Lokalsport
„Die deutsche Mannschaft kann bei der EM viel erreichen“

Interview Die Handball-Junioren sind Weltmeister, die EM im eigenen Land steht vor der Tür. Ex-Bundestrainer Heiner Brand glaubt an den Heimvorteil – aus eigener Erfahrung. Von Bernd Köble

Heiner Brand ist der Name, der wie kein anderer mit dem deutschen Handball in Verbindung steht. Wir haben den zweifachen Weltmeister und ehemaligen Bundestrainer am Rande des Owener SV-Cups zu den Aussichten vor der Heim-EM im kommenden Jahr befragt.

Die deutschen Junioren sind ein halbes Jahr vor Beginn der Heim-EM Weltmeister. Darf der Handball in Deutschland auf eine neue goldene Generation hoffen?

Heiner Brand: Da sollte man, glaube ich, etwas geduldig sein. Ich freue mich natürlich über den Erfolg und dass die Mannschaft soviel Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Aber für die meisten ist es noch ein langer Weg bis ganz nach oben Da muss man trennen. Wichtig ist, dass die Verantwortlichen, insbesondere die Trainer, fürsorglich mit den Jungs umgehen. Dass man sie im Ligabetrieb nicht überfordert und frühe Verletzungen vermeidet. Dann haben wir sicher einige Spieler, die es ganz nach oben schaffen können. Man sollte zum jetzigen Zeitpunkt aber vorsichtig sein mit solchen Prognosen.

Wie groß ist ihre Hoffnung auf ein neues Wintermärchen 2024?

Die Chance vor eigenem Publikum ist immer da. Davon haben wir beim Gewinn des WM-Titels 2007 profitiert, selbst bei der WM 2019, als wir Vierter geworden sind, war der Heimvorteil ein Faktor. Es ist aber natürlich auch immer ein gewisser Druck da, den man erst mal ertragen muss. Ich denke jedoch, die deutsche Mannschaft kann bei dieser EM viel erreichen, auch wenn man sehen muss, dass andere Nationen wie Dänemark oder Schweden zuletzt einen stärkeren Eindruck hinterlassen haben. Bei so einem Turnier kann vieles passieren. Deshalb bin ich vorsichtig optimistisch.

Von einem Heimturnier erhofft sich jeder Verband eine Initialzündung, einen neuen Boom. 2007 hat man gesehen, dass das kein Selbstläufer ist. Was müsste man 2024, unabhängig vom Erfolg, besser machen?

Damit habe ich mich ehrlicherweise noch nicht beschäftigt. Wir hatten nach dem Turnier 2007 einen gewaltigen Zulauf im ersten Jahr. Dass so ein Trend nachhaltig ist, ist schon schwierig. Ich glaube, da hat noch keiner ein Patentrezept gefunden. Die Konkurrenz ist einfach sehr groß. Wenn wir auf Dauer gut sind, hat man vielleicht die Chance, so etwas zu festigen. Deshalb ist der Junioren-Titel auch so wichtig. Ein einziges Turnier reicht da aber nicht aus.

Sie sind das bekannteste Gesicht im deutschen Handball. Es gibt sonst wohl keinen in diesem Sport, den man überall auf der Straße erkennen würde. Irgendwer hat mal etwas despektierlich den Begriff vom „Schnauzer der Nation“ geprägt. Ist das mit inzwischen 70 Jahren eher Belastung oder genießt man das?

Als Belastung würde ich es auf keinen Fall sehen. Von dieser Situation habe ich schließlich profitiert. Insofern steht man auch in der Pflicht, etwas zurückzugeben. Das mache ich gerne, so wie hier beim Turnier in Owen. Insbesondere wenn Kinder oder Jugendliche auf mich zukommen, die mich natürlich kaum kennen. Die Erfahrungen, die ich mache, sind meistens schön. Der Großteil der Leute ist höflich. Was mich erstaunt, ist, dass das Interesse an mir immer noch so groß ist.