Basketball 2. Liga
Die Knights packt der Novemberblues

Bremst die Verletzung von Tyrel Morgan die geplante Herbstoffensive? Die Suche nach kurzfristigem Ersatz dürfte schwierig werden.

Der skeptische Blick ist berechtigt: Knights-Cheftrainer Igor Perovic und seiner Mannschaft stehen problematische Wochen mit Verletzungssorgen bevor. Foto: Nina Sander

Igor Perovic ist wahrlich keiner, der sein Herz auf der Zunge trägt. Bis auf wenige Momente in besonders hitzigen Phasen wirkt Kirchheims Head Coach stets beherrscht, hält sein Innenleben gut geschützt vor äußeren Einflüssen. Dennoch dürfte es in diesen Tagen in ihm kräftig brodeln. Spätestens seit der 78:97-Niederlage am Samstag in Göttingen muss Perovic sich fühlen wie ein Race-Champion, dem im selbst getunten Renn-Boliden in der Schikane plötzlich ein Hinterrad fehlt. 

Mit sieben Spielern haben die Kirchheimer beim einstigen Erstligisten die Partie am Samstag beendet. Nach einer kraftraubenden ersten Hälfte mit ebenso erfolgreichem wie sehenswertem Basketball war im zweiten Durchgang der Akku leer. Aeneas Jung, den die Fans die Woche zuvor gegen Nürnberg noch gefeiert hatten, war wegen einer Fußverletzung erst gar nicht einsatzfähig gewesen, Tyrel Morgan Mitte des zweiten Viertels ebenfalls verletzt raus. Der ohnehin schon dünne Kader der Knights wird zum Problem – schneller als manche Pessimisten befürchtet hatten.

Das Ärgerlichste daran: Die Verletzung fällt in eine Phase, in der die Mannschaft vieles richtig macht – und das Richtige auch ziemlich gut: hohes Tempo, schnelles Umschalten, gute Reboundarbeit, aggressives Verteidigen. Eine Halbzeit lang agierten die Ritter gegen den klaren Favoriten komplett auf Augenhöhe. Wie schon Nürnberg die Woche zuvor war auch der Aufstiegskandidat in der Anfangsphase mit den Fast-Break-Wellen der Gäste sichtlich überfordert. Allerdings ist Göttingen kein Gegner, der lange braucht, um die eigene Qualität auf die Schiene zu setzen. Gute Ballbewegung, immer wieder der Extra-Pass zum freien Mann. Am Ende punkteten sechs von zwölf Spielern, die an diesem Abend auf dem Parkett standen, zweistellig. Weil bei den sieben Aufrechten auf der Gegenseite irgendwann die Kräfte nachließen, stand in der Kirchheimer Bilanz am Ende – wenig überraschend – minus 19 unterm Strich.

Ich traue der Mannschaft zu, dass sie auch diese Phase übersteht.

Chris Schmidt, der Teamchef der Knights, über die komplizierte Suche nach Ersatz für den verletzten Tyrel Morgan.

Perovic ist derzeit nicht zu beneiden. Der Serbe hat ein klares Spielkonzept und dafür auch das passende Personal. Eigentlich. Der langzeitverletzte Lukas Zerner war der erste Stein, der aus dem Sockel brach, noch ehe es losging. Die Knights haben schnell reagiert und hochkarätig nachverpflichtet. Der Ex-Ulmer Nico Bretzel hat mit seiner Erfahrung und Präsenz auf Anhieb eine tragende Rolle eingenommen. Unterm Korb ist Bretzel allerdings ein ganz anderer Spielertyp als der flinke und flexibel einsetzbare Zerner.

Tyrel Morgan, dem Perovic in seiner Rookie-Truppe das größte Potenzial bescheinigt, hatte in der Vergangenheit immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen. Am Samstag war er bereit – bis vier Minuten und 26 Sekunden vor der Halbzeitpause, als er sich bei einer unsanften Landung versuchte, mit der Hand abzustützen. Die Diagnose Mittelhandbruch gab es noch am selben Abend in einer Göttinger Klinik. „Er war am Boden zerstört“, sagt Perovic und hätte dabei auch für sich und die ganze Mannschaft sprechen können. Morgan ist ein, wenn nicht gar der Schlüsselspieler in Perovics Konstrukt, auch wenn das auf den ersten Blick bisher noch nicht zur Geltung kam.

Gleichwertig ersetzen wird man den Allrounder auf die Schnelle nicht können. Die Suche nach Verstärkung für einige Wochen läuft trotzdem auf Hochtouren. Ab dem 22. November sind zwei Wochen Länderspielpause, bis zum Auswärtsspiel am 6. Dezember im Artland erscheint ein Comeback einigermaßen realistisch. Macht unterm Strich sechs Spiele, in denen nach dem harten Auftaktprogramm der eine oder andere Punkt fest eingeplant ist. „Die Situation im Moment ist sehr schwierig“, meint der Head Coach. „Wichtig ist jetzt, dass der Rest der Mannschaft gesund bleibt. Dann können wir die nächsten Wochen überleben“.

Maximale Qualität für begrenztes Geld bedeutet zwangsläufig, auf Tiefe im Kader zu verzichten. Eine Regel, die in Kirchheim eigentlich schon immer gilt, die Perovic angesichts der Rahmenbedingungen jedoch scharf zugespitzt hat. Aus Überzeugung, deshalb bleibt er auch jetzt dabei: „Acht Spieler reichen aus“. Was er meint: acht, die gesund sind.

„Verletzungen sind für uns immer der Worst Case“, bringt es Teammanager Chris Schmidt auf den Punkt. „Mit unserem Budget sind wir nur dann konkurrenzfähig, wenn alles nach Plan läuft“. Am Sonntag kommt mit Leverkusen ein Gegner, der am Wochenende gegen den Tabellendritten Bremerhaven seinen zweiten Saisonsieg über die Zeit gerettet hat. Chris Schmidt wird bis dahin wohl einige Namen unter die Lupe nehmen müssen. Wie frustrierend die Situation ist? „Wir lassen uns jetzt nicht von Frust leiten, sondern machen einfach unseren Job“, sagt er. „Ich traue der Mannschaft zu, dass sie auch diese Phase übersteht.“