Man muss eben auch die Spielertypen haben. Man kann nicht versuchen, 200 Stundenkilometer auf der Autobahn zu fahren, wenn man nur 100 schafft.“ - So lauteten die dezidierten Worte von Niko Kovac am 28. Oktober 2019. Als der damalige Bayern-Trainer im Rahmen einer Pressekonferenz auf die wuchtige Spielweise des FC Liverpool angesprochen wurde, verglich der Kroate sein Spielerpersonal in Bezug darauf sichtlich angefressen mit einem behäbigen Kleinwagen.
Es waren exakt 300 Tage, die zwischen einer der größten Fehleinschätzung eines Trainers im deutschen Profifußball und dem zweiten „Triple“ in der Vereinsgeschichte des FC Bayern München nach 2013 lagen. Am Abend des 23. August 2020 hatten die Bayern es geschafft. Durch das 1:0 gegen Paris Saint Germain - ausgerechnet erzielt vom Franzosen Kingsley Coman - krönte sich der deutsche Rekordmeister und amtierende Pokalsieger mit dem prestigeträchtigsten Titel im Vereinsfußball, dem Gewinn des Championsleague-Pokals.
Der Vater des Erfolgs? Der bescheidene und unaufdringliche Hansi Flick. Der 55-Jährige, der in seiner Funktion als Co-Trainer bis dato so gut wie nie im Rampenlicht aufgetaucht war, übernahm Ende November 2019 eine Mannschaft, die zu diesem Zeitpunkt nichts weiter war als ein Schatten ihrer selbst. Doch Flick formte aus etlichen Individualkünstlern eine verschworene Einheit, die in einer der schwierigsten (Sportler-) Zeiten überhaupt zur besten Klubmannschaft der Welt avancierte.
Vor leeren Rängen, wo der Fußball auf seine bedingungslosen Grundtugenden wie Einstellung, Kampfgeist, Ehrgeiz und Disziplin zurückgeführt wurde, bestiegen die Münchner den europäischen Fußballthron.
Das war keineswegs nur ein Titel für Bayern-Fans oder die Bundesliga, die - völlig zurecht - von vielen Verbänden für ihre Vorreiterrolle hinsichtlich des Hygienekonzepts reichlich Anerkennung einheimste. Nein, das war ein Titel für ganz Fußball-Deutschland und darum für mich als glühenden FCB-Anhänger das sportliche Highlight des Jahres.