VfB Stuttgart
Der glühendste VfB-Fan: Oma Traudl in der Choreo

Die 86-jährige Jesingerin Waltraud Bleil ist glühende VfB-Anhängerin und verpasst kein Heimspiel.

Samstag, 12 Uhr mittags – High Noon. Waltraud Bleil wird langsam ungeduldig. Die Ausrüstung – ein VfB-Trikot und der Vereinsschal – ist angelegt. Schließlich wartet „ihr“ VfB Stuttgart beim Heimspiel auf sie. 86 ist sie seit letzter Woche – und verpasst so gut wie keine Partie „im Neckarstadion“, das jetzt, wie sie korrigiert, „MHP-Arena heißt“.

Seit fast 30 Jahren hat sie eine Dauerkarte am Wasen. „Das war eigentlich Zufall“, sagt die ehemalige Kauffrau. „Eigentlich wollten wir damals Karten für verschiedene Topspiele kaufen. Doch die gab’s nicht mehr. Da haben wir halt fünf Dauerkarten genommen – und nie wieder hergegeben.“ Wenn „Traudl“ Bleil im Plural spricht, meint sie damit ihre Familie. Enkel Christoph war der Auslöser für die VfB-Manie, die bis heute lebt. Und Christoph ist auch bis heute ihr Begleiter – wie auch Tochter Elke Ilg und Ehemann Bernd. Ihr vor 25 Jahren verstorbener Mann, sagt sie, sei glühender Fan des FC Bayern gewesen. „Da hing der Haussegen manchmal auch schief,“ lacht Waltraud Bleil mit einem Augenzwinkern.

Als es endlich losgeht, gibt sich die Aufregung. Nächste Station ist die Vereinsgaststätte des Stuttgarter Sportclubs (SSC). Da gibt es eine kulinarische Stärkung, ehe es in die Arena geht. „Früher sind wir mit der Bahn gefahren. Aber seit drei Jahren nehmen wir das Auto“, kärt Waltraud Bleil auf. Dabei ist sie noch gut zu Fuß. Nur ein bisschen Asthma plagt sie. Dann geht es in den Block: 33 c – in der Cannstatter Kurve: Mittendrin statt nur dabei.

Dort ist sie ist bekannt und beliebt. Um die 50 Hände gilt es jedes Mal zu schütteln – und das bei jedem Wetter. Gegen die TSG Hoffenheim war sie einmal gar bei minus 17 Grad an ihrem Stehplatz, der eigentlich ein Sitzplatz ist. „Gesessen wird aber nur vor dem Spiel und in der Halbzeit“, plaudert Waltraud Bleil die Verhaltensmaßregeln im Block aus. Dass die Stimmung dort meist überragend ist, bestätigt die Fußball-Oma, die auch bei der Choreo der Fanclubs in der Kurve stets mitmacht, sofort. „Der VfB ist ihr Lebenselixier“, sagt Tochter Elke über die innige Liebe ihrer Mutter zu den Cannstattern.

Einstmals ein Fan von Balakov, Bobic und Elber ist heute Deniz Undav ihr Favorit. Trainer Sebastian Hoeneß findet sie „super“. Aber auch Armin Veh und „Jogi“ Löw stehen bei Waltraud Bleil noch hoch im Kurs. Und sie spart nicht mit Kritik: „Warum der MV (Anm. d. Red.: der damalige Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder) den Jogi auf Platz vier stehend entlassen hat, verstehe ich bis heute nicht.“ Nie vergessen wird sie das noch präsente Herzschlag-Saisonfinale 22/23, als am letzten Spieltag in letzter Sekunde gegen den 1. FC Köln der Abstieg verhindert wurde: „Das war eine Euphorieexplosion.“ Ans Kürzertreten denkt Waltraud Bleil noch nicht: „So lange ich laufen kann, geh ich zum VfB.“ Eine Knie-Operation vor zwei Jahren hatte sie deshalb auch extra in die Sommerpause gelegt.