Lokalsport
Droht jetzt der Energie-Lockdown?

Freizeitsport Die Region ächzt unter Hitze, doch der nächste Winter kommt bestimmt. Der könnte Vereine, die sich gerade von der Pandemie erholen, schon in die nächste Krise stürzen. Von Bernd Köble

Mitten in der bisher größten Hitzewelle dieses Sommers müssen sich Vereinssportler warm anziehen. An vielen Orten der Republik bleiben schon jetzt Duschen kalt, sinken Wassertemperaturen in Freibädern. Was geschieht, wenn der Winter kommt und Energiepreise wegen eines möglichen Gaslieferstopps Russlands explodieren, ist eine Frage, die Kommunen und Vereine gleichermaßen beschäftigt. Der Württembergische Landessportbund (WLSB) warnt bereits vor Hallenschließungen und steigenden Nutzungsgebühren für Vereine, die gerade erst dabei sind, sich von den Folgen der Pandemie zu erholen. „Einen Energie-Lockdown darf es nicht geben“, warnt WLSB-Präsident Andreas Felchle, der fürchtet, dass sich während der Corona-Krise begangene Fehler wiederholen. 

Genau das fürchtet auch Moritz Hönig, seit März Geschäftsführer des VfL Kirchheim und verantwortlicher Mann im Sportvereinszentrum. Bisher gebe es von der Stadt noch keine Signale. Doch für ihn ist nachvollziehbar: „Bevor Schulen und Kindergärten der Hahn abgedreht wird, wird es die Vereine treffen.“ Dabei warnt Hönig vor unabsehbaren Folgen für die Vereinslandschaft: „Für alle Indoor-Sportarten wäre das der nächste Nackenschlag“, sagt er. „Gerade jetzt nach Corona, wo überall in den Abteilungen ein enormes Engagement und unglaubliche Motivation zu spüren ist.“

Einen Vorgeschmack auf das, was kommen könnte, gibt es schon jetzt: Das Sportvereinszentrum (SVZ) des VfL wird mit Gas beheizt. Die Energiekosten galoppieren. Beitragserhöhungen waren bisher nur deshalb kein Thema, weil seit vergangenen Sommer nach dem Ende des zweiten Lockdowns die Mitgliedszahlen nach oben schnellen. 1200 zahlende Nutzer zählt inzwischen das SVZ, das vor sechs
 

„Für alle Indoor-Sportarten wäre das der nächste Nackenschlag.
Moritz Hönig
Der VfL-Geschäftsführer über
drohende Hallenschließungen.

 

Jahren eröffnet hat. Seitdem blieben die Beiträge stabil. Das könnte sich jetzt ändern. Eine Anpassung wäre für Hönig nur ein möglicher Schritt, um gegenzusteuern. Auch die Erweiterung des Geräteparks liegt vorerst auf Eis. Stattdessen gibt es Pläne, auf dem Dach eine Photovoltaik-Anlage zu installieren. Doch das kann dauern. Dass dies nicht schon von Beginn an geschehen ist, liegt offenbar an der Statik des Gebäudes. Die wurde jetzt noch mal genauestens geprüft und siehe da: Es geht.

Was im SVZ Wunsch ist, ist in der neu konzipierten Eduard-Mörike-Mehrzweckhalle Realität. Dort liefert die Sonne zumindest einen Teil des Stroms für eine Wärmepumpe. Doch dieser Standard ist in städtischen Hallen die Ausnahme: In Kirchheim hängen alle Sporthallen am Gas. „Das ist ein Problem“, sagt Bürgermeister Günter Riemer. Auch in Kirchheim ist man längst dabei, einen Notplan zu erstellen. Der reicht von Drosselung der Heizleistung über eingeschränkte Betriebszeiten bis hin zur neuerlichen Schließung ganzer Sportstätten. Auch die Wiedereinführung von Hallennutzungsgebühren für Vereine, die der Gemeinderat vor Corona abgesägt hat, könnte als politische Debatte wieder aufflammen, fürchtet Riemer. „Keiner weiß im Moment, wie hart es wirklich kommt“, sagt der Erste Beigeordnete der Stadt. „Wenn es schnell gehen muss, dann hilft jedoch nur Sparen.“   

Auch für Schwimmbäder wird die drohende Energieknappheit zur Bedrohung. Die Stadt Weilheim hat ihr Lehrschwimmbecken unter dem Dach der Limburghalle in den Pfingstferien erstmals geöffnet gelassen, weil die Nachfrage so immens war. „Wir haben nach Corona lange Wartelisten für die Schwimmkurse“, sagt Bürgermeister Johannes Züfle. Was das für den Winter bedeutet, weiß auch er noch nicht. Fest steht: Auch die Limburghalle wird mit Gas beheizt. Für das Stadtoberhaupt wird es eine Frage der Abwägung sein: „Kinder müssen schwimmen lernen“, sagt Züfle. „Man kann nicht nur auf jede Kilowattstunde schauen, die man einsparen kann.“

Hallenbad heizt mit Holz

Sein Kollege Rainer Haußmann macht sich zur Stunde noch keine ernsthaften Sorgen: „Wir sind in einer vergleichsweise komfortablen Situation“, sagt Dettingens Rathauschef, der das Glück hat, dass das Hallenbad über ein Blockheizkraftwerk mit Holzhackschnitzeln versorgt wird, an dem auch die Sporthalle und die angrenzende Verbundschule hängen. Alles abgesichert durch Verträge mit einem Tochterunternehmen des größten Energieversorgers im Land. Das gibt zumindest Versorgungssicherheit. „Und um die geht es bei uns in erster Linie“, sagt Haußmann, der trotzdem ebenfalls daran ist, einen Notfallplan zu erstellen und mit dem Gemeinderat abzustimmen, für den Fall, dass sich die Krise zuspitzt. Immerhin frisst das Hallenbad rund 40 Prozent des Energiebedarfs aller öffentlichen Gebäude in Dettingen. In einem Durchschnittsjahr sind das rund 80 000 Euro. Einsparmöglichkeiten, um die es gehen soll, sieht Michael Christ, seit einem Jahr Energiemanager in der Schlossberggemeinde, vor allem in der Lüftung und im Pumpensys­tem. Beides wurde wegen Corona deutlich hochgefahren. In einem sind sich Haußmann und sein Ener­gieexperte jedoch einig: Eine Erhöhung der Eintrittspreise im Hallenbad sei kein Thema. Zumindest im Moment.