Basketball 2. Liga
Die dünne Personaldecke wird für die Knights zur Hypothek

Ein Kraftakt rettet dezimierten Kirchheimern die Bilanz am Doppelspieltag. Mit Blick aufs Restprogramm stimmt das eher nachdenklich.

Verbrachte die letzten viereinhalb Minuten des Spiels gegen Karlsruhe auf der Bank: James Graham (vorne) musste am Sonntag nach dem fünften Foul vom Spielfeld. Foto: Silas Kunz

Wer über sich hinauswächst, der hat das Publikum auf seiner Seite. Den stehenden Applaus von den Rängen hatten sich die verbliebenen acht Aufrechten am Sonntagabend nach der Schlusssirene gegen Karlsruhe redlich verdient. Dass Zweitliga-Basketball zum Kraftakt wird, wenn die Saison in die entscheidende Phase geht, ist am Standort Kirchheim fast schon normal. Aus vorhanden Mitteln ein Maximum an Qualität zu schöpfen, fordert bei der Kaderplanung vor allem eines: Mut zur Lücke. Kommen irgendwann Verletzungen und Krankheit dazu, dann wird diese Lücke schon mal größer. Ohne den erkälteten Toni Dorn und den weiterhin verletzten Miryne Thomas an den Brettern verhieß das sonntägliche Duell gegen Angstgegner Karlsruhe wenig Gutes. Schließlich wacht unterm Korb der Löwen mit Maurice Pluskota einer der besten Rebounder in der Pro A seit Jahren.

Kirchheims Head Coach Igor Perovic musste also aus der Not eine Tugend basteln und die hieß vor allem: hohes Tempo und eine giftige Defense als Mittel gegen den Größennachteil.

Die Rechnung ging auf. Weil sich die Karlsruher trotz hochprozentiger Trefferquote in der ersten Spielhälfte allzu bereitwillig den Schneid abkaufen ließen. Auch deshalb, weil die Ritter ihre fast schon gewohnte Schwächephase nach starkem Beginn und komfortabler Führung diesmal schadlos überstanden und den Energiepegel am Anschlag hielten. Diesmal galt: Jeder für jeden und gemeinsam gegen den Rest.

Am Freitag in Nürnberg war das noch anders gewesen. Dort verlor sich die Mannschaft wie schon so oft seit dem Jahreswechsel in fruchtlosen Einzelaktionen, die jedes Teamplay früher oder später abwürgen. Kirchheims US-Dreigestirn mit Henry, Graham und Norris, das gegen Karlsruhe deutlich mehr als 30 Minuten durchhalten musste, wird dann anfälllig für falsche Entscheidungen.

Die zwei konträren Seiten des Cameron Henry, der in der Pro A zweifellos zu den komplettesten Spielern zählt, wurde am Sonntag in zwei Aktionen deutlich: Henrys irrwitziges Dribbling mit abschließendem Rückhandpass auf Lucas Mayer zum 75:66 im Schlussviertel war die Szene des Abends. Doch schon wenig später hatte Kirchheims Topscorer maßgeblichen Anteil, dass die Lions das Spiel wieder spannend machten und gut zwei Minuten vor dem Ende plötzlich auf drei Punkte dran waren. Dabei hatten die Karlsruher im Schlussabschnitt rekordverdächtig früh die Teamfoulgrenze gerissen. Doch statt im Eins-gegen-Eins das Foul zu ziehen und sich die Punkte an der Freiwurflinie zu sichern, wählte Henry den schweren Dreier und scheiterte.

Dass zwischen Genie und Wahnsinn beim US-Trio manchmal kein Blatt passt, wissen auch Kirchheims Verantwortliche. Coach Igor Perovic muss seine Mannschaft Woche für Woche neu auspendeln zwischen künstlerischer Freiheit und notwendiger Disziplin. Dass die Knights die wenigsten Assists der Liga, aber die sechstbeste Dreier-Quote aller 16 Mannschaften in der Pro A verbuchen, unterstreicht das Dilemma. Selbst wenn Knights-Sportchef Chris Schmidt der Statistik wenig Vertrauen schenkt. „An unterschiedlichen Standorten wird eben unterschiedlich gescoutet,“ sagt er. „Meine Wahrnehmung deckt sich nicht mit diesen Zahlen.“

Gefühle hin, Statistik her – es gibt viele Signale, die neben den weiterhin nur zwei Punkten Rückstand im Kampf um die Play-offs Hoffnung machen. Ein Lucas Mayer, der als Energizer immer wichtiger wird. Ein Toni Dorn, der endlich den Glauben an sich selbst gefunden zu haben scheint. Auch Neuzugang Gian Aydinoglu, der mit seinen erst 21 Jahren verteidigt wie ein mit allen Wassern Gewaschener. Und trotzdem: Ohne bei Künstlern wie Henry oder Graham die Zügel locker zu lassen, wird es nicht gehen. Miryne Thomas könnte mit etwas Glück in dieser Woche vom Individual- zum Mannschaftstraining wechseln. Ob es bis Samstag reichen wird, ist auch bei Center Toni Dorn ungewiss. Was zu befürchten steht: Mit acht Mann – so wie am Sonntag – wird die nächste Fahrt nach Trier zum Opfergang.