Für Mountainbiker Christian Pfäffle gibt es nicht nur den einen Weg, der zum Erfolg führt
Erlaubt ist, was Spaß macht

Seine Vielseitigkeit und Leidensfähigkeit machen ihn zu einer der größten Nachwuchshoffnungen im deutschen Mountainbikesport. Wenn andere zum Wintertraining in den Süden fliehen, quält Christian Pfäffle sich bei Querfeldeinrennen durch Kälte und Morast. „Ohne Abwechslung kein Spaß“, sagt der 19-Jährige aus Neuffen, der 2012 eine gelungene Weltcup-Premiere feierte.

Neuffen. Es gibt Sportler, deren Talent lässt sich mit einer einzigen Sportart kaum beschreiben. Christian Pfäffle hätte wohl genauso gut einen erfolgreichen Fußballer oder Skifahrer abgegeben, doch er hat sich irgendwann fürs Radfahren entschieden. Genau genommen im zarten Alter von zwei Jahren, als ihn der Vater vor die Wahl stellte: Schnuller oder neues Fahrrad. Er hat sich fürs Fahrrad entschieden und ist im Wortsinn bisher gut mit dieser Entscheidung gefahren.

Deutscher Schülermeister 2007, Bundesliga-Sieger in der U19 vor zwei Jahren und 2012 auf Anhieb zwei Top-Ten-Platzierungen als Weltcup-Debütant in der U23. So sieht eine geradlinig ansteigende Erfolgskurve aus. Das ist ungewöhnlich in einem Alter, in dem starke Leistungsschwankungen eher die Regel als die Ausnahme sind. Als bisher Einzigem ist ihm das Kunststück gelungen, einen deutschen Meistertitel in der Schülerklasse vier Jahre später als U19-Fahrer zu wiederholen.

Christian Pfäffle ist zweifellos einer, der es ganz nach oben schaffen kann, daran glaubt auch Bundestrainer Peter Schaupp, dem Vergleiche mit anderen Athleten eigentlich zuwider sind. „Christian wird kein neuer Manuel Fumic oder Moritz Milatz“, sagt der Cheftrainer. „Er wird allenfalls ein neuer Christian Pfäffle.“ Dass der 19-Jährige vom MTB Teck in der U23 nicht schon heute konkurrenzlos ist, liegt allein daran, dass er mit Julian Schelb und Markus Schulte-Lünzum, der nach der Saison in die Eliteklasse wechseln wird, zwei absolute Ausnahmekönner vor der Nase hat, die älter sind als er.

Pfäffle ist der beste Beweis, dass Mountainbiken mehr ist als nur ein Ausdauersport. Erfolg bringt, was Spaß macht, lautet sein Erfolgsmotto. Er schult seine Koordination, indem er daheim im Garten die Slackline zwischen zwei Bäume spannt, er fährt Downhill-Rennen und jagt mit dem Four Cross Bike durch den Skaterpark. Wenn es andere im Januar in den Süden zieht, um Grundlagenkilometer zu sammeln, wühlt er sich in Crossrennen durch Schnee und knöcheltiefen Morast. Seine Begründung klingt einleuchtend: „Was bringt‘s mir, wenn ich vom Training aus Südafrika komme und es beim Saisonauftakt in Münsingen die dicksten Flocken schneit“, sagt er.

Pfäffle macht sein eigenes Ding, und er weiß auch genau warum. „Beim Cyclo-Cross zum Beispiel, lernst du, dich an höhere Kurvengeschwindigkeiten zu gewöhnen,“ klärt er auf. Dabei hätte er dies eigentlich gar nicht nötig. Er gilt als versierter Techniker, der auch schwierigstes Gelände beherrscht. Seine vielleicht wertvollste Gabe ist seine Intuition. „Den eigenen Weg zu finden, ist im Mountainbikesport der Schlüssel zum Erfolg“, meint Peter Schaupp. „Christian weiß genau, was er braucht. Der kommt auch zwei Wochen ohne Trainingsplan aus.“

Anders ginge es auch gar nicht, denn seine eigene Interpretation von Trainingslehre ist auch schlicht der Zeitnot geschuldet. Gerade hat er seine Ausbildung zum Industriemechaniker abgeschlossen. Mit einem Acht-Stunden-Arbeitstag ist er gegenüber vielen seiner Kontrahenten, die zur Schule gehen oder als Studenten ihre Arbeit freier einteilen können, klar im Nachteil. Würde er nicht bei den Eltern wohnen, die ihm im Alltag vieles abnehmen, wäre das alles nicht möglich. Der Sport steht im Vordergrund, deshalb muss auch die gemeinsame Wohnung mit Freundin Franziska noch warten. „Mit meinem Azubi-Gehalt wäre das momentan eh nicht drin“, meint Pfäffle.

In diesem Jahr soll manches besser werden. Sein Team Rothaus-Poison Bikes formiert sich 2013 neu, er ist auf der Suche nach privaten Sponsoren, will sich im Sommer für die Sportfördergruppe der Bundeswehr bewerben und die Fachhochschulreife nachholen. Unterm Strich, so hofft er, wird dann mehr Zeit fürs Training bleiben. In den Ohren seiner Gegner muss das wie eine Drohung klingen.