Lokalsport
Ein Abgang mit Begleitmusik

Handball VfL-Abteilungsleiter Uwe Hamann und Trainer Engelbert Eisenbeil verlassen den Verein am Saisonende. Eine erfolgreiche Ära, die nicht ganz ohne Nebengeräusche endet. Von Bernd Köble

Fast ein Jahrzehnt lang bildeten sie ein unzertrennliches Gespann. Ein Zeitraum, in dem der Kirchheimer Handball aus den Tiefen der Bezirksliga dorthin zurückfand, wo er viele Jahre stand: an der Spitze der handballspielenden Vereine rund um die Teck. Als bekannt wurde, dass Uwe Hamann, zehn Jahre lang Frontmann und Abteilungschef im VfL Kirchheim und Engelbert Eisenbeil, Erfolgstrainer in der neunten Saison, gemeinsam einen Schlussstrich unter ihre Arbeit ziehen, hat das nur wenige überrascht. Hamanns Ankündigung, den Stab an der Abteilungsspitze weiterreichen zu wollen und Eisenbeils Entscheidung, dass es nach erfolgreichen Jahren, die im Aufstieg in die Verbandsliga gipfelten, an der Zeit sei für neue sportliche Impulse, sind eng miteinander verknüpft.

Eine Zäsur, wie sie nach so langer Zeit logisch erscheint, nachvollziehbar, vielleicht auch sinnvoll. Und doch steckt mehr dahinter als die übliche Abnützung, die die Zeit mit sich bringt. Hamanns selbstgewählter Abgang ist nicht der eines Sportchefs, der seine Mission erfolgreich beendet sieht. Es ist vielmehr ein Abschied begleitet von Frust, auch wenn er selbst das strikt verneint. Der 50-jährige Handwerksunternehmer, dessen Familie seit vielen Jahren wie niemand sonst im Kirchheimer Handball Idealismus und Tatendrang verkörpert, ist – wenn man so will – mit seiner Idee gescheitert.

Dem Versuch, die Abteilung daran auszurichten, was er die Erwartungen einer veränderten Gesellschaft nennt. Die Einsicht, dass das Ehrenamt an Grenzen stößt, dass immer weniger bereit sind, ihre Freizeit zu opfern, um Vereinsangebote zukunftsfähig zu machen, dass es mehr hauptamtliche Strukturen braucht, um Mitglieder nicht nur bei der Stange zu halten, sondern auch jene zurückzugewinnen, die während der Pandemie verloren

 

„Mitglieder sehen sich heute als Nutzer,
nicht als Entwickler.
Uwe Hamann
Der scheidende Abteilungsleiter der VfL-Handballer zum veränderten
Vereinsleben

 

gingen. Für Hamann ist das keine Frage von Sparten, sondern ein Kernproblem, dem sich der VfL als Gesamtverein zu stellen hat, indem er seine Abteilungen bei der Entwicklung neuer Strukturen unterstützt. „Mitglieder sehen sich heute als Nutzer und nicht als Entwickler“, sagt Hamann. „Darüber kann man klagen, besser ist es, man stellt sich diesem Problem.“ Er, der seit jeher als streitbar und prinzipientreu gilt, hat seine Entscheidung innerlich schon im vergangenen Frühjahr getroffen und betont: „Ich sehe die Dinge sachlich, und ich gehe ohne Groll.“ Fakt ist: Aus der Suche nach seinem Nachfolger hat er sich rausgehalten. Aus dem Verein, dem er seit Kindesbeinen angehört, ist er inzwischen ausgetreten.

Vieles haben die Handballer unter seiner Regie selbst auf den Weg gebracht: Es gibt ehrenamtlich betreute Schul-AGs, sieben Nachwuchsteams und eine eigene Ballsportschule für Kinder im Alter von vier bis acht Jahren. Hamanns Sohn Tim, als Teil der Verbandsliga-Mannschaft, hat im VfL-Sportvereinszentrum seine Ausbildung zum Sportökonomen absolviert und steckt an der Sporthochschule in Köln im Studium zum European Handballmanager. Für die Zeit seiner Ausbildung hat er die Aufgabe des Jugendkoordinators im VfL übernommen. Ein Engagement, das nun ausläuft. Für eine bezahlte Stelle fehlt offenbar das Geld.

