Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, war eine der bekanntesten Fußball-Weisheiten von Alt-Bundestrainer Sepp Herberger. So oder ähnlich müssen sich zu Wochenbeginn auch Trainer und Spieler des Fußball-Bezirksligisten VfL Kirchheim gefühlt haben. Gerade noch hatten die Kicker den bei 37 Grad im Schatten kraftraubenden 120-Minuten-Fight in der Aufstiegs-Relegation gegen die Sportvereinigung Cannstatt erfolgreich hinter sich gebracht, da trommelte Coach Armin Ohran seine Jungs schon wieder für das nächste Training am vergangenen Mittwoch zusammen. Zwei freie Tage hatte der Kirchheimer Übungsleiter den Kickern gegönnt – nicht zu wenig nach dem sonntäglichen Kraftakt in Untertürkheim, der immerhin mental höchst positive Spuren hinterlassen hatte. „Die Jungs sind klar im Kopf und keineswegs abgehoben“, schildert Ohran den Gemütszustand der Mannschaft.
Am Sonntag ab 15 Uhr geht es nun „all in“, wenn im Laichinger 900-Seelen-Ortsteil Suppingen (siehe Info) die finale Relegationspartie um den letzten freien Platz in der Staffel 2 der Landesliga Württemberg von Verbandsliga-Schiedsrichter Andreas Rinderknecht aus Wendelsheim angepfiffen wird. Gegner wird dann der Landesliga-Relegant SSG Ulm 99 sein, der im Süden der Donaustadt beheimatet ist. Die Spiel- und Sportgemeinschaft, ein Mehrspartenverein, der 1999 aus dem Zusammenschluss der Spielvereinigung Gögglingen und des Sportverein Donaustetten hervorging, belegte in der abgelaufenen Landesliga-Saison mit 47 Punkten und einem Torverhältnis von 62:75 Treffern den 13. Platz. Zu wenig, um direkt in der Liga zu bleiben, aber immerhin besser als die sechs Mannschaften hinter den Ulmern, die aufgrund des verschärften Abstiegs den direkten Weg in die Bezirksligen gehen mussten. Es sind die Spätfolgen der pandemiebedingten Ligaaufblähung, als 2021 beschlossen worden war, dass es relegationsfrei nur Auf- aber keine Absteiger gibt.
Sportlich war bei den Ulmern in der Rückrunde der sprichwörtliche Wurm drin. Zur Winterpause lag die SSG noch auf dem achten Platz. „Wir hatten viele krankheits- und verletzungsbedingte Ausfälle, die mit Spielern aus der zweiten Mannschaft, die in der Kreisliga A spielt, nicht zu kompensieren waren“, klärt SSG-Trainer Bernd Pfisterer auf. Der Coach gilt als Trainer-Urgestein, war unter anderen auch schon erfolgreich für die TSG Ehingen und den FV Biberach tätig. Die fehlende Spielpraxis – das letzte Ulmer Spiel war ein 2:1-Sieg gegen die TSVgg Plattenhardt am 11. Juni – sieht Pfisterer nicht als Nachteil: „Wir sind zwar nicht im Rhythmus, dafür aber ausgeruht.“ Nach einer knapp einwöchigen Pause und einem lockeren Trainingsauftakt in Form einer Runde Fußball-Tennis gab es gestern Abend das Abschlusstraining. „Wir wissen, was auf uns zukommt. Der VfL ist keine Laufkundschaft“, weiß der SSG-Übungsleiter, der die „Blauen“ bereits beobachten ließ und Respekt vor der mannschaftlichen Fitness und den Angreifern Max Pradler und Argjend Shalaj hat.
VfL-Trainer Armin Ohran („Durch die Relegationsspiele ist der Verein noch näher zusammen gerückt.“) ließ nach der Übungseinheit am Mittwoch gleichfalls gestern Abend noch einmal trainieren und meldete personell „alle Mann an Bord“. Gut möglich, dass der genesene Noah Schadt wieder in die Anfangsformation zurückkehrt. An die Zukunft und etwaige Pokaleinsätze und Liga-Vorbereitungen verschwendet der ehemalige Oberligaspieler Ohran keine Gedanken. „Es kommt wie es kommt“, philosophiert der Coach, der sich im Vorfeld bei Tobias Flitsch, dem ehemaligen Geislinger Trainer, den er aus gemeinsamen Zeiten bei den Stuttgarter Kickers kennt, über die Ulmer informiert hat. Primär bleibt der Kirchheimer Übungsleiter freilich seiner Linie treu: „In erster Linie ist der VfL wichtig. Wir müssen unsere Stärken auf den Platz bringen.“ Angesichts des gleichen Spielsystems beider Teams mit vier offensiven Akteuren vor der „Doppel-Sechs“, scheint der Ausgang der Partie am Sonntag völlig offen und verspricht Spannung pur. Zumal der Sieger der Partie künftig nicht nur in der Staffel 2 der Landesliga Württemberg spielt, sondern auch bereits am 23. Juli in der ersten Runde des WFV-Pokals.
Info: Die Sportanlage des SV Suppingen liegt am nördlichen Ortsrand des Laichinger Ortsteils Suppingen. Für die Anfahrt aus Kirchheim empfiehlt sich die (autobahnfreie) Route über Bissingen, Ochsenwang und Schopfloch, vorbei am Skilift Pfulb bis zur Schlatterhöhe. Danach geht es links auf die B 465 in Richtung Blaubeuren. Der Skilift Donnstetten mit seiner Sommer-Rodelbahn bleibt rechts liegen. Am Ende der Straße geht es links auf die B 28 in Richtung Blaubeuren weiter, durch Feldstetten hindurch bis zur ersten (westlichen) Ausfahrt nach Laichingen-Suppingen. Nach der Abfahrtsrampe und der Überquerung der Bundesstraße geht es gleich wieder rechts hinunter. Die zweite Straße auf der linken Seite ist der Kornbergweg. Die Adresse fürs Navi lautet: Kornbergweg 12 in 89150 Laichingen.
Keine guten Erinnerungen an die Landesliga
Acht Jahre ist es her, dass der VfL auf überbezirklicher Ebene kickte: Am 7. Juni 2014 gab es in Kirchheim zum vorerst letzten Mal Landesligafußball zu sehen. Bereits seit Wochen als Absteiger feststehend, verloren die „Blauen“ am letzten Spieltag der Saison 13/14 mit 3:4 gegen den TSV Weilimdorf.
Fatih Özkahraman hat in diesem Zusammenhang seinen Platz in den VfL-Annalen sicher: Der mittlerweile in Diensten von JC Donzdorf stehende Stürmer besorgte damals gegen Weilimdorf alle drei Kirchheimer Treffer und ist damit bis heute der letzte Landesligatorschütze des VfL.
Drei Trainer versuchten sich in der Saison 13/14 am Unternehmen Landesligaverbleib, das der VfL als Tabellenletzter krachend verpasste. Nach Andreas Gerstenberg (Juni bis August 2013), schwangen Erol Sarikoc (bis April 2014) und Mario Kienle vergeblich das Zepter an der Jesinger Allee. pet