Womit vor der Saison kaum einer gerechnet hatte, ist jetzt besiegelt: Die Kirchheimer Wasserballer sind nach einer starken Rückrunde in der Verbandsliga als Tabellenzweiter in die Oberliga aufgestiegen. Doch wirklich groß war der Jubel in Reihen des VfL nach dem 15:11-Sieg im letzten Saisonspiel gegen Gemmingen nicht - denn der Erfolg hat ein „Gschmäckle“.
Grund dafür ist ein kuriose Regelung: In der Verbandsliga herrscht, im Gegensatz zu den anderen Wasserball-Ligen, ein Aufstiegsgebot. Demzufolge müssen die beiden erstplatzierten Mannschaften den Weg in die Oberliga antreten - ob sie wollen oder nicht. Der VfL jedenfalls wollte den Aufstieg eigentlich mit aller Macht vermeiden. Bei den Teckstädtern ist nämlich längst noch nicht alles oberligareif - sowohl was die finanziellen Mittel als auch den Kader betrifft.
Die Kirchheimer haben sich deshalb in den vergangenen Wochen in einer merkwürdigen Situation befunden: „Tabellarisch“, so VfL-Routinier Gunter Stecher, „wurde der zweite Rang und der damit verbundene Aufstieg immer wahrscheinlicher. Perspektivisch sprach allerdings vieles dagegen.“ Schlichtweg zu groß ist aus VfL-Sicht der qualitative Unterschied zwischen den beiden Spielklassen.
Die Zeit der schlaflosen Nächte ist nun allerdings vorbei. Eine Teamsitzung vergangene Woche sorgte für Klarheit: „Wir haben lange diskutiert und uns dafür entschieden, dass wir das Ganze gemeinsam angehen“, sagt Gunter Stecher, „lieber lassen wir uns in der Oberliga verklopfen, als woanders zu dümpeln.“
Obwohl die Chancen auf den Klassenerhalt alles andere als gut stehen, betrachten die Kirchheimer die neue Herausforderung sportlich. „Wir sehen das als Lehrjahr, denn vor allem die jüngeren Spieler können in der höheren Liga einiges lernen“, sagt Stecher. Diese Entscheidung traf auch im Team auf volle Zustimmung. Schließlich überwiege der Ehrgeiz, „auch wenn in einer Saison mit vielen Niederlagen die Moral und der Spaß büßen könnten“.
Liga entwickelte sich zur Farce
Doch nicht nur der VfL wollte sich vor dem Aufstieg drücken. Besonders skurril wurde es vor zwei Wochen, als die Kirchheimer im Topspiel gegen Weil am Rhein hätten antreten müssen. Mit einem Sieg wäre der zweite Platz und der damit verbundene Aufstieg der Südbadener fix gewesen. In der Hoffnung, das eigene Schicksal dadurch zu umschiffen, ging der VfL auf Nummer sicher und sagte die Begegnung vorsorglich ab. „Wir dachten, dann wird den Gegnern am grünen Tisch ein 10:0-Sieg zugeschrieben und sie steigen auf“, erklärt Gunter Stecher.
Doch diesen Gefallen taten die Weiler dem VfL nicht und zogen kurzerhand ihre Mannschaft vom Spielbetrieb zurück - die einzige Möglichkeit, dem Aufstieg zu entkommen, die allerdings gleichbedeutend mit dem Abstieg in die Bezirksliga ist. Die gleiche radikale Maßnahme wollten die Kirchheimer jedoch nicht ergreifen, weshalb nun trotz aller Ausweichversuche der Aufstieg zu Buche steht.
Rein sportlich gesehen habe der VfL laut Gunter Stecher diesen aber durchaus verdient, nicht zuletzt wegen der starken Leistung in der Rückrunde. „Aber dennoch war die Liga in diesem Jahr eine Farce, weil manche Teams teilweise absichtlich verloren haben“, resümiert der Kirchheimer Routinier. „Solch ein Auftreten wollten wir aber nicht an den Tag legen, allein schon aus Respekt gegenüber den Schiedsrichtern und den Zuschauern.“
Der Ehrgeiz überwiegt
Doch Wettbewerbsverzerrung hin oder her: Die Kirchheimer Wasserballer wollen das Beste aus dem unvermeidbaren Aufstieg machen. Ein paar Tage nach Saisonende hat sie sogar schon wieder der Ehrgeiz gepackt. „Wer weiß, vielleicht gelingt uns ja das Unmögliche und wir schaffen den Klassenerhalt“, sagt Stecher angriffslustig. In einem Punkt ist er sich jedenfalls sicher: „Der Stadt Kirchheim kann das Jahr Oberliga im Wasserball nur gut tun.“