Lokalsport
Die 2-G-Regel im Jugendfußball spaltet

Corona Ab 1. Februar müssen Nachwuchskicker zwischen 12 und 17 Jahren vermutlich geimpft oder genesen sein, um am Trainings- und Spielbetrieb teilzunehmen. In Vereinen sieht man das kritisch. Von Max Pradler

Für Erwachsene ist es im Vereinsfußball bereits seit vielen Wochen Gesetz: Ungeimpfte Spieler und Trainer sind vom Trainings- und Spielbetrieb ausgeschlossen. Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren hingegen können dank der Übergangsregelung bislang weiterhin problemlos am Übungsbetrieb teilnehmen und mit einem tagesaktuellen Antigen-Schnelltest Zutritt zu sämtlichen 2-G-Einrichtungen erhalten. Schülerinnen und Schüler sind während der Unterrichtszeiten sogar ganz von der Nachweispflicht ausgenommen, weil sie in der Schule regelmäßig getestet werden. In den Ferien müssen allerdings auch sie einen tagesaktuellen Schnelltest vorlegen.

Doch diese Schonfrist ist bald vorbei: Ab 1. Februar wird die 2-G-Regelung laut Landesregierung auch auf Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren konsequent angewendet. Die regelmäßigen Schultestungen genügen dann nicht mehr, da für die Jugendlichen ab 12 Jahren von der Ständigen Impfkommission bereits seit August 2021 eine Corona-Schutzimpfung empfohlen wird.

Daher hat nun auch der Würt­tembergische Fußballverband (WFV) angekündigt, den Trainings- und Spielbetrieb in der Jugend voraussichtlich unter diesen Regelungen zum Rückrundenstart wieder aufzunehmen. Was auf den ersten Blick Hoffnung macht auf eine Rückrunde mit sportlichem Kräftemessen, stellt viele Vereine vor riesige Probleme. „Die Impfquote bei
 

„Die Kinder haben im Lockdown
bereits genug gelitten.
Marc Butenuth
Der Fußball-Abteilungsleiter im VfL Kirchheim zum Jugendbetrieb unter Pandemie-Bedingungen
 

den Jugendlichen ist nochmals deutlich geringer als bei Erwachsenen. Man kann deshalb davon ausgehen, dass einige Teams keine Mannschaft mehr stellen können“, meint Marc Butenuth, Fußball-Abteilungsleiter im VfL Kirchheim. Die Voraussetzungen für einen fairen sportlichen Wettkampf seien dadurch nicht mehr gegeben.

„Die Intention der Regierung, möglichst viele Menschen zur Impfung zu bringen, ist zweifellos nachvollziehbar. In diesem Kontext aber auch sehr schwierig, weil die Entscheidung ein 12- oder 13-Jähriger in der Regel nicht selbst treffen kann. Das übernehmen die Eltern für ihr Kind“, spricht der VfL-Fußballchef als dreifacher Vater aus eigener Erfahrung. „Für mich persönlich war eine Impfung selbstverständlich, aber wenn es um die eigenen Kinder geht, betrachtet man vieles aus einem anderen Blickwinkel.“

Generell ist das Thema für den 45-Jährigen ein gesamtgesellschaftliches Problem: „Wenn, dann muss die Regierung das mit einer allgemeinen Impfpflicht lösen. Aber zumindest die Kinder haben im Lockdown bereits genug gelitten“, findet Butenuth. „Ihr Hobby – das beim Fußball auch noch im Freien stattfindet – war da lange Zeit der einzige soziale Kontakt außerhalb der Schule.“ Sein Vorschlag: „Ich hätte die Saison mit der aktuellen Regelung, die durch die ständigen Tes­tungen ja ohnehin schon sehr auf Sicherheit bedacht ist, so zu Ende ge­spielt. Im Sommer kann man dann immer noch auf 2G umstellen, bloß jetzt kommt eben alles ziemlich kurzfristig.“

Der gleichen Meinung ist auch Christopher Wilke, Mitglied der Abteilungsleitung und Jugendtrainer beim SV Nabern: „Ich kann definitiv Verständnis für die Entscheidung des WFV aufbringen, jedoch tut es mir vor allem für die Jüngeren leid, da sie in der Hinsicht von der Einstellung ihrer Eltern abhängig sind.“ Gerade im Hinblick auf den Trainings­alltag beim SVN würde sich der 24-Jährige eine andere Regelung wünschen: „Bei uns kommen die meisten Kinder bereits umgezogen mit dem Fahrrad ins Training und gehen danach auch gleich wieder. Die Innenräume und Kabinen werden daher kaum betreten.“

Erhebliche Probleme befürchtet derweil Thomas Reinöhl, Abteilungsleiter Sport im TSV Jesingen: „Da werden vermutlich einige Vereine nicht mehr antreten können. Die älteren Jugendmannschaften schon eher, aber je jünger, desto problematischer aufgrund der geringen Impfquote.“ Die eigene Jesinger Jugend sieht der 35-Jährige für die neue Verordnung zwar personell gut gewappnet, der enorme organisatorische Aufwand aus Vereinssicht mache allerdings zu schaffen. „Immerhin dürfen wir mittlerweile datenschutzrechtlich alles erfragen, sonst hätten wir ja kaum mehr einen Überblick“, schildert Reinöhl das Problem.

Zudem ist der aktuelle Interims­trainer der Jesinger „Ersten“ der Auffassung, dass die Hürde der 2-G-Regelung weit über den Jugendbereich hinausgeht. „Wir sehen es ja selbst bei uns in der Bezirksliga, wie es plötzlich bei dem einen oder anderen Team personell sehr knapp wird. Ich bin gespannt, was die Rückrunde sportlich mit sich bringt.“

Sportvereine finden bei Landesregierung Gehör

Eine Initiative mit Teilerfolg: Insgesamt 88 Sportvereine aus Baden-Württemberg hatten sich Ende Dezember mit einem offenen Brief an die baden-württembergische Regierung gewandt, mit der Bitte, die geplante 2-G-Regel im Jugendbereich nochmals zu prüfen. Ihre Befürchtung: der Ausschluss von mindestens jedem dritten Jugendlichen vom Vereinssport aufgrund der zu erwartenden Impfquote in dieser Altersgruppe.
Diesem Wunsch ist die Landesregierung nun nachgekommen. Laut einer Mitteilung des Landessportverbandes Baden-Württemberg wird „die Regelung im Januar nochmals auf den Prüfstand gestellt“. So könnte nun gegebenenfalls doch noch eine entsprechende Übergangsregel in Betracht kommen, wonach Kindern, die soeben erst zwölf Jahre alt geworden sind, ein angemessener Zeitraum eingeräumt wird, um sich vollständig impfen zu lassen. max