Eigentlich hat alles mit einer „Schnapsidee“ begonnen, wie Jasmin Valdez lächelnd erzählt. Als die 33 Jahre alte Grafenbergerin vor rund einem Monat bei einem Spiel der zweiten Männermannschaft als Zuschauerin zu Gast war, konnte sie sich ein Bild vom akuten Personalmangel bei ihrem Heimatverein machen. Der Spruch in Richtung TSVG-Trainer Martin Schaich („Im Notfall kann ich ja aushelfen“) blieb nicht ohne Konsequenz.
Vier Spieltage später hat Jasmin Valdez Fußball-Geschichte im Bezirk Neckar-Fils geschrieben. Im Auswärtsspiel beim TSV Beuren wurde Valdez am vergangenen Sonntag in der 70. Minute für den TSV Grafenberg II eingewechselt. Sie ist in der Region damit die erste Frau, die in einem Pflichtspiel für eine Männermannschaft zum Einsatz kam.
Ein Pilotprojekt im Württembergischen Fußball-Verband (WFV) macht es möglich. Seit dieser Saison können Frauen ein „Zweitspielrecht“ für Männerteams beantragen. „Eine spannende Geschichte“, findet Armin Sigler. Wie der Bezirksspielleiter erzählt, haben in Württemberg bereits 33 Frauen von diesem Recht Gebrauch gemacht. Wie viel tatsächlich schon gespielt haben, weiß Sigler zwar nicht, in seinem Hoheitsgebiet, dem Bezirk Neckar-Fils, war Jasmin Valdez aber die erste Fußballerin, die sich am unter Männer gewagt hat.
Beuren stellt eine eigene Kabine
„Sie hat es super gemacht“, erzählt Grafenbergs Trainer Martin Schaich. Aus dem Training war er mit den Qualitäten der 33 Jahre alten Offensivspielerin zwar bereits vertraut, dass Valdez aber auch den „Ernstfall“ spielend meistern würde, sorgte dann aber doch für staunende Blicke bei Mit- und Gegenspielern gleichermaßen. „Da hat man keinen Unterschied gesehen“, betont Schaich.
Die 0:7-Packung gegen Beuren konnte Jasmin Valdez zwar nicht verhindern, ein großes Erlebnis war die Partie für die „Aushilfsstürmerin“ dennoch. „Es hat mega viel Spaß gemacht“, erzählt die zweifache Mutter, die vormittags noch für die Frauenmannschaft des TSVG als Spielführerin in der Kreisliga A 90 Minuten lang auf dem Feld gestanden hatte, ehe sie in Beuren unter Beweis stellte, dass der fußballerische Unterschied zwischen den Geschlechtern vielleicht doch nicht so groß ist, wie „Mann“ sich das gerne wünscht. „Es gibt einen Riesenunterschied in Sachen Athletik“, sagt Jasmin Valdez, „aber technisch und taktisch kann ich schon ganz gut mithalten“. „Ein paar gute Aktionen“, erzählt sie, „habe ich schon gehabt.“
Positiv überrascht von der unerwarteten Personalie beim Kontrahenten zeigte sich auch der TSV Beuren. Die aufmerksamen Gastgeber versorgten Jasmin Valdez mit einer eigenen Kabine und bemühten sich anschließend um Normalität. „Am Anfang waren sie schon etwas verunsichert, aber sie haben mich definitiv nicht geschont.“ Für Jasmin Valdez ein wichtiger Aspekt: „Man will ja, dass man behandelt wird wie jeder andere auch.“
Zur Grätsche kam’s freilich nicht. Bei Spielen mit den Frauen müsse sie mehr einstecken, sagt Valdez, die in der Jugend erst in Grafenberg und dann beim FV 09 Nürtingen spielte, bevor sie in der Oberliga für den TB Neckarhausen auf Torejagd ging. Als ihr erstes Kind zur Welt kam, kehrte Valdez aus Zeitgründen zum TSV Grafenberg zurück, wo sie sich inzwischen nicht nur als universal einsetzbare Stürmerin, sondern auch als Bambini-Trainerin engagiert.
Jetzt heißt es abwarten, ob und wann sie ein zweites Mal zum Einsatz kommt. „Wenn es um die reine Leistung geht, wäre es auf jeden Fall berechtigt, dass sie eine zweite Chance bekommt“, sagt Trainer Martin Schaich, der weiß, wen er als Erstes anrufen kann, wenn wieder einmal Not am Mann ist. Jasmin Valdez steht bereit – auch wenn ihr voll gepackter Sonntag rein ergebnistechnisch eher einer zum Vergessen war. Auch ihr Spiel mit den Frauen hatte sie mit 1:7 verloren. „Es war eine Katastrophe“, sagt die Vollblutfußballerin und lacht. „14 Gegentore an einem Tag habe ich noch nie bekommen.“