Kirchheim. Es ist keine Sparmaßnahme, auch wenn es so scheint. Wenn Siegfried Meissner zum Geschäftstermin radelt, ist dies seiner inneren Abneigung gegen motorisierten Verkehr geschuldet. Dabei hätte der Schatzmeister der Knights derzeit allen Grund, den Euro zweimal umzudrehen. Im Nebenjob, versteht sich. Denn Meissner ist beruflich erfolgreich unterwegs – so wie alle, die bei den Knights das Zepter schwingen. Das klingt erfreulich, ist aber Kern des Problems. Wer zwischen Kundenbesuchen und Bürositzungen an einer Profimannschaft basteln soll und dafür sorgen, dass genügend Geld dafür in der Kasse ist, dem rennt irgendwann die Zeit davon.
Es ist spät geworden. So spät wie noch nie. In drei Wochen ist Trainingsauftakt. Vier Spieler standen bis Wochenbeginn unter Vertrag. Neben den beiden deutschen Nachwuchskräften Daniel Krause und Jannik Lodders sind dies der Kapitän Radi Tomasevic, der in Kirchheim seinen Rentenvertrag im wohl letzten Jahr erfüllt, und der Amerikaner Ben Beran. Nicht schlecht, aber auch nicht viel. Jedenfalls kaum beruhigender als der Blick auf die Konkurrenz. Zwei Drittel der Teams in der Pro A rüsten seit Wochen, was das Zeug hält. Das Geld scheint zu sprudeln. Der Rest der Liga hüllt sich in Schweigen. Schweigen will Siegfried Meissner nicht: „Uns fehlt noch immer ein Stück zum angepeilten Etat“, sagt er. Zwar haben sich die Sorgen seit Juni halbiert, doch am Ziel sind die Ritter noch lange nicht.
Kirchheims Sportchef Karl Lenger verschafft das einen Platz am Pokertisch. Zähe Verhandlungen mit Kandidaten und deren Agenten. „Die Spieler, die wir uns leisten können, wachsen nun mal nicht auf den Bäumen“, meint Lenger, der sich trotzdem keine Sorgen macht. „Die Klubs, mit denen wir uns messen müssen in der Liga, sind zum jetzigen Zeitpunkt auch noch nicht weiter.“
Ein schwacher Trost. Immerhin: Einen Schritt weiter sind die Kirchheimer seit gestern gleich in mehrfacher Hinsicht. Nachdem es wochenlang verdächtig ruhig war an der Meldefront, überschlugen sich gestern regelrecht die Ereignisse: Der Ex-Nürnberger Enosch Wolf ist der dritte Kirchheimer Neuzugang mit deutschem Pass, Sebastian Adeberg beendet nun doch und endgültig seine sportliche Karriere, und U 20-Nationalspieler Johannes Joos wird in der neuen Saison im Ehinger Trikot auflaufen. Was ist da los? Nichts. Zumindest nichts mehr, was die Kooperation mit den Neckar Riesen aus Ludwigsburg betrifft. Das Bündnis beider Partner wurde gestern überraschend für beendet erklärt, der nach Saisonende ausgelaufene Vertrag nicht mehr verlängert. „Wir sehen im Moment keinen Sinn mehr darin, die Zusammenarbeit fortzuführen“, sagt Ludwigsburgs Manager Mario Probst. „Was nicht heißen soll, dass der eine oder andere Spieler aus der Basketball-Akademie nicht den Weg nach Kirchheim finden wird.“
Das klang vor Wochen noch anders, zumindest vonseiten der Kirchheimer. Von konstruktiven Gesprächen war da die Rede, von völligem Einklang zwischen den beiden Trainern John Patrick und Michael Mai. Gute Gespräche – die gab es wohl auch. Nicht nur über Johannes Joos, auch über weitere Spieler. Doch sind sportliche Konzepte nur ein Thema. Was diese kosten sollen, ein völlig anderes. In diesem Punkt lagen beide Seiten so weit auseinander, dass ein Schlussstrich die logische Konsequenz bedeutete.
Eine andere heißt nun Enosch Wolf. Ein Spieler, der jene Rolle übernehmen soll, die man in der neuen Saison Johannes Joos zugetraut hätte: die des Backup-Centers hinter Ben Beran. Nachdem klar ist, dass Sebastian Adeberg sich künftig ganz seinem Beruf als Mediziner widmen wird, ist Wolf gegenüber Joos die klar erfahrenere Lösung unterm Korb. Allerdings ein Mann, der einige Fragen aufwirft. Der 23-jährige Sohn von Ex-Nationalspieler Horst Wolf gilt als eigenwilliger Charakter, als nicht gerade pflegeleicht. Bei den Tryouts in Kirchheim hat er Coach Michael Mai offenbar dennoch überzeugt. Sowohl auf dem Spielfeld, wie auch in intensiven Gesprächen. Wolf kam erst im vergangenen Jahr von den Connecticut Huskies nach Deutschland, mit denen er 2011 die NCAA-Meisterschaft feierte. In der abgelaufenen Runde spielte er eine Saisonhälfte lang im Trikot der Telekom Baskets aus Bonn, ab Januar dann in Nürnberg in der Pro A. Der 111-Kilo-Mann gilt als großes Talent, weil er Wurfqualitäten mit Reboundstärke vereint.
Wer die Schlüsselposition im Spielaufbau besetzen wird, ist die derzeit spannendste Frage in Kirchheim. Drei US-Kandidaten stehen momentan zur Wahl, wie Karl Lenger betont. Allesamt neue Namen. Die Konturen der Mannschaft werden allmählich schärfer. Drei Wochen bleiben noch Zeit, und Lenger verspricht: „Wir werden mit zehn Spielern in die erste Trainingswoche gehen. So viel steht fest.“