Kirchheim. Wenn am Wochenende in der Ulmer Kuhberghalle die Kunstturn-Bundesligen der Frauen in zwei Großkampftagen mit insgesamt 247 Turnerinnen aus elf Nationen offiziell die neue Saison eröffnen, sehen sich die Zweitliga-Mädchen des VfL Kirchheim als kleine Lichtlein – die äußeren Vorzeichen verlangen nach Demut. „Die Leistungsstärke eines Zweitbundesligisten haben wir eigentlich nicht“, betont VfL-Trainerin Michaela Pohl. Tatsächlich treten die Kirchheimerinnen nach dem ebenso späten wie unverhofften Aufstieg – der TuG Leipzig hatte erst seinen Rückzug angekündigt und die Deutsche Turnliga (DTL) dem VfL daraufhin einen Startplatz zugesprochen – praktisch mit jener Drittliga-Riege aus der Vorsaison an, die in der Aufstiegsrelegation knapp gescheitert war. Neuzugänge gab es keine, dafür mit Joanna Preuss einen Abgang. Die junge Sillenbucherin beendete ihre Kunstturn-Laufbahn.
Und so hat die neben den Basketball-Knights aktuell ranghöchste VfL-Mannschaft in Ulm und den folgenden Zweitliga-Durchgängen in Stuttgart (25./26. Oktober) und Chemnitz (8./9. November) eine klar defensive Zielsetzung: Für die VfL-Mädchen geht es ausschließlich um den Klassenerhalt. „Ich fürchte jedoch, wir werden vom letzten Tabellenplatz nicht wegkommen und zum Saisonende wieder absteigen“, glaubt Pohl. Ihre Hoffnung, im Achter-Feld auf den zur Abstiegsrelegation berechtigenden siebten (oder sechsten) Tabellenplatz vorzustoßen, ist angesichts der ungewohnten Ausgangslage eher klein. Fragt sich allerdings, wie leistungsstark sich die vermuteten Keller-Rivalen (unter anderem TV Überlingen und KTV Dortmund) in dieser Saison tatsächlich präsentieren werden.
Die VfL-Hoffnung auf einen Überraschungscoup lebt – sonst bräuchte das Team im Bundesliga-Unterhaus erst gar nicht anzutreten. Als erste Hoffnungsträgerin gilt mit Hanna Grosch ausgerechnet die Älteste in der Mannschaft. Die 22-jährige Österreicherin reist mit viel Selbstvertrauen auf den Ulmer Kuhberg an, denn soeben hat sie mit einem siebten Stufenbarren-Platz beim Challenge Cup in Ljubljana das Ticket für die Frauen-Europameisterschaft vom 14. bis 18. Mai in Sofia gelöst. „Mit der Qualifikation hat sie alle überrascht, nicht nur mich, sondern auch sich selbst“, erzählt Michaela Pohl, die von ihrem stolzen Schützling eine entsprechende SMS erhielt. Jetzt liegt es an der Innsbruckerin, ihr Kunstturn-Potenzial just nach dem Slowenien-Trip auch bei den Ulmer Donau-Schwaben abzurufen. Turnt Grosch eine gute Saison, könnten ihre bereits einmal verworfenen Rücktrittspläne abermals fallen, auch wenn sie mit ihrer Schwester Mara Glabonjat (17), österreichische Junioren-Vizemeisterin am Stufenbarren, VfL-intern bereits eine potenzielle Nachfolgerin ins Gespräch gebracht hat.
Auch Dorothee Henzler (21), vor acht Jahren Mannschafts-Bronzemedaillengewinnerin bei der Junioren-EM im griechischen Volos, könnte an der Donau nochmals aufblühen: An die Kuhberghalle hat die zweitälteste VfL-Turnerin als mehrmalige Teilnehmerin der traditionellen „Gymix“-Veranstaltung für Zweier-Teams gute Erinnerungen. „Das Meeting hat Dorothee immer sehr viel Spaß gemacht“, berichtet ihre Trainerin, die jetzt darauf hofft, dass Flair und Stimmung in der Halle allen VfL-Turnerinnen zu Gute kommt. „Wichtig ist, dass die jungen Sportlerinnen von möglichst vielen Zuschauern aus Kirchheim am Samstag unterstützt werden. Es wäre ein Zeichen der Wertschätzung.“ Pohl („Ulm liegt vor der Haustüre“) hofft auf möglichst viele Schlachtenbummler: Wenn überhaupt, kann nur ein VfL-Kollektiv das Abstiegsgespenst verscheuchen.