Kirchheim. Einen entspannteren Abend als am Samstag dürfte Michael Mai seit dem Saisonauftakt beim Aufsteiger Rhöndorf in dieser Spielzeit kaum verbracht haben. Zumindest, was die Zeit zwischen dem ersten und dem letzten Viertel angeht. Zehn Minuten dauerte es, ehe sich seine Mannschaft vom ersten Eindruck erholt hatte. Leverkusen begann so, wie man es von einem Team erwarten durfte, das zuvor Jena und auch Gotha am Rand einer Niederlage hatte. Mit einem Anführer, der selbst Richard Williams – bisher die Referenz in Sachen Spieltempo – auf Normalmaß stutzte. Leverkusens Neuzugang Roderick Camphor glich im Anfangsviertel einem brodelnden Vulkan, von dem keiner wusste, ob er im Verlauf des Abends nun erlöschen oder vollends explodieren würde.
Dass die Eruptionen nach 19 Punkten und etwas mehr als einer Spielhälfte ein Ende fanden, hatte einen einfachen Grund. Die Gastgeber erinnerten plötzlich, weshalb sie unter den beiden Regenten aus Jena und Vechta in der Rolle des Kronprinzen steckten. Die Knights zogen in der Defensive die Zügel an, holten sich endlich auch die nötigen Offensiv-Rebounds und lagen Sekunden vor Ende des dritten Viertels mit 28 Punkten in Front. Die Anspannung war weg. Was blieb, war die Erkenntnis, dass auch Basketballprofis Menschen sind. „Dass bei einer so klaren Führung die Konzentration nachlässt, ist normal“, versuchte Knights-Geschäftsführer Christoph Schmidt zu erklären, weshalb das Schlussviertel noch mit 6:17 verloren ging.
Sein Trainer sah das naturgemäß anders, weshalb Michael Mai auch nicht lange zögerte, bei einem 18-Punkte-Vorsprung Sekunden vor Spielende noch eine Auszeit zu nehmen. „Wie wir uns in der Schlussphase präsentiert haben, hat mir nicht gefallen“, meint Kirchheims Coach, nicht, ohne sein Missfallen gleich wieder zu relativieren: Ja, er sei stolz auf die Jungs. „Nach den jüngsten Auftritten der Leverkusener war so ein deutlicher Sieg nicht zu erwarten.“
Der Motor läuft rund und die Konkurrenz spielt mit. Durch die Niederlagen von Hamburg und Gotha wächst der Abstand zu den Verfolgern auf vier beziehungsweise acht Punkte. Mit einem Sieg am Samstag in Hamburg könnten die Knights einen direkten Konkurrenten um einen Platz unter den Top vier neun Spieltage vor Schluss aus dem Weg räumen. Die ersten vier Plätze in der Tabelle sind gleichbedeutend mit Heimrecht in der ersten Play-off-Runde, die am 8. April beginnt.
Dass Kirchheim eines der acht Teams in der Finalrunde sein wird, daran zweifelt inzwischen keiner mehr. Für Geschäftsführer Chris Schmidt bedeutet das: rechzeitig bei Schulen, Vereinen und Stadt anklopfen, um außerhalb des Regelbetriebs Hallenzeiten zu sichern. Seit Einführung der Play-offs in der Pro A 2012, als Kirchheim ins Finale einzog, wäre es die zweite Endrundenteilnahme für die Knights. Für Michael Mai bedeutete es den größten Erfolg seiner bisherigen Trainerkarriere. Ob weitere in Kirchheim werden folgen können, wird sich schon bald entscheiden müssen. Sein Vertrag läuft aus, unterschrieben ist noch nichts. Als wahrscheinlich gilt: Weitermachen, wenn‘s am schönsten ist.