Ein kurzes Zucken – schon ist es überstanden. Während die kleine Lea friedlich in ihrem Maxicosi schlummert, hat sich Mama Sina gerade eben ihre erste Covid-Impfung abgeholt. Damit gehört sie bei der 24-Stunden-Aktion im SVZ in Kirchheim zu einer absoluten Minderheit, denn die meisten, die am Mittwoch und Donnerstag an die Jesinger Allee kommen, lassen sich hier boostern. Die 27-Jährige hätte sich gerne früher impfen lassen, doch vor rund einem Dreivierteljahr kam alles anders als geplant. „Am Dienstag war der Schwangerschaftstest positiv, und am Mittwoch der Coronatest“, erinnert sich die Weilheimerin lachend. Wobei ihr damals überhaupt nicht zum Lachen zumute war. „Wir hatten erst mal ziemlich Angst“, erzählt Sina Schwilk, die die Infektion samt Baby dank eines leichten Verlaufes gut überstanden hat. „Wir hatten echt Glück.“ Nach dem Genesenen-Schutz wollte sich die 27-Jährige auf den letzten Metern der Schwangerschaft nicht mehr impfen lassen. Deshalb ist sie nun am Mittwochabend ins SVZ gekommen, drei Wochen nach der Geburt der kleinen Lea.
Es ist toll, wie verschiedene Einrichtungen Hand in Hand gearbeitet haben.
Die zweimal zwölf Stunden Impf-Aktion im Sportvereinszentrum des VfL Kirchheim war eine Gemeinschaftsaktion der Zweitliga-Basketballer der Knights, des VfL Kirchheim und der Malteser im Rahmen der baden-württembergweiten Aktion „#dranbleibenBW“. Unterstützung kam zudem vom Mehrgenerationenhaus Linde und den Johannitern. Der organisatorische Aufwand entwickelte sich für die Beteiligten zu einer kleinen Herkulesaufgabe, denn am Ende musste alles ganz schnell gehen. „Die Entscheidung dazu ist vom Land erst vor drei Wochen gefallen. Das Infomaterial, um damit an die Öffentlichkeit zu gehen, haben wir erst vor einer Woche bekommen“, erklärt Bianca Baar, Marketing-Managerin bei den Knights. Und Geschäftsführerin Bettina Schmauder ergänzt: „Wir befinden uns gerade zwischen zwei Heimspielen. Da war jetzt schon viel Improvisation nötig.“
Am Mittwoch stehen die ersten bereits um 10.30 Uhr vor den Türen des SVZ. Los geht es erst zwei Stunden später. „Da haben sich einige einfach erkundigt, wann wir genau starten, und sind dann so lange im Auto sitzen geblieben“, berichtet Bianca Baar. Um kurz vor halb eins kommt schließlich Bewegung in die Warteschlange. Vorbei an den Security-Mitarbeitern geht es zunächst zum Empfang, wo die ersten Daten gecheckt werden. Erst-, Zweit- oder Drittimpfung? Ist der Impfausweis dabei? Welche Krankenkasse ist zuständig? Nach dem Ausfüllen des Fragebogens geht es weiter zum ärztlichen Aufklärungsgespräch, ehe schließlich geimpft wird und unter Aufsicht der ehrenamtlich tätigen Malteser noch ein Viertelstündchen ausgeruht werden kann. Eine der ersten ist Katrin Keck. Die Notzingerin ist zum Boostern da. „Womit, ist mir eigentlich egal. Vom Hausarzt habe ich bisher Biontech bekommen.“ Für sie ist die Schlange beim SVZ bereits die dritte, in die sie sich einreiht. „Beim Impfbus in Notzingen bin ich genauso abgewiesen worden wie in der Stadthalle. Das war ätzend. Beide Male hieß es, es sei kein Impfstoff mehr da.“
Auf rund 1000 Impfungen sind die insgesamt vier diensthabenden Teams der Malteser für die 24 Stunden vorbereitet. Es gibt vorwiegend Moderna, für unter 30-Jährige und Schwangere ist Biontech vorgesehen, und Johnson & Johnson steht ebenfalls zur Auswahl. Wer zur Erstimpfung kommt, erhält außerdem zwei Gutscheine für ein Heimspiel der Knights. Draußen gibt es für alle Wartenden Punsch und drinnen kann an einem Hygiene-Screening der Barmer-Krankenkasse überprüft werden, wie gut die Hände gewaschen wurden. „Die meisten sind total happy, dass sie hier so unkompliziert ihre Impfung bekommen“, hat Barmer-Regionalgeschäftsführer Boris Busche beobachtet.
Ob sie sich hier boostern lässt, weiß eine Dettingerin auch kurz vor dem Eingang noch nicht. Die Wartezeit draußen vertreibt sie sich mit Stricken, während sie hofft, drinnen an eine Biontech-Spritze und somit um Moderna herumzukommen. „Den kompletten Mix will ich mir schließlich nicht geben. Meine erste Impfung war mit AstraZeneca“, erklärt sie. Dass nicht jeder alles wild durcheinander geimpft haben möchte, kann der anwesende Arzt verstehen. „Viele wollen es nicht ganz so bunt in ihrem Impfausweis haben.“ Er ist auch 20 Minuten vor Mitternacht noch da, als ein Impfwilliger im kurzen Schlafanzug und Badelatschen hereinschneit und sich seinen Piks verpassen lassen möchte. Die 22-jährige Kim aus Kirchheim hat es da schon hinter sich. Als eine der wenigen Erstgeimpften sitzt sie noch eine Weile im Wartebereich und betrachtet den QR-Code auf ihrem Zertifikat. „Die App dazu muss ich mir erst mal runterladen“, sagt sie lachend. Dass sie überhaupt gekommen ist, ärgert sie auch ein bisschen. „Ich wollte mich nicht impfen lassen und finde, dass jeder selbst entscheiden können sollte, was er mit seinem Körper macht.“ Warum sie es trotzdem getan hat? „Alle meine Freunde sind geimpft. Der soziale Druck ist der Hauptgrund.“
Die Bilanz nach den 24 Stunden fällt durchwachsen aus. „Wir hatten uns deutlich mehr erhofft“, sagt Doris Imrich zu der Tatsache, dass die Nachfrage nach Impfungen unter den Erwartungen geblieben ist. Gerade einmal 300 Männer, Frauen und Jugendliche haben den Weg ins SVZ gefunden. Dennoch ist die VfL-Geschäftsführerin mit der Aktion zufrieden. „Es ist toll, wie hier verschiedene Einrichtungen Hand in Hand gearbeitet und in kürzester Zeit etwas auf die Beine gestellt haben.“