Fußball
Ein Trio mit drei Vorzeichen

Ein Absteiger, ein Arrivierter und ein Aufsteiger: Der VfL Kirchheim, der TSV Jesingen und die AC Catania Kirchheim erwarten in der Fußball-Bezirksliga eine ausgeglichene Saison, in der vor allem die direkten Duelle elektrisieren.

Drei Trainer, drei Ziele (von links): Felix Lache (VfL), Cesare D‘Agostino (Jesingen) und Cosimo Attorre (Catania) sind mit ihren Teams ab Sonntag im Einsatz. Fotos: Michael Treutner

VfL Kirchheim

Wenn es um Erwartungen geht, lässt Felix Lache, Cheftrainer des VfL Kirchheim, keine Nervosität aufkommen. Der 36-Jährige, der seine erste komplette Saison als Chefcoach antritt, sieht sich und sein Team nicht unter Zugzwang, auch wenn Absteiger aus höheren Ligen naturgemäß oft als Topfavoriten gelten. „Wir haben von Vereinsseite aus definitiv nicht den Druck, direkt wieder aufsteigen zu müssen“, stellt Lache klar.
Der Grund für diese entspann­te Haltung liegt nicht zuletzt in den Turbulenzen des vergangenen Jahres. Nach dem Abstieg aus der Landesliga musste der VfL Kirchheim einen erheblichen Kaderumbruch verkraften. Neue, sehr junge Spieler mussten integriert, alte Wunden geheilt werden. Hinzu kommt, dass die Konkurrenz in der diesjährigen Bezirksliga außergewöhnlich stark ist. „Es gibt sechs bis acht Mannschaften, die alle ein Wörtchen um den Aufstieg mitreden könnten. Ob sich wirklich ein oder zwei Teams vorne absetzen, bleibt abzuwarten. Die Saison ist lang“, analysiert Lache die Ausgangslage.
Trotz der vielen Unwägbarkeiten hat Lache klare Vorstellungen von dem, was er erreichen möchte. „Wir wollen unsere junge Mannschaft fördern und möglichst auf die nächste Entwicklungsstufe heben. Und wir wollen für einen eigenen Fußball mit Wiedererkennungswert stehen“, betont der langjährige Landesligatorhüter. „Wenn uns das gelingt, werden wir hoffentlich im vorderen Drittel landen – und dann mal schauen, was sonst noch so alles möglich ist“, gibt sich Lache optimistisch, ohne jedoch konkrete Aufstiegsambitionen zu formulieren.
Ein Team hat der VfL-Coach dennoch besonders im Blick: Den 1. FC Eislingen, der sich im Sommer enorm verstärkt hat – darunter auch Salih Egrlic, der Kirchheimer Kapitän der Vorsaison – und deshalb als Favorit gilt. „Aber auch die Eislinger müssen ihre Pferdestärken erst einmal auf die Strecke bringen“, sagt Lache.
Viele müssen aufpassen
Ähnlich eng wie die Spitze erwarten die Kirchheimer auch den Abstiegskampf. „Es ist kein Team in der Liga, bei dem jetzt sofort die Vermutung nahe liegt, dass sie es schwer haben könnten. Da müssen viele Klubs aufpassen”, ist der VfL-Coach überzeugt.
Dass mit dem TSV Jesingen und der AC Catania Kirchheim gleich zwei Stadtderbys anstehen, lässt ihn derweil kalt. „Wir freuen uns natürlich auf diese Spiele, wollen sie aber auch nicht größer machen als sie sind. Unterm Strich geht es gegen beide auch nur um jeweils sechs Punkte.”
Abzuwarten bleibt ohnehin, wie sich der VfL nach dem personellen Aderlass finden wird. Mit Nathan Winter, Valon Dodaj, Nico Crisigiovanni, Matteo Stefania (alle TSV Bad Boll), Berk Baybüyük (1.FC Heiningen), Nico Hummel (FC Esslingen), Salih Egrlic (1.FC Eislingen) und Argjend Shalaj (TSV Jesingen) mussten die Teckstädter den Verlust von gleich acht eta-blierten Spielern hinnehmen.

 

