Schön, wenn man Ziele hat, die einen beflügeln. Ziele wie etwa die Teilnahme an den Olympischen Spielen. Dass der Traum von Olympia auch ihm zusätzlichen Antrieb gibt, das hofft der Reuderner Profi-Mountainbiker Luca Schwarzbauer vom MTB Teck vor einem Jahr mit vielen Fragezeichen. Zumal er bei den geplanten Weltcup-Rennen im Frühsommer seine Ambitionen unterstreichen will. „Da werden wir starten, wenn es mit Corona nicht total eskaliert“, sagt der 24-jährige Schwarzbauer. „Bei Olympia kann ich das überhaupt nicht einschätzen.“
Zwei Startplätze soll es in Tokio 2021 für deutsche Mountainbiker geben. Sicher dabei sein wird wohl Schwarzbauers Teamkollege im Schwarzwälder Rennstall Lexware, Maximilian Brandl, der 23 Jahre alte Deutsche Cross-Country-Meister von 2019. Unter den übrigen Bewerbern für das zweite Ticket könnte es eng werden. Die halbe Norm für die Olympia-Teilnahme hat Schwarzbauer bereits mit einem Top-20-Platz im Weltcup 2019. Am 8. Mai beim Heim-Weltcup in Albstadt oder spätestens beim nächsten Wettkampf der Serie eine Woche später in Nove Mesto will der Reuderner die formalen Kriterien endgültig in der Tasche haben.
Entscheiden müssen dann andere. Der Kirchheimer Routinier und mehrfache Deutsche Meister Manuel Fumic wäre unter anderen dann Schwarzbauers direkter Konkurrent im Kampf um den begehrten Platz. „Ich denke, es ist möglich, aber nicht hoch wahrscheinlich“, sieht Schwarzbauer seine Chancen bei „ein bisschen weniger als 50 Prozent“. Aber egal wie groß sie tatsächlich sind, an seinem Traum hält der ambitionierte Reuderener schon allein aus sportpsychologischen Gründen fest. „Als Ziel will ich das in meinem Kopf behalten. Ich will mich damit mental frisch halten“, betont Schwarzbauer, der hart daran arbeitet, dass künftig kaum ein Weg mehr an ihm vorbeiführen wird, wenn nach den stärksten Mountainbikern Deutschlands Ausschau gehalten wird.
Jüngst hat Schwarzbauer die Weichen neu gestellt. Nach seinen starken Leistungen im Jugend- und Juniorenalter wartet der Student des Wirtschaftsingenieurwesens im Feld der Elite noch auf seinen endgültigen Durchbruch. „Ich muss noch mal einen Schritt nach vorne kommen“, sagt er und setzt dabei große Hoffnung auf einen Trainer-Wechsel. Inzwischen überwacht der südafrikanische Profi-Coach Barry Austin die digital aufgezeichneten Leistungsdaten des Reuderners. Trainingspläne gibt’s online, und jeden Montag steht ein Telefonat zwischen dem Trainer, der knapp 30 Kilometer nördlich von Kapstadt sitzt, und seinem Schützling am Fuße der Schwäbischen Alb an. In der Vergangenheit habe er viel nach Gefühl trainiert, sagt Schwarzbauer, vor einigen Jahren teils „massive Fehler“ gemacht. „Es musste sich jetzt unbedingt etwas ändern“, so der 24-Jährige.
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben seine gewohnten Abläufe zur Vorbereitung auf die neue Saison zusätzlich verändert. In den Wintermonaten Dezember und Januar wären eigentlich die Zeiten für Trainingslager auf Mallorca oder in Südafrika. Der weltweite Shutdown lässt ein Aufbautraining unter mediterranen Bedingungen aber nicht zu. Seine Meter spult Schwarzbauer stattdessen Richtung Aichtal, Göppingen oder Schwäbischer Alb ab.
Dass er als Individualsportler von den harten Einschränkungen verschont bleibt, weiß Schwarzbauer dabei zu schätzen. Planungssicherheit hat er in diesen unsicheren Zeiten zumindest für ein weiteres Jahr. Erst kürzlich hat er seinen Vertrag beim Lexware Mountainbike-Team verlängert. Dass es aber auch in der Radsportszene unter den neuen Umständen schwer ist, ausreichend Sponsoren an sich zu binden, ist alles andere als ein Geheimnis. 2020 war auch für die Branche auf zwei Rädern ein schwieriges Jahr mit wenigen, aber eng aufeinanderfolgenden Rennen. „Es gab nur wenig Gelegenheiten für die Fahrer, ihr Können unter Beweis zu stellen“, betont Schwarzbauers Teammanager Daniel Berhe.
Das soll sich im Olympia-Jahr wieder ändern. Sollte sich für Luca Schwarzbauer im Sommer sein großer Traum von den Olympischen Spielen nicht - oder noch nicht - erfüllen, wird er trotzdem an seinem „primären Ziel“, wie er sagt, festhalten: „Ich will einen Schritt nach vorne machen.“
WM auf der Lieblingsstrecke
Gelegenheiten dazu wird es voraussichtlich nicht nur bei den insgesamt sechs geplanten Weltcup-Rennen geben. Ab dem 25. August sind im italienischen Val di Sole auch noch die Weltmeisterschaften terminiert. Die Piste im Trentino zählt wegen ihrer Beschaffenheit (kurze steile und lange flache Anstiege) zu Schwarzbauers Lieblingsstrecken. Gute Voraussetzungen also für 2021 und für das endgültige Ende einer sportlich eher durchwachsenen Zeit.