Nach seiner Schulterverletzung ist Fabian Gutbrod im Südderby der Handball-Bundesliga zum Zuschauen verdammt
Eine Statistenrolle, die besonders schmerzt

Beide Hallen liegen nur 35 Kilometer auseinander. Hüben wie drüben haben viele schon das Trikot des Gegners getragen. Das heutige Südderby in der Handball-Bundesliga zwischen dem TV Neuhausen und dem HBW Balingen-Weilstetten (19.45 Uhr) ist ein Familientreffen, das im Handballsport einmalig ist. Nur einer fehlt dabei: Der Ex-Neuhausener Fabian Gutbrod muss ausgerechnet gegen den Klub zuschauen, dem er den Erfolg verdankt.

Hechingen. Zwischen Obstkuchen und Kaffeetasse haben sie die Fronten nochmals geklärt. Natürlich ging es um Handball, was sonst, wenn im Hause Reusch gefeiert wird. Bei der Geburtstagfeier für die Mama saßen sich zwei dicke Kumpels und jahrelange Weggefährten am vergangenen Sonntag gegenüber. Neuhausens Kreisläufer Daniel Reusch und Fabian Gutbrod, Balingens Mann im linken Rückraum, haben nicht nur das gleiche Geburtsjahr im Spielerpass stehen. Beide feierten schon gemeinsam Erfolge in der Jugend der JSG Neuhausen-Metzingen und beide bejubelten im Frühjahr den völlig überraschenden Aufstieg der Ermstal-Truppe in die Bundesliga.

Heute Abend nun hätte man sich auf dem Gipfel der sportlichen Karriere treffen sollen. Zum Shakehands am Mittelkreis in der Tübinger Paul-Horn-Arena, wo der TV Neuhausen seit Saisonbeginn seine Heimspiele austrägt. Doch daraus wird nichts. Dass es für Verletzungen im Sport nie einen passenden Zeitpunkt gibt, ist eine Binsenweisheit. Ein schlechteres Timing in Sachen Verletzungspech hätte Fabian Gutbrod dennoch kaum finden können. Derbys, so scheint es, bringen dem 24-Jährigen aus Owen kein Glück. Beim umjubelten Sieg im Lokalkampf gegen seinen früheren Klub Frisch auf Göppingen stürzte er am vergangenen Spieltag so unglücklich auf die Schulter, dass die Saison für ihn vermutlich beendet ist. Diagnose: Schultereckgelenk-Sprengung. Kein böses Foul, eher ein harmloser Schubser. „Einfach dumm gelaufen“, beschreibt er den Moment

Dumm, nicht nur wegen des Derbys am heutigen Abend. Mit Torhüter Matthias Puhle, der sich im Göppingen-Spiel das vordere Kreuzband riss und den ebenfalls verletzten Rückraumakteuren Sascha Ilitsch, Mario Vuglac und Wolfgang Strobel nimmt der HBW eine schwere Hypothek mit ins Restprogramm. Gutbrod trifft das Zwangs-Aus zudem zu einer Zeit, da die Leistungskurve deutlich nach oben zeigt. Nach einer schwachen Vorbereitung hat sich der einstige Junioren-Nationalspieler in seiner zweiten Saison in Balingen inzwischen einen festen Platz erkämpft. Trotz starker Konkurrenz, die auf der linken Rückraumseite Roland Schlinger heißt. Über enorme Wurfkraft verfügte Gutbrod schon immer. Jetzt ist er in der Abwehr variabler geworden, steht in der 3-2-1-Formation von Rolf Brack im Schnitt eine Halbzeit lang auf dem Feld und hat athletisch zugelegt. 105 Kilo bei zwei Meter Körpergröße sind für den einstigen Schlaks Erfolg versprechende Maße. „Was noch fehlt ist die Konstanz“, meint er selbstkritisch. „Auf diesem Niveau sind es Kleinigkeiten, die den Unterschied machen, daran muss man sich erst einmal gewöhnen.“ Früher warf er seine Tore gegen Erlangen oder Bittenfeld. Heute heißen die Gegner HSV Hamburg oder THW Kiel. Sein Vertrag läuft zum Saisonende aus. „Bisher gibt es noch keine Tendenz“, sagt er. „Wir werden uns in der Winterpause zusammensetzen und besprechen, wie es weitergeht.“ Klar ist schon jetzt: Der Wechsel von Göppingen, wo er als Newcomer nur ein Bankdrücker-Dasein fristete, war die richtige Entscheidung.

Einer, dem er damals folgte, ist heute sein Mitbewohner. Mit Kai Häfner, der im September gegen Serbien sein erstes A-Länderspiel bestritt, teilt er sich die Wohnung in Hechingen. Vor drei Jahren wurden sie unter Martin Heuberger gemeinsam Junioren-Weltmeister, heute legen sie als Bundesliga-Profis zusammen den Haushaltsplan fest. „Kai putzt, ich bin eher fürs Kochen zuständig“, sagt Fabian Gutbrod, der sich bei seinen regelmäßigen Heimatbesuchen in Owen schon mal nützliche Tipps vom Papa holt. Wolfgang Gutbrod ist Küchenchef im Kirchheimer „Fuchsen,“ und wenn daheim am Wochenende in der Küche etwas übrig bleibt, packt es der Junior dankend ins Auto. Grund, warum der Start in die neue Trainingswoche meist etwas kalorienreicher verläuft, wie der 24-Jährige verrät. „Am Montag“, sagt er, „gibt‘s bei uns häufig ein Festessen.“