VfL-Fußballer finden vorerst keinen Mosolf-Nachfolger – Hoffnung ruht auf Detlef Pflüger
Eine Abteilung am Abgrund

Nachdem die VfL-Fußballer am Freitag mangels Kandidaten keinen Nachfolger für den zurückgetretenen Abteilungsleiter Dr. Jörg Mosolf gefunden hatten, muss die 500 Mitglieder starke Abteilung in den nächs­ten sechs Wochen ums nackte Überleben kämpfen. Die Hoffnungen ruhen nun mit Detlef Pflüger auf einem Mann aus der zweiten Reihe.

Kirchheim. Nicht zum ersten Mal steuert die Fußballabteilung des VfL Kirchheim auf einen Abgrund zu. Drohte der mit rund 500 Mitgliedern zweitgrößten Sparte im Verein in der Vergangenheit aus finanziellen Gründen bereits mehrmals das Aus, hängt die Zukunft aktuell von einer einzigen Personalie ab: der des Abteilungsleiters. Da sich im Rahmen der außerordentlichen Versammlung am vergangenen Freitag kein Nachfolger für den zurückgetrete­nen Dr. Jörg Mosolf finden ließ, muss laut Satzung die Vereinsvorsitzende den Posten für sechs Wochen kommissarisch übernehmen. Doris Imrich machte den 42 stimmberechtigten Mitgliedern in der Stadiongaststätte jedoch unmissverständlich klar, dass nach Ablauf dieser Übergangszeit am 11. November kein Weg an der Auflösung der Abteilung vorbeiführen wird, sollte bis dahin erneut kein Kandidat bereitstehen.

Der einzige, der am Freitag zumindest die Bereitschaft dafür signalisiert hat, ist Detlef Pflüger. Der 55-Jährige, aktuell als Teambetreuer der Bezirksligamannschaft sowie in der Jugendarbeit tätig, will in den nächsten sechs Wochen ein Konzept erarbeiten, das er am 11. November, wenn die Mitglieder wieder in die Stadiongaststätte gebeten werden, zur Diskussion stellen will. Darin soll auch die Möglichkeit, den Startplatz in der Verbandsliga zur Saison 2012/13 wahrzunehmen, eine Rolle spielen. „Die Gretchenfrage wird sein, ob wir dort eine Mannschaft zusammenbringen, die für wenig Geld spielt“, stellte Pflüger fest, „sollte das nicht der Fall sein, sehe ich keine Möglichkeit für den VfL in der Verbandsliga.“ Unabhängig davon ist davon auszugehen, dass Pflüger sich am 11. November zur Wahl stellen und das Amt zumindest bis zur nächsten turnusmäßigen Abteilungsversammlung im Frühjahr übernehmen wird – allein schon deshalb, weil die Auflösung weder für ihn noch die Abteilungsmitglieder oder den Hauptverein als Alternative infrage kommt.

Dass allerdings die Zeiten des bezahlten Fußballs in Kirchheim endgültig vorbei sind, hatten der scheidende Abteilungsleiter Mosolf sowie die Vereinsvorsitzende Imrich bereits zuvor klargemacht. „Wenn Spieler mehr als 400 Euro pro Monat haben wollen, kann ich das nicht mehr verantworten“, betonte Imrich, „schließlich vertrete ich 4 000 Mitglieder in 18 Abteilungen.“ Jörg Mosolf kam nach fünfeinhalbjähriger Amtszeit zu der (bitteren) Erkenntnis, dass „es keine Möglichkeit gibt, Halbprofitum zu tragen, wenn nicht alle mitziehen.“ Einmal mehr nahm er in diesem Zusammenhang neben Abteilung und Verein vor allem die Stadt und die lokale Wirtschaft ins Gebet. „Wenn man etwas Großes will, muss jeder bereit sein, es mitzutragen. Und diese Bereitschaft zweifle ich an.“ Dabei betonte er, dass die Fußballabteilung nach seinem Rücktritt keinen wirtschaftlichen Nachteil haben wird. Allerdings wird sich das finanzielle Engagement in Zukunft nur auf den Jugendbereich erstrecken.

Diese Ankündigung stieß bei nicht wenigen Mitgliedern am Freitag auf Unverständnis. „Es ist doch unsinnig, 18 Jugendmannschaften zu unterstützen, wenn es im Aktivenbereich keine Perspektive mehr gibt“, meinte mit Werner Hund einer jener Kritiker, die von Mosolf auch eine Erklärung für die Fehlentwicklung der jüngeren Vergangenheit mit dem negativen Höhepunkt Oberligarückzug sowie einen Grund für seinen vorzeitigen Rücktritt forderten. „Ich bin einfach nicht mehr bereit, etwas zu verantworten, worüber ich nicht informiert werde“, konterte Mosolf, der damit einmal mehr eine volle Breitseite gegen seinen Geschäftsführer Walter Rau fuhr.

Ob Rau allein im Vertrauen auf mündliche Sponsorenzusagen, die dann bekanntlich nicht eingehalten wurden, den überteuerten Kader und Trainerstab zu verantworten hatte, blieb unbeantwortet. Doch hielt Mosolf dem gescholtenen Geschäftsführer, dessen Vertrag übrigens zum 31. Dezember gekündigt wurde, ohne dass die Stelle danach neu besetzt wird, ausdrücklich zugute, dass „er es ja unermüdlich versucht hat, Sponsoren aufzutreiben.“ Mit Blick auf die lokale und regionale Wirtschaft stellte er jedoch fest, dass „wir keinen Anspruch auf Sponsorenengagement haben.“

Nicht nur an der Reaktion auf die­se Aussage wurde deutlich, dass die Mitglieder in zwei Lager gespalten sind: Realisten und Idealisten. Während Letztere im Glauben an die Stärke der Bezirksliga- und Nachwuchskicker bereits schon wieder von der Verbandsliga 2012 reden, fragen Ers­tere, wer das bezahlen soll. Stellvertretend für diese Gruppe, die zumindest am Freitag in der Mehrheit war, stellte der langjährige Sponsor Erwin Schneider in einer emotionalen Wortmeldung fest, dass „finanzielle Verantwortung nicht nur auf zwei Schultern ruhen kann.“

Schneiders Monolog fiel in eine Phase der Versammlung, in der die Stimmung zu kippen drohte, als sich Befürworter und Gegner des Oberligarückzugs hitzige Diskussionen lieferten – erst hier wurde deutlich, wie groß der Redebedarf nach der Mannschaftsabmeldung Ende Juli gewesen war. Mosolf selbst beendete die Debatte mit deutlich schärferem Ton als man ihn sonst von ihm gewohnt ist. „Ihr macht es euch zu einfach, wenn ihr immer nur kritisiert, aber nicht dafür einsteht.“ Mehrmals auf die Frage angesprochen, ob das Oberligaaus wirklich nötig gewesen sein, konterte er: „Man kann doch kein Haus bauen, wenn man keinen Mieter hat, der es bezahlt.“

Dennoch waren er und Doris Imrich bemüht, der Versammlung eine versöhnliche Note zu verleihen. „Allein schon der Teckbotenpokal hat gezeigt, dass wir uns nicht unterkriegen lassen“, betonte Imrich.