Frickenhausen. 1971 war Gustav Heinemann Bundespräsident, Willy Brandt Bundeskanzler, Richard Nixon US-Präsident, Borussia Mönchengladbach Deutscher Fußballmeister und Jackie Stewart Formel-1-Weltmeister. Die erste E-Mail wurde in diesem Jahr verschickt und das „Wort des Jahres“ war „aufmüpfig“. Das waren in Frickenhausen - im übertragenen Sinne - auch einige Tischtennisspieler, die bis dahin im TSV Frickenhausen ihrem Sport nachgingen und am 25. Juli einen eigenen Verein gründeten: den Tischtennis-Club Frickenhausen (TTC).
Das 50-jährige Bestehen wird in diesem Jahr wieder gemeinsam begangen, denn 2019 schlossen sich TTC und TSV zu „Tischtennis Frickenhausen“, kurz TT Frickenhausen, zusammen. Diese Entscheidung trafen beide Vereine aus Überzeugung, denn mittel- und langfristig sehen sich die Frickenhäuser Tischtennis-Cracks den Herausforderungen in ihrem Sport nur Schulter an Schulter gewachsen. Auf der Grundlage ihrer seit Jahren herausragenden Jugendarbeit soll es wieder nach oben gehen. Zuletzt hatten sich mit der 16-jährigen Lea Lachenmayer und Liang Qiu (26) zwei „Eigengewächse“ für die Deutschen Meisterschaften der Aktiven Ende August in Bremen qualifiziert. Aushängeschild der Ausbildung an der Basis ist Liangs jüngerer Bruder Dang Qiu (24), der am 25. Juni in Warschau zusammen mit Nina Mittelham Europameister im Mixed wurde. In der anstehenden Bundesliga-Saison geht der in Nürtingen Geborene für Rekordmeister Borussia Düsseldorf auf Punktejagd.
Dass es in Zukunft auch wieder Bundesliga-Tischtennis im Täle zu bewundern gibt, dafür sorgt die vor zwei Jahren gegründeten Para-Abteilung: Deren Chef Thomas Brüchle, zweimaliger Team-Weltmeister und sechsmaliger Europameister, spielt zusammen mit seinem Partner, dem Iren Colin Judge, nicht nur in der Rollstuhl-Bundesliga, sondern auch als Nummer eins bei den TT-Männern in der Landesklasse und ist dort der überragende Spieler. Vom 24. August bis 4. September nehmen Judge und Brüchle an den Paralympics in Tokio teil. Brüchle gewann 2012 in London und 2016 in Rio de Janeiro mit dem deutschen Team jeweils die Silbermedaille.Vor 50 Jahren hatte man sich das alles noch nicht träumen lassen. Bei der Gründungsversammlung wurde Rolf Wohlhaupter-Hermann zum Präsidenten gewählt, sein Stellvertreter wurde Fritz Diez.
1995 gelingt das Wunder
Als reiner Amateurverein arbeitete sich der Club in kurzer Zeit bis in die Zweite Bundesliga nach oben. 1995 gelang der Sprung ins Oberhaus. Vier Jahre später war Frickenhausen deutscher Vizemeister. In der Saison 2002/2003 drang der TTC schließlich bis ins Endspiel des ETTU-Cups vor und unterlag dort dem Vertreter aus Montpellier nur knapp. Den sportlichen Höhepunkt erreichte der Verein in der Saison 2005/2006“, als die Bundesligamannschaft mit Ma Wenge, Jens Lundquist, Torben Wosik und Bojan Tokic das Triple mit Deutscher Meisterschaft, DTTB-Pokalsieg und dem Gewinn des ETTU-Pokals holte. Erstmals war der TTC dadurch in der Champions League spielberechtigt. Den nationalen Titel konnten Ma Wenge, Bastian Steger, Bojan Tokic und Patrick Baum, gemeinsam mit Trainer Jian Xin Qiu, der 2006 als Trainer des Jahres ausgezeichnet wurde, im folgenden Jahr verteidigen.
Auch nach dem freiwilligen Rückzug 2015 bot der Verein in der Zweiten Bundesliga begeisterndes Tischtennis in der Sporthalle auf dem Berg im Schulzentrum. Als Veranstalter von nationalen Wettbewerben machte sich der Verein ebenfalls einen guten Namen: Baden-Württembergische Meisterschaften, Süddeutsche Meisterschaften und sogar eine Deutsche Jugendmeisterschaft fanden im Täle statt. Seit dem Rückzug aus finanziellen Gründen 2018 aus der 2. Liga liegt das Augenmerk noch mehr auf der Jugendarbeit. Mit drei Damenteams, vier Herrenteams, drei Jugendteams und drei Rollstuhl-Teams hat das TT Frickenhausen aktuell 13 Mannschaften im Einsatz. hb