Lokalsport
Die Stehauf-Männer der Liga

Basketball Dran glauben, auch wenn die Lage aussichtslos erscheint: Kirchheims Korbjäger versuchen den Weg zu mehr Spielkultur durch großen Kampf zu verkürzen. Von Bernd Köble

Trainer haben wie so oft ihren eigenen Blick auf die Dinge. Nach der Leistung seines erfolgreichsten Mannes befragt, legte sich Igor Perovic direkt nach Spielende am Freitag in Hagen demonstrativ quer. 27 Punkte und 13 Rebounds hatte Mitch Lightfoot an diesem Abend eingesammelt. Zum Spieler des Tages wollte Kirchheims Coach seinen Neuzugang bei dessen viertem Einsatz im Trikot der Knights dennoch nicht küren. Eine herausragende Leistung? Darauf folgte ein ebenso knappes wie klares Nein. Wer Perovic kennt, der weiß, dass solche Reaktionen nicht der Hitze eines knapp verlorenen Gefechts entspringen, sondern genauestens kalkuliert sind. Der Serbe gilt als kluger Analyst, weshalb ihm Lightfoots cooles Selbstbewusstsein ebenso wenig entgangen war, wie dessen zahlreiche Turnover und Nachlässigkeiten in der Defensive. 

Der junge Amerikaner ist eine Bereicherung, wenn nicht für die gesamte Liga, so ganz sicher fürs Spiel der Kirchheimer. Doch Lightfoot ist eben kein Alleskönner. „Unterm Korb ist er bärenstark,“ meint sein Trainer. „Außerhalb der Zone hat er noch zu viele Schwächen.“ Was aus Perovics wohl temperiertem Urteil spricht, ist dies: Der Erfolg führt im Moment nur über eine Haltung, wie sie die Mannschaft in der zweiten Spielhälfte in Hagen oder bei der spektakulären Aufholjagd zum 78:65 am Sonntag gegen Paderborn an den Tag gelegt hat. Zwar leuchtete auch an diesem Abend ein Name besonders hell auf der Anzeigetafel: Michael Flowers trennten bei seinem letzten Dreier mit der Schlusssirene nur Sekundenbruchteile von seinen Punkten 39 bis 41. Doch diesmal stimmte das Gesamtpaket. Der Dreier-Rekordhalter am US-College rackerte auch am anderen Ende des Courts bis zum Umfallen und entschied das Spiel am Ende im Alleingang an der Linie. Das Signal, die Krallen auszufahren, kam im dritten Viertel allerdings von Zweien, die statistisch gesehen kaum in Erscheinung traten: Aitor Pickett und der 20-jährige Kilian Fischer, der nur knapp sieben Minuten auf dem Parkett stand, legten die Lunte. Danach war Kirchheim „on fire.“

„Mich interessiert nicht, ob einer 30 oder 40 Punkte macht. Mich interessieren Bereitschaft und Leidenschaft in der Verteidigung,“ stellt Knights-Sportchef Chris Schmidt überspitzt fest. Wohl wissend, dass es bei bisher lediglich 75 Zählern im Schnitt ohne offensive Einzelleistungen wie die von Lightfoot oder Flowers zappenduster aussähe.

Was in der Medizin zutrifft, gilt mitunter auch im Sport: Mit Symptomen, die erklärbar sind, ist besser umzugehen. Dass das Kirchheimer Setplay im Moment leicht auszurechnen ist, dass es fast jedem Gegner leichtfällt, die Zone zu schließen und sich eigene Chancen unterm Korb nur mit viel Aufwand und mit entsprechend hoher Fehlerquote nutzen lassen, hat einen wesentlichen Grund: die fehlende Gefahr von außen. Mit Bekteshi, Koch und Henry pausierten zuletzt immer wieder Spieler, die Gegenspieler binden und damit Räume für andere schaffen. Koch ist an Covid erkrankt und fehlt seit fünf Spielen, Henry laboriert an einer akuten Mandelentzündung. Dass Bekteshi zurück ist und augenscheinlich weniger Schonzeit benötigt als zu befürchten war, ist ein Segen für die Mannschaft.  „Die Pause hilft uns, weitere Zeit zu gewinnen,“ meint Headcoach Igor Perovic mit Blick aufs spielfreie Wochenende, das nun kommt. „Das Hagen-Spiel hat viel Energie gekostet, mental und physisch.“ Um fünf Uhr früh war Rückkehr am Samstag. Nach mehrstündiger Busfahrt und einer bitteren Niederlage nach Verlängerung im Gepäck. In einem Spiel, in dem die Ritter über weite Strecken die schlechtere Mannschaft waren und nur 16 ihrer 25 Freiwürfe verwandelten. Und trotzdem: Ein einziger Treffer mehr von der Linie und die Überraschung wäre in der regulären Spielzeit perfekt gewesen. Beides steckte in der ersten Hälfte gegen Paderborn noch in Körper und Kopf. Und das gegen einen Gegner, dem vor der Pause fast alles gelang.

Dass sich die Knights in beiden Spielen weigerten, das scheinbar Unvermeidbare zu akzeptieren, darauf lässt sich nun bauen. Oder wie Chris Schmidt es formuliert: „Wir haben eine gute Basis, um an den Dingen, die nicht funktionieren, erfolgreich zu arbeiten.“