Viele hatten darauf gehofft, daran geglaubt wohl deutlich weniger. Die klare Botschaft nun an alle Zweifler: Zweitliga-Basketball in der Sporthalle Stadtmitte kann auch in der neuen Saison richtig Spaß machen. Von einem unterhaltsamen Freitagabend-Spiel zu reden, wäre untertrieben angesichts eines mehr als drei Viertel dauernden Feuerwerks gegen sichtlich beeindruckte Nürnberger. Igor Perovics Plan ging auf. Kirchheims Head Coach hatte den Gegner unter die Lupe genommen und dabei viel individuelle Qualität entdeckt, wie er sagt. Das Gegenmittel: Früher Druck, wenig Freiräume, „wir wollten von Beginn an den Ton setzen“. Das gelang. Wo sich der Gegner nur schwer beeindrucken ließ, betrieben die Gastgeber erfolgreich Schadensbegrenzung. Nürnbergs Neu-Import Brandton Chatfield verzeichnete mit 15 Punkten und zehn Rebounds zwar sein drittes Double-Double im dritten Spiel. Ein Gamechanger war der bewegungsschnelle Center an diesem Abend dennoch nicht.
Das eigentlich Bemerkenswerte: Es braucht kein Highscore-Game jenseits der Hundert-Punkte-Marke, um als Mannschaft zu überzeugen. Auch wer Punkte mit großer Leidenschaft verhindert, kann die Halle zum Beben bringen. Wenn die eigenen Würfe dann, anders als in den Wochen zuvor, endlich fallen – umso besser. Sieben von 14 Dreiern immerhin waren es bis zur Pause. Die Gäste aus Franken hatten bis dahin exakt einen ihrer 14 Versuche getroffen. Zu viel Risiko, zu viel Not beim Abschluss. Die viel gelobte Mannschaft von Ralph Junge, die am ersten Spieltag noch Tübingen aus der eigenen Halle gefegt und die hundert Punkte dabei voll gemacht hatte, kassierte in kürzester Zeit entscheidende Wirkungstreffer. Kirchheim war diesmal vom Start weg da, und der enorme Druck hielt – bis weit hinein ins Schlussviertel. Dass angesichts einer zeitweiligen 27-Punkte-Führung mit den Kräften auch die Konzentration nachließ – geschenkt. „Wir haben klug verteidigt, Zeit von der Uhr genommen und den Gegner dadurch häufig zu schlecht vorbereiteten Würfen gezwungen“, zieht Igor Perovic ein zufriedenstellendes Fazit.
Der erste Saisonerfolg in einem Schlüsselspiel. „Bei einer dritten Niederlage wäre der Druck in Göttingen groß gewesen“, zeigt sich auch Sportchef Chris Schmidt erleichtert. Überrascht hat ihn der Auftritt am Freitag nicht. „Dass in der Mannschaft die richtige Einstellung und enorm viel Mut und Kampfgeist steckt, konnte jeder schon in Crailsheim sehen“, sagt er. „Was sie jetzt finden muss, ist ihren Rhythmus“. Rückschläge mit eingerechnet. Schmidt: „Wir sind auf keiner Rolltreppe, die nur nach oben führt“.
Tatsächlich: Wer es sehen wollte, konnte es sehen. Mehr als die 88 Punkte in Crailsheim haben die Ritter bisher keinem Gegner erlaubt. In Sachen Rebounds steht die Mannschaft nach drei Spielen auf Platz drei im Team-Ranking, wobei am erfolgreichsten am defensiven Brett gearbeitet wird. Ein Steckbrief, der noch wenig aussagt und trotzdem unterstreicht, was viele denken: Die Mentalität in der Mannschaft kann womöglich manches Defizit glätten. Aeneas Jung und Lucas Mayer haben diesen Eindruck am Freitag auch mit Zahlen unterfüttert: Jung verzeichnete sein erstes Double-Double, Mayer war – wie schon gegen Crailsheim – mit 18 Punkten und neun Rebounds nah daran. Die symbolträchtigsten Szenen im Nürnberg-Spiel aber lieferte Tylan Pope. Das Kraftpaket kämpfte in allen Lagen verbissen um jeden Ball: im Fallen, im Liegen, in der Luft. Sein Teamkollege Nico Bretzel erlebte dies alles nur von zu Hause aus. Kirchheims Fels in der Brandung fehlte am Freitag wegen einer heftigen Erkältung und wurde in keiner Phase des Spiels vermisst – auch das ist eine gute Nachricht.

