Seit 17 Jahren kennt er die Pro A als Basketballtrainer. Auf dem Weg in Richtung Teck hat er in dieser Zeit mehr Autobahnkilometer abgespult als die meisten in einem ganzen Leben hinterm Steuer. Am Samstag wird Frenki Ignjatovic zum ersten Mal das Navi brauchen, um ans Ziel zu kommen. Das Aufeinandertreffen der beiden Zweitligateams aus Kirchheim und Gießen in der Göppinger EWS-Arena soll am Samstag (19 Uhr) aus Kirchheimer Sicht zum werbeträchtigen Spektakel vor erneut mehr als 3000 Zuschauern werden.
Was jetzt schon feststeht: Es wird eine Art Familientreffen auf neutralem Grund. Dazu tragen nicht nur die beiden Trainer bei. Knights-Headcoach Igor Perovic und sein serbischer Landsmann Frenki Ignjatovic, der in Kirchheim sechs Spielzeiten lang auf der Bank saß, sind seit vielen Jahren eng befreundet. Für Ignjatovic gibt es zudem ein Wiedersehen mit seinem langjährigen Assistenten. Albin Mauz, Perovics Co-Trainer seit dieser Saison, war bereits zu Kirchheimer Zeiten Ignjatovics rechte Hand und begleitete seinen Mentor in Heidelberg bis in die BBL.
Bekannte Gesichter auch auf dem Spielfeld: Die beiden Gießener Guards Nico Brauner und Karlo Miksic zählten vor zwei Jahren unter der Teck noch zu den Musterschülern Igor Perovics. Auch Enosch Wolf, Nachverpflichtung der 46ers auf der Centerposition, ist ein Mann mit Kirchheimer Vergangenheit. Vor acht Jahren trug der gebürtige Ludwigsburger eine Saison lang das Trikot der Knights. Damals noch trainiert von Michael Mai, der heute Jena vor dem Abstieg retten muss.
Viele Geschichten hinter der eigentlichen Geschichte. Die hat zumindest aus Sicht des Gegners auch einen sportlichen Aspekt. Für den Tabellenvierten aus Gießen geht es darum, Platz drei zu erobern, um sich eine günstigere Ausgangsposition für die Play-offs zu verschaffen. Beide Trainer nehmen die Begegnung daher durchaus ernst und überschütten sich im Vorfeld wie üblich mit Komplimenten. „Igor verfügt mit seiner Mannschaft über einen guten Mix aus Erfahrung und starken Talenten“, meint Frenki Ignjatovic. „Das wird ein enges Spiel.“
Viel Kampf und Leidenschaft gegen einen „unglaublich tief besetzten Gegner“ erwartet auch sein Kirchheimer Kollege. „Wir wollen unsere Fans belohnen für die großartige Unterstützung in dieser schwierigen Saison“, sagt Igor Perovic. Dafür gilt es vor allem zwei Spieler beim Gegner im Auge zu behalten: Spielmacher Jordan Barnes (17,4 Punkte im Schnitt) und Center Stefan Fundic (15,8 Punkte und 9,7 Rebounds) zählen zum Besten, was die Liga auf den jeweiligen Positionen zu bieten hat.
Wie fast schon gewohnt kann Perovic auch am Samstag nicht auf seine stärkste Formation setzen. Neben Tim Koch, für den die Saison nach einem Bänderriss im Sprunggelenk beendet ist, wird auch Paul Giese für die restlichen beiden Saisonspiele ausfallen. Seine Leistenverletzung ist schwerwiegender als zunächst angenommen. Ihm droht eine mehrwöchige Zwangspause. Ob man die beiden Deutschen im Kirchheimer Trikot wiedersehen wird, ist damit ungewiss, nachdem die heiße Verhandlungsphase, was neue Verträge betrifft, erst noch bevorsteht. Im Falle Kochs, der eine enttäuschende Saison mit zahlreichen Verletzungen hinter sich hat, ginge ein größeres Kapitel in der Kirchheimer Basketballchronik zu Ende. Mit insgesamt zehn Jahren trug keiner bisher länger das Knights-Trikot als der 34-jährige Badener. Gemeinsam mit Besnik Bekteshi ist er zudem der einzige im aktuellen Team, der bei den Rittern unter beiden Trainern gespielt hat, die sich am Samstag in der EWS-Arena gegenüberstehen.
Wenn beide Startformationen auf dem frisch verlegten Parkett im Göppinger Handball-Dom am Samstag Aufstellung zum Tip-off nehmen, ist kein Platz für Sentimentalitäten. Dabei vermisst Frenki Ignjatovic eine liebgewonnene Gewohnheit durchaus: „Der Spaziergang durch die Kirchheimer Fußgängerzone fällt diesmal wohl aus“, bedauert er und meint: „Den werde ich ganz sicher nachholen.“
Ein Weltmeister geht fremd
Michael „Mimi“ Kraus ist in Göppingen das, was man eine Sportlegende nennt. Für den Handball-Weltmeister von 2007 war die EWS-Arena acht Jahre lang sportliche Heimat in der Bundesliga. An diesem Samstag kehrt das 39-jährige Göppinger Eigengewächs in sein früheres Wohnzimmer zurück – als Zuschauer beim Basketball. Dass der Modellathlet, der seine Handballkarriere vor drei Jahren in Bietigheim beendet hat, ein vielseitig interessierter Sportler ist, ist bekannt. Er und Knights-Geschäftsführer Chris Schmidt, der ebenfalls in Göppingen aufgewachsen ist, kennen sich aus Teenagertagen. Auch die Mannschaft rollt per Instagram-Video den Teppich aus. Kapitän Richie Williams lädt persönlich ein: „Mimi, was ist los? Die Uhr tickt.“ bk