Dazu muss man wissen: Neue, kostenträchtige Wege zu beschreiten, trifft einen wunden Punkt im VfL. Das wurde deutlich, als man sich erstmals mit den Plänen für das 2016 eröffnete Sportvereinszentrum befasste. Schließlich war der Verein, der vor Beginn der Pandemie unter den 20 mitgliederstärksten Sportvereinen in Württemberg rangierte, viele Jahre damit beschäftigt, einen Schuldenberg in sechsstelliger Höhe abzugraben, den die damalige Fußballabteilung hinterließ.

Marc Eisenmann ist nicht nur Vorstandsmitglied im VfL Kirchheim, er war sieben Jahre lang Hamanns Vorgänger im Amt des Handball-Abteilungsleiters. Welche Rollen Haupt- und Ehrenamt in einem Verein zu spielen hätten, darüber gebe es durchaus unterschiedliche Meinungen, räumt er ein. „Wie unsere Abteilungen wirtschaften, ist ihre Sache“, sagt Eisenmann. Über allem stehe der Grundsatz: keine Schulden.

Jetzt ist er derjenige, der in der Handballabteilung den Neubeginn mitgestaltet. In eine Zukunft, die sich aus seiner Sicht durchaus vielversprechend darstellt. Mit Martin Rudolph als neuem Sportchef und Abteilungsleiter und mit Dominik Merkle als dem künftigen Mann auf der Bank setzen die Handballer auf Erneuerung von innen heraus. Rudolph ist nicht nur Teil der Kirchheimer Rückraumachse, er gilt als vielseitig engagiert und als Typ, der anpackt. Merkle fehlt zwar jede Vorerfahrung als Trainer, als Spieler übernimmt er aber schon seit Längerem Teile des Trainings und gilt als verlängerter Arm Eisenbeils auf dem Spielfeld.

„Wir haben die Themen am Laufen“, sagt Marc Eisenmann, der schon seit Sommer als bekannt wurde, dass der personelle Wechsel ansteht, eine Zukunftswerkstatt moderiert. Daraus hat sich inzwischen ein Kern aus etwa 30 Personen herausgeschält, die bereit sind, neue Aufgaben zu übernehmen. Eine Stabstelle für Marketing und Sponsoring gibt es schon. Im Frühjahr soll die Mitgliederversammlung das Ganze formal bestätigen. „Sobald Corona es zulässt, legen wir los“, sagt Eisenmann.

 

Eisenbeil hinterlässt Erfolgsbilanz –
Remshalden lockt mit Neuaufbau

Privat ist er ein ruhiger Typ, am Spielfeldrand kann Engelbert Eisenbeil zum feuerspeienden Vulkan werden. Der Erfolg gibt ihm recht: Die Handballer des VfL Kirchheim führte der 41-Jährige einstige Klasse-Torhüter von der Bezirksliga bis in die Verbandsliga. Der Aufstieg am 7. März 2020, am Tag seines 40. Geburtstages, bezeichnet er als größten Moment seiner neunjährigen Tätigkeit als Kirchheimer Trainer. Zwei Jahre zuvor stieß er mit dem VfL bis ins Final Four des HVW-Pokals vor.


Zeit für einen Wechsel – das gilt für beide Seiten. „Aus sportlicher Sicht sind die Jahre in Kirchheim nur schwer zu toppen“, sagt Eisenbeil. „Doch es gibt Spieler in der Mannschaft, die kennen keinen anderen Trainer als mich.“ Neue Impulse, die erhofft auch er sich in der kommenden Saison. Bei der SV Remshalden, dem einstigen Oberligisten, der in der Verbandsligastaffel 1 momentan ums Überleben kämpft, soll Eisenbeil ab dem Frühsommer den Neuaufbau mit jungen Talenten aus der eigenen Jugend gestalten. Dort tritt er die Nachfolge des langjährigen Trainergespanns Robert Schönleber und Andreas Huber an, die eine schöpferische Pause einlegen wollen. Eine Aufgabe, die Eisenbeil reizt, wie er sagt, zumal er für seinen neuen Verein schon vor 14 Jahren während seiner aktiven Zeit eine Saison lang als Torhüter zwischen den Pfosten stand, damals in der Württembergliga. Jetzt geht sein Blick öfter mal in Richtung der Ergebnisse und Tabelle in der Nachbarstaffel 1. „ Es wäre schön, wenn es in der Verbandsliga weiterginge“, sagt er. bk