ich kann nur hoffen, dass noch mehr Vereine Online-Training anbieten“, sagt Müller, „dann habe ich auch wenig Sorge, dass die Kinder nach dem Lockdown wieder bei null anfangen müssen.“
Unabhängig davon, wann das sein wird: Katharina Schloot und die Köngener C-Mädels sind mehr als gewappnet – den Kopfkissen sei Dank.