TSV Jesingen

Die letzten Spuren des Teckbotenpokals sind in den Lehen­äckern beseitigt, jetzt richtet sich der Blick des TSV Jesingen wieder auf den Bezirksligaalltag. Die vergangene Saison endete für die Mannschaft nicht ganz zufriedenstellend, wie Thomas Reinöhl, Abteilungsleiter Sport des TSV Jesingen, offen zugibt: „Wir waren vergangenes Jahr mit sehr viel Potenzial und sehr viel Hoffnung gestartet. Unterm Strich kam dann allerdings doch etwas zu wenig Ertrag für den Aufwand raus. Daher sind wir in Summe nicht ganz zufrieden mit dem Saisonverlauf.“
Verjüngter Kader soll angreifen
Dieses Jahr will der TSV Jesingen die Erfahrungen der vergangenen Saison nutzen, um mehr Kontinuität und Effizienz auf den Platz zu bringen. Im Fokus stehen dabei nicht zuletzt die zahlreichen Neuzugänge, die das Team verstärken sollen. Besonders viel Hoffnung setzt der Verein auf „Königstransfer“ Argjend Shalaj, der mit Landesligaerfahrung vom VfL Kirchheim in die Lehen­äcker gewechselt ist. Aber auch dessen jüngerer Bruder Adonis sowie Xhema Avdijaj, Redon Gashi und Melih Yaylaci, allesamt vom VfL Kirchheim II, sollen das Team um die gestandenen Leistungsträger wie Sascha Flegel sowie Lukas und Jonas Preuß voranbringen. Ein weiterer Lichtblick scheint auch der Fitnesszustand von Co-Trainer Ferdi Er. Vergangene Saison noch vom einen oder anderen Wehwehchen geplagt, soll der 43-Jährige in dieser Saison endlich zur Säule im Jesinger Spiel werden.
„Wir haben nicht die Möglichkeiten, wie andere finanzstarke Vereine, uns einen Kader nach Belieben zusammenzustellen. Wir müssen einfach schauen, dass wir die Rahmenbedingungen, die wir haben, bestmöglich nutzen“, fasst Stefan Haußmann, Sportlicher Leiter des TSV Jesingen, die Situation zusammen. Dabei liegt der Fokus auf lokalen Spielern, die sich mit dem Verein identifizieren. Langfristig soll auch die U 19 eine größere Rolle spielen, insbesondere nach dem Aufstieg der Jesinger Nachwuchskicker in die Regionenstaffel als Kooperationsverein der Stuttgarter Kickers.
Kommt es dann – so wie im Falle von Alessio Setzu – nach nur einem Jahr schon wieder zum Abgang, weil ein höherklassiger Verein anklopft, sei dies für den TSV kein Beinbruch, sondern vielmehr die Bestätigung guter Arbeit. „Wir machen keinem Spieler die Tür zu. Ganz im Gegenteil, wenn jemand höher spielen möchte, lege ich das demjenigen immer nahe“, sagt Haußmann. Der 25-jährige Setzu war vor einem Jahr als unbeschriebenes Blatt vom FV 09 Nürtingen nach Jesingen gewechselt. Mit 14 Treffern in 25 Partien weckte der Stürmer dann jedoch das Interesse von Landesligist TSV Bad Boll.
Die Lücke im Sturm soll nun Argjend Shalaj schließen. Der 22-Jährige war fester Bestandteil des VfL Kirchheim und hatte maßgeblichen Anteil am Landesligaaufstieg. Reinöhl zeigt sich daher optimistisch: „Ziel ist es, im oberen Drittel mitzuspielen.“

 

AC Catania Kirchheim

Am 9. Juni 2013 betrat die AC Catania Kirchheim letztmals den Rasen für eine Partie in der Bezirksliga. Das Ergebnis, eine knappe 4:5-Niederlage beim 1. FC Donzdorf, war nur eine Randnotiz, denn der Abstieg der Kirchheimer war zu diesem Zeitpunkt bereits besiegelt. Ebenso betroffen war die zweite Mannschaft des VfL Kirchheim. Beide Klubs verließen die Liga, doch nun, mehr als ein Jahrzehnt später, sind sie zurück – und das in einer Konstellation, die für Hochspannung sorgt.
Dieses Mal nämlich gehört nicht die U23, sondern der „große“ VfL zum Teilnehmerfeld und somit zur Konkurrenz der Catanesi. Als ob das nicht schon genug Zündstoff für eine packende Saison bieten würde, schwelte in den vergangenen Wochen zusätzlich ein öffentlich ausgetragener Streit um die Platzbelegungen an der Jesinger Allee zwischen den beiden Klubs. Wenn es also am dritten Spieltag Anfang September zum direkten Aufeinandertreffen kommt, wird es demnach aller Voraussicht nach nicht nur sportlich, sondern auch emotional heiß hergehen.
Mit breiter Brust in die neue Liga
Die Italiener jedenfalls starten mit jeder Menge Rückenwind in die neue Spielzeit: Als frischgebackener Kreisliga-A-Meister, Pokalfinalist, WFV-Pokalteilnehmer und Teckbotenpokalsieger schwimmt das Team um Spielertrainer Cosimo Attorre derzeit auf einer regelrechten Erfolgswelle. „Wir sind bereit, uns der neuen Herausforderung zu stellen. Wir haben hart gearbeitet, dort hinzukommen, wo wir jetzt sind. Jetzt müssen wir mit der gleichen Leidenschaft und Entschlossenheit weitermachen“, blickt der 40-Jährige auf die Entwicklung der vergangenen Monate zurück.
Was das Saisonziel betrifft, hält sich Attorre hingegen bedeckt: „Wir sind uns der Konkurrenz bewusst, es ist so ziemlich die stärkste Bezirksliga seit vielen Jahren, wissen aber gleichzeitig auch um unsere Stärken. Deshalb gehen wir sowohl mit einer Portion Demut als auch mit viel Selbstbewusstsein in die neue Saison.“
Um eine möglichst sorgenfreie Saison spielen zu können, haben sich die Kirchheimer während des Transferfensters mit insgesamt neun Zugängen auch ordentlich verstärkt. Neben Mittelfeldspieler Cedric Schmid (von Türkspor Nürtingen), der bereits Landesligaerfahrung bei den Young Boys Reutlingen sammeln konnte, hat in der Vorbereitung vor allem Nachwuchstalent Santiago Potenza auf sich aufmerksam gemacht. Der 18-jährige Angreifer durchlief die Jugendmannschaften der Stuttgarter Kickers und ging zuletzt für die U19 des Oberligisten 1. CfR Pforzheim auf Torejagd.
Entscheidend für den weiteren Verlauf der Runde könnten besonders die ersten Wochen sein, denn die Catanesi erwartet ein Auftaktprogramm, das es knallhart in sich hat: In den ersten vier Spielen warten mit dem SV Ebersbach, dem 1. FC Frickenhausen, dem VfL Kirchheim und dem 1. FC Heiningen gleich vier Titelkandidaten.