Lokalsport
Der Popp-Effekt ist spürbar

Fußball Die Zahl der Mädchenmannschaften in Württemberg hat nach dem Einzug der deutschen Frauen ins EM-Finale zugenommen. Die Hoffnung, dass dies im Aktivenbereich eine Trendwende bedeutet, ist groß. Von Peter Eidemüller

Mehr als drei Monate nachdem die deutschen Fußball-Frauen das EM-Finale erreicht haben, wird der Effekt dieses Erfolgs diskutiert: Haben Alexandra Popp und Co mit ihren Auftritten in England für einen Anstieg an Neuanmeldungen im Mädchen- und Frauenfußball gesorgt? DFB-Präsident Neuendorf hatte in diesem Zusammenhang einen regelrechten Boom beobachtet, dem Vereine und Verbände nicht gewachsen seien. „Wir haben einfach zu wenig Plätze und Kapazitäten, um die Flut an Neuanmeldungen zu bedienen“, fürchtet der oberste Fußballfunktionär im Land.

Rund um die Teck scheint Neuendorfs Einschätzung, was den Boom angeht, zuzutreffen. „Wir haben in der Tat rund 15 neue Mädchen dazubekommen“, berichtet Angelo Docimo, Trainer der Frauen und B-Juniorinnen beim VfL Kirchheim, mit rund 100 Kickerinnen von der E-Jugend bis zu den Aktiven einer der nummerisch größten Vereine im weiblichen Fußball in der Region. Ob der Zuwachs auf das Abschneiden der Frauen bei der EM zurückzuführen sei, kann der seit 2015 an der Jesinger Allee tätige Docimo allerdings nicht sagen. Unabhängig davon: Über zu wenig Plätze und Kapazitäten, um den Neulingen gerecht zu werden, kann man beim VfL nicht klagen: „In der Hinsicht gibt es bei uns keine Probleme“, so Docimo.

Ein paar Kilometer weiter ist das Interesse an Mädchenfußball ebenfalls gestiegen. „Wir hatten nach der EM jede Woche ein bis zwei Anfragen“, berichtet Rolf Schad von der SGM Wendlingen/Ötlingen, „sonst war es vielleicht mal eine pro Monat.“ Dass der Zulauf auf die Frauen-EM zurückzuführen sein, mag Schad zwar nicht ausschließen, schränkt aber ein: „Nach Corona und den Lockdowns gibt es auch einen großen Nachholbedarf, nicht nur im Fußball.“ Der Funktionär, der sich seit 20 Jahren im Frauen- und Mädchenfußball engagiert, glaubt ohnehin nicht an die Zugkraft von internationalen Erfolgen oder überregionalen Events. „Nach der Heim-WM der Frauen 2011 hatten wir auch keinen größeren Zulauf“, erinnert sich Schad.

Insgesamt 55 Teams mehr

Die Bestätigung dieser Rückbetrachtung kommt vom Württembergischen Fußballverband (WFV) aus Stuttgart: „Der damals erhoffte Boom blieb weitgehend aus“, weiß WFV-Sprecher Heiner Baumeister, „allerdings wurde das insbesondere auf das enttäuschende Abschneiden des DFB-Teams zurückgeführt.“ Dass der Vize-EM-Titel 2022 das Viertelfinal-Aus 2011 nicht nur in Sachen Prestige sticht, lässt sich württembergweit an Zahlen festmachen. „Die Mannschaftsmeldungen der E- bis B-Juniorinnen haben im Vergleich zur Vorsaison zugenommen“, bestätigt Anja Fuchs vom WFV, „insgesamt haben wir für die neue Saison einen Zuwachs von 55 Mädchenmannschaften.“

Die Hoffnung, dass dies nach Jahren, in denen Zahlen kontinuierlich gesunken waren, eine Trendwende bedeutet, ist groß: „Diese Entwicklung wird sich in naher Zukunft bei den Frauen bemerkbar machen“, glaubt Anja Fuchs.

Im Bezirk Neckar/Fils, der mit aktuell 22 Frauenmannschaften deutlich über dem verbandsweiten Schnitt von 18 liegt, gab es zur neuen Saison immerhin einen Neuzugang: Die SGM Wäschenbeuren/Gmünd geht in der Kreisliga auf Punktejagd – sehr zur Freuden von Frauenstaffelleiterin Natalie Sigler. „Es gibt wieder mehr Mädchen, die Fußball cool finden“, sagt sie, nicht ohne auf ein statistisches Problem hinzuweisen. „Viele Mädchen spielen in Jungsmannschaften, weil es oft zu wenige sind, um eigene Teams stellen zu können.“