Nach der umstrittenen Spielreform melden die Kirchheimer alle Mannschaften vom Spielbetrieb ab
Die VfL-Sportkegelabteilung als Trutzburg

Die VfL-Sportkegelabteilung bleibt auf Konfrontationskurs zum Württembergischen Kegler- und Bowling-Verband (WKBV): Aus Protest gegen den mit Beginn der Spielzeit 2010/11 neu eingeführten 120-Schub-Modus hat der Verein alle drei Mannschaften vom Pflichtspielbetrieb abgemeldet.

Kirchheim. „Die Neuregelung des WKBV lässt den Kegelsport zum Glücksspiel verkommen“, begründet der kommissarische VfL-Sportwart Horst Grolig den Rückzug, der schon vor Monaten angedacht worden war und nun vollzogen wurde. Das Gros der Mitglieder hatte sich klar gegen die Teilnahme am Pflichtspielbetrieb unter den neuen Bedingungen ausgesprochen.

Als Konsequenz aus der tiefen VfL-Oppositionshaltung zur 120er-Regelung hatten die Club-Oberen sowohl die erste als auch die zweite Herrenmannschaft und das Damenteam vom Pflichtspielbetrieb der Saison 2010/11 abgemeldet.

Mit ihrer demonstrativen Verweigerungshaltung geht der VfL Kirchheim im Übrigen auch in die Kegel-Annalen ein: In Württemberg ist er aktuell der einzige Verein, der das neu eingeführte System auf diese Weise boykottiert.

Bis in den September hinein hatten die VfL-Sportkegler noch Hoffnung auf ein Stop der ungeliebten Reform gehabt: In Stuttgart hatte der WKBV die Delegierten aus den Kegelvereinen in einer eigens einberufenen Versammlung nochmals zur Abstimmung schreiten lassen, nachdem ein erstes Votum am 17. April in Ravensburg wegen eines Formfehlers nachträglich hatte annulliert werden müssen. Doch die Mitgliederversammlung, die voller Emotionen und Rücktrittsdrohungen von WKBV-Funktionären war, plädierte schließlich mit 93:41 Stimmen erneut für die 120-Schub-Regelung – schließlich waren auch zwei Spieltage mit dem neuen System bereits absolviert. „Das eigentlich Enttäuschende war, dass alle Vereine, die ursprünglich gegen die Reform plädierten, nun doch am laufenden Spielbetrieb teilnehmen“, sagt Horst Grolig.

Wolfgang Halama, Kirchheims bester Kegler in der Vorsaison, glaubt den Grund dafür zu kennen, dass es in Reihen der Reformgegner so überraschend viele „Umfaller“ gab. „Für die aktiven Kegler gibt es in Württemberg in dieser Saison ja keine Alternative. Entweder sie müssen das neue System akzeptieren oder mit ihrem Sport aufhören.“ Halama (44) hat mit dem Kegelsport inzwischen aufgehört – in erster Linie wegen eines Bandscheibenvorfalls, der ihm seit Monaten zu schaffen macht. Mit den 120 Schüben, die er anstatt der gewohnten 200 hätte ableisten sollen, kann freilich auch der Bissinger viel zu wenig anfangen. „Wer 200 Kugeln gewohnt ist, für den sind 120 keine richtige Herausforderung mehr“, sagt er. Nunmehr will der Projektleiter der Firma Festo wieder rasch fit werden, um in der firmeneigenen Betriebssportgruppe auf 200er-Holzjagd gehen – an der Seite seiner VfL-Verbandsliga-Mitstreiter Markus Stark und Joachim Deuschle übrigens, die als „Gastspieler“ fungieren werden. Beide sowie Herbert Dambaur, Peter Leitner, Lars Grolig und Michael Hoi, allesamt letztjährige Kirchheimer Verbandsliga-Cracks, haben das aktive Kegeln inzwischen eingestellt: auch ein Protest gegen den WKBV und dessen Vorsitzenden Siegfried Schweikardt, die das umstrittene Reformpaket laut VfL-Verantwortlichen undemokratisch und autoritär durchgeboxt haben.

Offiziell wollte Schweikardt, der auch Präsident des Sportkegler-Weltverbandes NBC ist, mit der Regelreform den deutschen Nationalspielern einen internationalen Wettbewerbsnachteil ersparen. Tatsächlich fährt die deutsche Bundesliga schon seit Jahren zweigleisig. Neben der etablierten 200er-Liga existiert auch eine 120er-Liga. Dass allerdings im unteren (württembergischen) Spielklassenbereich ausschließlich auf das neue System zurückgegriffen wird, verstehen Reformgegner wie jene aus Kirchheim nicht. Sie fühlen sich eines fairen und ausgereiften K

egel-Regelwerks beraubt – und schauen fast neidisch in elf andere Landesverbände: Überall dürfen die Akteure weiterhin bis zu 200 Schübe absolvieren. „Nur in Württemberg und Sachsen gilt das 120er-System“, bedauert Horst Grolig.