Lokalsport
Die Gentners: Fußball-Adel vom Hohenneuffen

Erfolgs-Trio Die Karrieren der drei Gentner-Brüder Michael, Christian und Thomas haben ihren Ursprung in Beuren und führten von dort über den VfL Kirchheim in unterschiedliche Teile des Profibereichs. Von Klaus Schlütter

Im elterlichen Garten in Beuren jagen drei Brüder und ein paar Nachbarjungs dem Ball hinterher. Es geht richtig zur Sache. „Eine harte Schule, die uns geprägt hat“, erinnern sich Michael (39), Christian (36) und Thomas Gentner (33) gerne an leidenschaftlich geführte Duelle auf zwei kleine Tore.

Drei Jahrzehnte später stehen die Tore im Garten immer noch. Für die drei Brüder eine schöne Erinnerung an eine unbeschwerte Kinderzeit. Die Tore stehen jedoch auch symbolisch für den Start von drei unterschiedlichen Karrieren, die alle drei in der Jugend über den VfL Kirchheim führten.

Michael, der Älteste, war ein Jahr lang Nachwuchstrainer bei den „Blauen“, nachdem er vorher seine kurze aktive Laufbahn in Erkenbrechtsweiler beendet hatte. Vom VfL zog es ihn zum VfB Stuttgart, wo er über 20 Jahre lang viel Erfahrung in unterschiedlichen Positionen im Nachwuchs-Leistungszentrum sammelte und erfolgreich umsetzte. Er war dessen Chef, Jugendtrainer und zwischenzeitlich Interimscoach der U21.

Anfang dieses Jahres führte sein Weg zum VfL Wolfsburg, den Bruder Christian als Spieler schon zweimal beschritten hatte. Seit 1. Februar ist Michael Gentner neuer Direktor der Fußball-Akademie in der VW-Stadt und damit Nachfolger des ehemaligen VfB-Profis Pablo Thiam, den es zu Hertha BSC zog. „Ich hatte viele tolle Jahre beim VfB. Aber nun war es an der Zeit, etwas Neues anzugehen“, sagte er und unterzeichnete einen Vier-Jahres-Vertrag. „Michael ist ein absoluter Fachmann, verfügt in der Ausbildung von Talenten über eine immense Erfahrung. Darüber hinaus ist er im Miteinander immer verbindlich und vertrauensvoll“, so VfL-Sportdirektor Marcel Schäfer.

Thomas jetzt Spielerberater

Auch Thomas, der jüngste der drei Gentners, machte auf dem Gang nach Stuttgart einen kurzen Umweg über die Jesinger Allee. Der folgende Trikotwechsel von Blau auf Weiß mit rotem Brustring brachte ihm allerdings kein Glück. Bereits mit 18 erlitt der hoch talentierte Linksfuß drei Kreuzbandrisse, die eine ganz große Karriere verhinderten. Der erste passierte in einem internen Trainingsspiel auf dem VfB-Gelände mit Bruder Christian, als Thomas mit dem Fuß im Rasen hängen blieb. Die Stuttgarter Kickers, Eintracht Frankfurt II, TuS Koblenz und SGV Freiberg waren später seine Stationen, bis er vor zweieinhalb Jahren die Kickschuhe an den Nagel hängte. Als Spielerberater führt er inzwischen eine Agentur mit sechs Mitarbeitern.

Der bekannteste und erfolgreichste der drei Gentner ist Chris­tian. Er begann als Drei­käsehoch mit dem Kicken und spielt im Alter von 36 Jahren beim FC Luzern in der Schweiz immer noch auf Erstliganiveau. Ein untadeliger Sportsmann, mannschaftsdienlich und kollegial. Der Kapitän im zentralen Mittelfeld kann stolz auf seine bisherige Karriere zurückblicken, die in der C-Jugend auch zum VfL führte. Sie hatte viele Höhepunkte. „Crissi“ musste aber auch manchen Tiefschlag einstecken wie den Bruch von Schien- und Wadenbein im Alter von 17 Jahren.

Am 16. September 2017 wurde er im Bundesligaspiel gegen den VfL Wolfsburg unabsichtlich vom Knie des Torhüters Koen Casteels am Kopf getroffen. Gentner blieb bewusstlos liegen. Er drohte zu ersticken, weil seine Zunge den Atemweg versperrte. Der Teamarzt war sein Retter. Brüche der Augenhöhle, des Jochbeins und des Oberkiefers waren weitere Folgen des Zusammenpralls, der zum Glück ohne bleibende Schäden blieb.

Schicksalsschlag im Stadion

15 Monate später der schwerste Schicksalsschlag im eigenen Stadion im Beisein der ganzen Familie. Unmittelbar nach dem 2:1-Sieg gegen Hertha BSC brach Herbert Gentner (65) auf der Tribüne mit einem Herzinfarkt zusammen. Der Sohn saß gerade beim Ausradeln auf dem Ergometer, als er die Nachricht bekam. Er eilte zum Vater, aber es war schon zu spät. Christian: „Er war der Fels in der Familie und ein Teil unserer Karriere.“

Seine Laufbahn neigt sich langsam zu Ende, aber der Schlusspunkt steht noch nicht fest. „Ich habe bisher nur grobe Pläne. Möglich, dass ich in Luzern noch ein Jahr dranhänge“, sagt er. Die Entscheidung hängt wohl auch damit zusammen, ob sich der FC Luzern in der ersten schweizer Liga noch retten kann oder nicht. Auf jeden Fall wird Christian Gentner dem Fußball verbunden bleiben. Aktuell macht er einen Manager-Kurs. Für eine mögliche Rückkehr zum VfB? Das Urgestein mit zweideutigem Lächeln: „Es ist nichts auszuschließen.“