Montagmorgen, 2. November, erster Tag des „Lockdown light“ in Deutschland. Unweit der Anlage des Golfclubs Kirchheim-Wendlingen zieht in der Morgensonne ein Jogger seine Runde. Nur einen Steinwurf entfernt frönen Golfspieler ihrer Leidenschaft - die idyllisch anmutende Szene hat momentan Symbolcharakter, gehören Jogger wie Golfer doch zu jenen wenigen Sport-Spezies, die vom für November verhängten Sportverbot ausgenommen sind.
Was sich im Falle des Joggers wenig überraschend darstellt, bedeutet für den Golfer keine Selbstverständlichkeit: Im harten Lockdown des Frühjahrs waren bekanntlich alle Golf-Anlagen bundesweit für rund zwei Monate dichtgemacht worden. Im Herbst 2020 sieht die Angelegenheit wesentlich freundlicher aus. Kontaktloser Sport an der frischen Luft - stichhaltige Gründe für die Politik, Golf diesmal anders zu bewerten als zu Beginn der Pandemie.
„Wir hatten schon etwas gezittert, ob wir, so wie im Frühjahr, erneut den Betrieb komplett einstellen müssen“, gibt sich Kai-Uwe Opifanti, Präsident des Golfclubs Teck, erleichtert. Die Entscheidung pro Golf seitens der Regierung war offensichtlich auch Resultat einer hartnäckigen Überzeugungsarbeit. „Wir freuen uns sehr, dass unsere Konzepte gezeigt haben, dass Golf als Individualsport betrieben werden kann, ohne sich einer größeren Gefahr der Ansteckung auszusetzen“, sagt Claus M. Kobold, Präsident des Deutschen Golfverbandes (DGV).
Eine Auffassung, der sich die politischen Entscheider nicht entzogen - auch zur Freude von Susanne Pöschl. Seit rund 14 Jahren Präsidentin des Golfclubs Kirchheim-Wendlingen, sieht sie nach einem problematischen Jahr Licht am Ende des Tunnels. „Auch wenn die Geselligkeit im Club wegen der Beschränkungen enorm fehlt, ist es eine schöne Nachricht, dass wir den Betrieb nun aufrechterhalten können“, sagt die Chefin des rund 800 Mitglieder zählenden Vereins.
In der Praxis weht im November der Wind jedoch trotzdem rauer als sonst. Nach dem Re-Start im Mai und diversen Lockerungen, läuft seit 2. November ein Abspeckprogramm. „Duschen und Restaurant bleiben vorerst zu, im Prinzip gehen die Spieler direkt vom Auto zum Start und nach der Runde wieder direkt zurück ans Auto“, beschreibt Kai-Uwe Opifanti die neue Wirklichkeit auf dem Ohmdener Golfplatz.
Beim GC Teck wie GC Kirchheim-Wendlingen agieren zudem aktuell in der Regel nur zwei Akteure mit Mindestabstand pro Gruppe, die im Golf „Flight“ genannt wird. „Nur bei Familien machen wir eine Ausnahme, hier dürfen es bis zu vier Personen pro Flight sein“, sagt Susanne Pöschl. Statt 18 Loch wird beim Golfclub Kirchheim-Wendlingen seit 2. November des Weiteren nur noch auf 9-Loch gespielt, in Ohmden ist die Anlage sowieso lediglich auf 9-Loch ausgelegt. Einzeltraining mit einem Golflehrer bleibt möglich, Mannschafts- und Jugendtraining untersagt. Golfregeln wurden zudem so angepasst, dass die Berührung von Gegenständen wie Rechen oder Fahnenstangen durch die Spieler ausbleibt.
Mitgliederzahlen bleiben stabil
Diese außergewöhnlichen Zustände scheinen nicht zu irritieren. „Golfer sind eben hart im Nehmen“, weiß Kai-Uwe Opifanti, der trotz Coronakrisenjahr von stabilen Mitgliederzahlen um rund 700 berichtet. Die Startzeiten seien zudem extrem gut gebucht. Susanne Pöschl berichtet von einer ähnlich großen Nachfrage nach Spieloptionen und einer stabilen Mitgliederzahl. Was auch in finanzieller Hinsicht wichtig erscheint. „Allein im harten Lockdown bis Mai haben wir durch fehlende Einnahmen durch Gastspieler rund 15 000 Euro weniger Einnahmen als im Vorjahr gehabt“, sagt Kai-Uwe Opifanti. Nur ein Bruchteil der vorgesehenen Turniere habe zudem stattgefunden, ergänzt Susanne Pöschl.
Das Zittern geht weiter: Mitte November wollen sich Bundeskanzlerin und Ministerpräsidenten erneut beraten, die Maßnahmen beurteilen und notwendige Anpassungen vornehmen. „Dann wissen wir, wohin die Reise geht“, sagt Susanne Pöschl.